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Wunder

Wunder

Titel: Wunder
Autoren: R.J. Palacio
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Mund legte, als ihr Name ausgerufen wurde, und als sie auf die Bühne hinaufging, rief ich: »Wuu-Hu, Summer!«, so laut ich konnte, aber ich glaube nicht, dass sie mich hörte.
    Nachdem der letzte Name ausgerufen worden war, stellten sich alle Schüler, die ausgezeichnet worden waren, nebeneinander auf der Bühne auf, und Mr. Pomann sagte zum Publikum: »Ladies und Gentlemen, es ist mir eine Ehre, Ihnen die herausragenden Schüler dieses Beecher-Prep-Jahrgangs zu präsentieren. Herzlichen Glückwunsch an euch alle.«
    Ich klatschte, während sich die Schüler auf der Bühne verbeugten. Ich freute mich so sehr für Summer.
    »Die letzte Auszeichnung an diesem Vormittag«, sagte Mr. Pomann, nachdem die Schüler zu ihren Plätzen zurückgegangen waren, »ist die Henry-Ward-Beecher-Ehrenmedaille für einen Schüler, der sich während des Schuljahrs in gewissen Bereichen als herausragend oder außergewöhnlich erwiesen hat. Normalerweise ist diese Medaille unsere Art, wohltätige Arbeit oder besondere Verdienste um die Schule anzuerkennen.«
    Ich nahm gleich an, dass Charlotte diese Medaille bekommen würde, weil sie dieses Jahr die Altkleidersammlung organisiert hatte, also schaltete ich innerlich wieder ab. Ich schaute auf meine Uhr: 10:56. So langsam bekam ich Hunger.
    »… Henry Ward Beecher war bekanntlich der Kämpfer gegen die Sklaverei im 19. Jahrhundert – der feurige Prediger für die Menschenrechte –, nach dem diese Schule benannt wurde«, sagte Mr. Pomann gerade, als ich ihm wieder zuhörte.
    »Während ich in der Vorbereitung dieser Veranstaltung noch einmal über sein Leben nachgelesen habe, bin ich auf eine Passage gestoßen, die er geschrieben hat und die besonders gut zu den Gedanken passt, die ich bereits vorhin berührt habe, Gedanken, die mir schon das ganze Jahr über durch den Kopf gegangen sind. Ihm geht es nicht nur darum, was Freundlichkeit ist, sondern darum, was Freundlichkeit bei einem Menschen wirklich ausmacht. Die Kraft der Freundschaft. Die Prüfung des eigenen Charakters. Die Stärke des eigenen Muts …«
    Hier passierte etwas echt Merkwürdiges: Mr. Pomanns Stimme knickte irgendwie ein, als hätte er einen Frosch im Hals. Er räusperte sich dann auch und trank einen großen Schluck Wasser. Jetzt passte ich wirklich auf und wollte hören, was er sagte.
    »Die Stärke des eigenen Muts«, wiederholte er leise, während er lächelnd nickte. Er hielt die rechte Hand hoch und begann, an den Fingern abzuzählen. »Mut, Freundlichkeit, Freundschaft, Charakterstärke. Dies sind die Eigenschaften, die uns als menschliche Wesen kennzeichnen und uns dann und wann zu echter Größe führen. Und genau darum geht es bei der Henry-Ward-Beecher-Medaille: um das Anerkennen echter Größe.
    Aber wie stellen wir das an? Wie bemessen wir eine solche Größe des Charakters? Wieder gibt es keinen Zollstock dafür. Wie sollen wir sie überhaupt definieren? Nun, Beecher selbst hatte eine Antwort darauf.«
    Er setzte wieder seine Lesebrille auf, blätterte durch ein Buch und begann vorzulesen. »Echte Größe, schrieb Beecher, liegt nicht darin, stark zu sein, sondern darin, die eigene Stärke auf die richtige Weise zu benutzen … Wahre Größe zeigt derjenige, dessen Stärke die meisten Herzen bewegt …«
    Und wieder schien ihm ganz plötzlich ein Frosch im Hals zu stecken. Er legte einen Moment lang beide Zeigefinger über seine Lippen, bevor er fortfuhr.
    »Echte Größe«, las er schließlich vor, »zeigt derjenige, dessen Stärke die meisten Herzen bewegt, und zwar durch sein eigenes Herz. Ohne weiter darum herumzureden: Ich bin sehr stolz, die Henry-Ward-Beecher-Medaille in diesem Jahr dem Schüler verleihen zu dürfen, dessen stille Stärke die meisten Herzen bewegt hat.
    Also, würdest du bitte auf die Bühne kommen, August Pullman, und dir deine Auszeichnung abholen?«

Schweben
     
    Die Leute fingen schon an zu applaudieren, bevor seine Worte überhaupt in meinem Kopf angekommen waren. Ich bemerkte, wie Maya, die neben mir saß, einen kleinen Glücksschrei ausstieß, als sie meinen Namen hörte, und wie mir Miles, der auf meiner anderen Seite saß, auf den Rücken klopfte. »Steh auf, na los!«, sagten die Leute um mich herum, und ich spürte jede Menge Hände, die mich aus meinem Sitz drängten, mich zum Ende der Reihe führten, mir auf die Schultern klopften, mir Fünf gaben. »So muss das sein, Auggie!«, »Nicht schlecht, Auggie!« Ich hörte sogar, wie mein Name im Chor gerufen wurde:
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