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Wüstensand, Wolkenkratzer und der ganz normale Wahnsinn - 50 Geschichten aus Dubai (German Edition)

Wüstensand, Wolkenkratzer und der ganz normale Wahnsinn - 50 Geschichten aus Dubai (German Edition)

Titel: Wüstensand, Wolkenkratzer und der ganz normale Wahnsinn - 50 Geschichten aus Dubai (German Edition)
Autoren: Anne Harenberg
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Tochter, an den ich pflichtschuldig das verlangte Passfoto
geheftet habe: „Ihr Kind?“

 
    Ich: „Ja.“

 
    Helferlein: „Die ist blond.“

 
    Ich : „Ja.“

 
    Helferlein: „Sie sind aber nicht
blond.“

 
    Ich: „Stimmt.“

 
    Helferlein: „ Mmh .“

 
    Helferlein wendet sich dem Antragsantrag
für die ältere Tochter zu.

 
    Helferlein: „Die ist nicht blond.“

 
    Ich: „Nein, ich bin ja auch nicht
blond.“

 
    Helferlein: „Sie haben ja alle den
gleichen Nachnamen.“

 
    Ich, betend, dass das Helferlein
nicht entdecken möge, dass die Kinder einen anderen Namen tragen als der Vater:
„Ja, ich bin ja auch ihre Mutter.“

 
    Helferlein: „Wirklich??? Aber die
Kleine ist doch blond.“

 
    Ich war kurz versucht zu antworten:
„Tja, die habe ich geklaut, da kann man sich die Haarfarbe nicht immer
aussuchen.“ Stattdessen hörte ich mich sagen: „Ja, das kann vorkommen.“

 
    Helferlein denkt angestrengt nach.
Man kann es förmlich rattern hören. Plötzlich erleuchtet ein Strahlen sein
Gesicht.

 
    „Dann sind die beiden Geschwister!“

 
    Gerne wäre ich in dem Moment
schreiend aus dem Typing Centre gelaufen. Habe ich natürlich nicht gemacht, ich wollte ja ID-Karten für meine
Kinder - sogar für das Blonde. Bekommen habe ich die übrigens trotzdem nicht.
Auch nicht, nachdem endlich der Chef vom Typing Centre aufgetaucht war. Systemausfall. Ich weiß noch nicht,
wann ich die Kraft haben werde, einen neuen Versuch zu starten.

38. ) Nebel des
Grauens

 
    Ich vermisse Deutschland selten,
und wenn doch, dann meistens zum Herbstanfang. Rote Blätter, Frühnebel und das
erste Mal die Heizung anstellen ist irgendwie nett. Verzweifeln muss ich
allerdings nicht, auch wenn in Dubai die roten Blätter und die Heizung fehlen.
Es gibt Nebel. Und nicht nur so ein bisschen Nebel. Wenn schon, denn schon, wie
auch sonst, macht Dubai beim Nebel keine halben Sachen.

 
    Ich nenne ihn den „Dubai-Nebel“,
auch wenn es ihn in den restlichen Emiraten und anderswo in der Region
natürlich ebenfalls gibt. Mittlerweile habe ich mich an ihn gewöhnt, aber vor
Jahren, als ich das erste Mal am frühen Morgen aus dem Fenster blickte und eine
graue Wand statt Palmen und Sonnenschein sah, dachte ich, mich trifft der
Schlag.

 
    Den Dubai-Nebel gibt es nur morgens
und nach ein bis zwei Stunden ist der Spuk vorbei. Dann strahlt die Sonne
wieder vom Himmel, als wäre nichts gewesen. Selbstverständlich reichen diese
zwei Stunden, um absolutes Chaos auf den Straßen ausbrechen zu lassen. Die
Vorstellung, nur wegen des bisschen Nebels – wir sprechen hier im
schlimmsten Fall von Sichtweiten unter 50 Metern – das Licht am Auto
anzumachen, erscheint einigen Fahrern wohl lächerlich. Und wer sein Auto
wirklich beherrscht, der drückt auch bei Nebel wie gewohnt auf die Tube und
überholt eben auf dem Standstreifen, wenn die anderen alle so grundlos
schleichen.

 
    Aber ich war ja beim Herbst in
Dubai und so lange ich nicht im Auto sitze oder in der Wüste bin, liebe ich
diese nebeligen Morgen. Vor allem, weil ich weiß, dass ich die Sonne ein paar
Stunden später wieder habe. Warum ich bei Nebel nicht gern in der Wüste bin? Das
hat einen triftigen Grund:

 
    Es begab sich während meines ersten
Herbsts in Dubai und ich hatte mir vorgenommen, morgens mit dem Hund in die
Wüste zu fahren. Wenn ich mir was vorgenommen habe, dann ziehe ich es auch
durch. Gesagt, getan. Nach einer Zitterpartie mit dem Auto durch
undurchdringlichen Nebel stand ich in der Wüste und sah… ja, was? Genau:
nichts. Der Hund war irgendwo in der grauen Unendlichkeit verschwunden. Und ich
wagte mich nicht weiter als drei Schritte vorwärts,   aus lauter Angst, mein Auto nicht mehr
wiederzufinden.

 
    So stand ich da und wartete.
Plötzlich begann es fürchterlich zu stinken und ich hatte das Gefühl, dass ich
nicht mehr allein war. Selten habe ich mir mehr gewünscht, dass dieser blöde
Film „The Fog. Nebel des Grauens“ niemals gedreht worden wäre. Nach einer
gefühlten Ewigkeit, der Gestank war mittlerweile unerträglich geworden, hörte
ich meinen Hund irgendwo neben mir bellen - wie verrückt. Sehen konnte ich ihn
allerdings nicht.

 
    Todesmutig (und darauf hoffend,
dass der blöde Köter seinen Futterlieferanten schon verteidigen würde) drehte
ich mich um. Und sah direkt in die großen braunen Augen eines Kamels, das
vollkommen ruhig und ungestört zirka einen Meter von mir entfernt vor
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