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Wüstensand, Wolkenkratzer und der ganz normale Wahnsinn - 50 Geschichten aus Dubai (German Edition)

Wüstensand, Wolkenkratzer und der ganz normale Wahnsinn - 50 Geschichten aus Dubai (German Edition)

Titel: Wüstensand, Wolkenkratzer und der ganz normale Wahnsinn - 50 Geschichten aus Dubai (German Edition)
Autoren: Anne Harenberg
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Musik in den Geschäften
abgestellt, oder sollte sie zumindest). Wer an einem Freitagmittag versucht, in
der Nähe einer Moschee einen Parkplatz zu bekommen, kann sein blaues Wunder
erleben – sämtliche Parkplätze sind belegt, überall stehen Autos kreuz
und quer und es kann auch schon mal eine ganze Straße einfach zugeparkt werden.
Die Polizei schreitet nicht ein. Die Polizisten beten selber. Und sowieso, das
Erreichen des wöchentlichen Hauptgebets am Freitag ist wichtiger als ein
Parkticket.

 
    Meine ältere Tochter nimmt all dies
sehr interessiert wahr. Genauso, wie sie im Urlaub in Deutschland hunderte von
Fragen zu Kirchen und Friedhöfen stellt. Friedhöfe haben es ihr besonders
angetan, was wahrscheinlich daran liegt, dass wir jedes Jahr das Grab der Oma
in Deutschland besuchen. Nach bestem Wissen und Gewissen beantworte ich dann
stets ihre Fragen zu Tod, Gräbern, Grabpflege und allem, was ihr sonst noch einfällt.
Wie Kinder so sind, überfällt sie mich dann plötzlich, Wochen später, aus dem
Hinterhalt mit einer Frage oder Feststellung zum längst abgehandelten Thema.

 
    Eines Tages zum Beispiel, es war
kurz vor den Sommerferien und der Deutschlandurlaub stand bevor, holte ich
meine Tochter von der Schule ab und sie fragte unvermittelt, ob wir dieses Jahr
auch wieder in Deutschland auf den Friedhof gehen würden. Ja, sagte ich
wahrheitsgemäß, das machen wir auf jeden Fall. Stille. Dann plötzlich:

 
    „Mama, ich will nicht, dass meine
kleine Schwester stirbt.“

 
    Halleluja. Endlich. Nach vier
Jahren Streit, Missgunst, Eifersucht, Kneifen, Hauen, Schubsen und blinder Wut
hat das erste Kind eingesehen, dass es doch etwas Schönes ist, Geschwister zu
haben. Eine warme Welle des Glücks lief mir den Rücken herunter.
Selbstverständlich darf man einen so wichtigen, weitreichenden Satz nicht
unbeantwortet lassen. Allein schon, um den Moment noch ein wenig zu verlängern.

 
    „Natürlich nicht, mein Schatz. Das
wollen wir auf keinen Fall, dass deine kleine Schwester stirbt. Da wären wir ja
alle unfassbar traurig.“

 
    „Nee, Mama, doch nicht deswegen. Ich
habe nur überhaupt keine Lust, dass ich deine Grabpflege später mal allein
bezahlen muss.“

35. ) Die
Deutschland-Flagge

 
    Die folgende Geschichte ist nichts
für schwache Nerven oder, um es genauer zu sagen, für Leser, die nicht gerne
über WCs und die Dinge, die dort erledigt werden sprechen oder lesen. Das Lesen
erfolgt auf eigene Gefahr - nicht, dass mir hinterher einer sagt, ich hätte ihn
nicht vorgewarnt.

 
    Meine Kinder sind sehr patriotisch.
Beide haben zwar noch nie länger als 4 Wochen am Stück in Deutschland
verbracht, dennoch fühlen, denken und handeln sie deutsch. Und sie sind stolz
darauf. Das finde ich im Prinzip gut, habe nur manchmal ein wenig Angst, wenn
ich mir den tiefen Fall vorstelle, sollten die beiden mal in Deutschland leben
und erkennen, dass 4 Wochen Ferien- Halli - Galli mit Großeltern und Freunden eben nicht das wahre
Leben sind. Aber zurück zur Geschichte.

 
    Die jüngere Tochter ist
verschwunden. Kein Laut von ihr ist zu hören. Ich weiß, was das bedeutet und
zähle langsam im Kopf rückwärts drei, zwei, eins …und schon brüllt sie aus dem
Gäste-WC:

 
    „Mama, Mama, du musst schnell
kommen. Gaaaaaaaanz schnell!“

    Diese Form des WC-Schreiens ist bei
uns durchaus üblich und heißt für gewöhnlich, dass Madame nach einem größeren
Geschäft gerne den Popo gesäubert haben möchte – was ich durchaus
befürworte, auch, wenn es nervt. Mütter werden wissen warum.

 
    Ich eile also zur Gästetoilette (bevor
die Tochter wieder mit Hose runter und Klopapier in der Hand in die Küche
gelaufen kommt),wo die Kleine bereits freudestrahlend auf mich wartet.

 
    „Mama, Mama, die
Deutschland-Flagge!!!“

 
    Begeistert zeigt sie auf die
Kloschüssel. Als Mutter ist man Kummer gewöhnt und so werfe ich ohne lange
nachzudenken einen Blick in die Schüssel. Dort schwimmen in schönster Eintracht
drei ungefähr gleich große „Überbleibsel“, die in ihrer Anordnung mit viel
Fantasie an die drei Balken der Deutschland-Flagge erinnern. Die Farbwahl ist
allerdings nicht wirklich ähnlich. Schon allein deshalb, weil die
Deutschland-Fahne in der Kloschüssel einfarbig ist.

 
    „ Mmh . Ja. Mmh .“

 
    Mehr fällt mir sogar nach vielen
Jahren als Profi-Mutter nicht zu dem „Werk“ meiner Tochter ein. Ihr schon:

 
    „Mensch, Mama,“ sagt sie mit diesem
Stolz, den
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