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Wüstenfeuer

Wüstenfeuer

Titel: Wüstenfeuer
Autoren: Clive Cussler
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oder?«
    Der Geistliche schüttelte heftig den Kopf. »Nein, dies alles ist eine rein theologische Angelegenheit. Wenn Sie das Dokument gefunden hätten, wäre all das gar nicht nötig gewesen.«
    »Ich habe das Haus dreimal durchsucht. Wenn es dort gewesen wäre, hätte ich es sicher gefunden.«
    »Das haben Sie mir bereits gesagt.«
    »Sind Sie auch sicher, dass es an Bord gebracht wurde?«
    »Wir haben von einem geplanten Treffen zwischen dem General und dem Oberhaupt der russischorthodoxen Kirche in Petersburg erfahren. Was den Zweck dieser Zusammenkunft betrifft, so dürfte es wohl kaum irgendwelche Zweifel geben. Das Dokument muss an Bord sein. Es wird mit ihm zusammen vernichtet, und so wird das Geheimnis ein für alle Mal sterben.«
    Die Reifen des Vauxhall rollten quietschend über nasses Kopfsteinpflaster, als sie die Außenbezirke von Portsmouth erreichten. Der Chauffeur wollte ins Stadtzentrum und passierte auf diesem Weg lange Reihen von hohen Klinkerbauten. An einer Kreuzung zweier Hauptstraßen bog er in die hintere Zufahrt einer im neunzehnten Jahrhundert erbauten Kirche mit dem Namen St. Mary’s ein, während der Regen an Heftigkeit zunahm.
    »Es wäre nett, wenn Sie mich am Bahnhof absetzen könnten«, sagte der Spediteur, als er feststellte, dass die große Limousine über einen kleinen Friedhof neben der Kirche rollte und hinter der Sakristei stoppte.
    »Ich wurde gebeten, den Text für eine Predigt hier abzugeben«, erwiderte der Geistliche. »Es dauert nur einen Augenblick. Wollen Sie nicht kurz mitkommen?«
    Der Spediteur unterdrückte ein Gähnen, während er aus dem regennassen Fenster schaute. »Nein, ich glaube, ich bleibe lieber hier im Trocknen.«
    »Wie Sie wollen. Wir sind gleich wieder da.«
    Der Geistliche und der Chauffeur entfernten sich und gaben dem Spediteur Gelegenheit, sein Blutgeld zu zählen. Als er versuchte, die einzelnen Bank-von-England-Scheine zu addieren, hatte er plötzlich Schwierigkeiten, die Zahlen zu lesen, und stellte fest, dass vor seinen Augen alles verschwamm. Ihn überkam eine plötzliche Müdigkeit, dann steckte er das Geld ein und streckte sich auf dem Rücksitz aus, um sich auszuruhen. Auch wenn es ihm wie mehrere Stunden vorkam, waren doch nur ein paar Minuten verstrichen, als kaltes Wasser in sein Gesicht spritzte und er mühsam die Augen aufschlug. Das ernste Gesicht des Geistlichen schaute inmitten eines Regenschauers auf ihn herab. Sein Gehirn sagte ihm, dass sich sein Körper bewegte, und doch hatte er kein Gefühl in den Beinen. Immerhin schaffte er es, seinen Blick so weit zu schärfen, um zu erkennen, dass der Fahrer seine Beine trug, während der Geistliche ihn an den Armen schleppte. Ein Paniksignal hallte durch seinen Schädel, und er konzentrierte seinen Willen darauf, eine Webley-Bulldog-Pistole aus der Tasche zu holen. Aber seine Gliedmaßen gehorchten nicht. Der Brandy, dachte er in einem Anflug plötzlicher Klarheit. Es war der Brandy.
    Ein Baldachin aus grünem Laub füllte sein Gesichtsfeld, als er durch einen Wald hoch aufragender Eichen getragen wurde. Das Gesicht des Geistlichen schwebte immer noch über ihm, eine düstere Maske tiefster Gleichgültigkeit, lediglich durch zwei eisige Augen erhellt. Dann sackte das Gesicht weg, oder genauer: Er sackte weg. Mehr als er spüren konnte, hörte er, wie sein Körper in einen Graben fiel und in einer Schlammpfütze landete. Flach und starr auf dem Rücken liegend blickte er zu dem Geistlichen hoch, der sich mit einer Miene über ihn beugte, die einen Anflug von Schuld ausdrückte.
    »Vergib uns unsere Sünden im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes«, hörte er die ernste Stimme des Geistlichen sprechen. »Sie sind es, die wir hier zu Grabe tragen.«
    Die Rückseite einer Schaufel erschien, gefolgt von einem Klumpen feuchter Erde, der auf seine Brust prallte und zerplatzte. Eine weitere Schaufel voller Erde regnete auf ihn herab, dann eine dritte.
    Sein Körper war gelähmt, und seine Stimme versagte, doch sein Geist war hellwach und erkannte, was mit ihm geschah. Mit wachsendem Grauen begriff er, dass er lebendig begraben wurde. Er sandte seinen Gliedmaßen Befehle, sich zu bewegen, sich zu wehren, doch sie reagierten nicht. Während sich sein Grab stetig mit Erde füllte, hallten seine Entsetzensschreie nur in seinem Geist wider, bis sein letzter Atemzug qualvoll erstickt wurde.
    Das Periskop glitt in einem weiten Bogen durch die schäumenden dunklen Fluten und war unter
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