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Wüstenfeuer

Wüstenfeuer

Titel: Wüstenfeuer
Autoren: Clive Cussler
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rotgesichtiger Leutnant, der das Beladen des Schiffes überwachte.
    »Ich habe eine Lieferung für die
Hampshire
«, knurrte der Mann im tiefsten Cockney-Slang.
    »Dann zeig mal deine Papiere«, verlangte der Leutnant.
    Der Spediteur griff in die Innentasche seiner Jacke und reichte dem Offizier ein zerknülltes, mit Wasserflecken übersätes Blatt Papier. Der Leutnant überflog es stirnrunzelnd, dann schüttelte er den Kopf.
    »Das ist kein ordnungsgemäßer Frachtbrief«, stellte er fest und musterte den Karrenlenker prüfend.
    »Das ist das, was der General mir gegeben hat. Das und einen Fünfer«, erwiderte der Mann mit einem Augenzwinkern.
    Der Leutnant umrundete den Pferdekarren und betrachtete die Kiste, die etwa so groß war wie ein Sarg.
    Auf dem Deckel war mit schwarzer Farbe eine Adresse aufgepinselt worden.
    PROPERTY OF THE ROYAL NAVY TO THE ATTENTION OF SIR LEIGH HUNT SPECIAL ENVOY TO THE RUSSIAN EMPIRE C/O CONSULATE OF GREAT BRITAIN PETROGRAD, RUSSIA »Hmm«, murmelte der Offizier und sah wieder auf das Formular. »Nun, das ist die Unterschrift des Generals.
    Na gut«, sagte er und gab das Papier zurück. »Du da«, bellte er dann und winkte einem Dockarbeiter in der Nähe. »Hilf mal mit, diese Kiste an Bord zu bringen.
    Danach muss dieser Karren hier aber verschwinden.«
    Stricke wurden um die Kiste geschlungen, danach hievte sie ein Schiffskran in die Luft, schwang sie über die Reling und ließ sie in den vorderen Frachtraum hinab. Der Spediteur verabschiedete sich von dem Leutnant, indem er einen militärischen Gruß imitierte, dann trieb er das Pferd vom Kai und aus dem Marinehafen.
    Nachdem er auf eine unbefestigte Straße abgebogen war, rollte er an einigen Lagerhäusern vorbei, die zum Hafen gehörten, und gelangte auf freies Ackerland. Knapp zwei Kilometer die Straße hinunter lenkte er den Karren in eine holprige Zufahrt und parkte den Pferdewagen neben einer windschiefen Hütte. Ein alter Mann, der auf einem Bein lahmte, kam aus einer nahen Scheune.
    »Haben Sie Ihre Fracht abgeliefert?«, fragte er den Kutscher.
    »Das habe ich. Vielen Dank für Ihren Wagen und Ihr Pferd«, erwiderte der Mann, zog eine Zehn-Pfund-Note aus seiner Brieftasche und reichte sie dem Bauern.
    »Mit Verlaub, Sir, aber das ist viel mehr, als mein Pferd wert ist«, stammelte der Bauer und hielt den Geldschein in den Händen, als wäre er ein Baby.
    »Und es ist ein wirklich gutes Pferd«, entgegnete der Mann und gab Dolly zum Abschied einen freundlichen Klaps auf den Hals. »Guten Tag«, sagte er zu dem Bauern, tippte gegen den Mützenschirm und ging dann die Zufahrt hinunter.
    Er wanderte einige Minuten die Straße entlang, bis er das Motorengeräusch eines Automobils vernahm, das sich ihm näherte. Eine blaue Vauxhall Limousine bog um eine Ecke, bremste und blieb neben ihm stehen. Der Spediteur trat an den Straßenrand, als die hintere Tür der Limousine geöffnet wurde, und stieg ein. Ein würdevoll aussehender Mann im Habit eines anglikanischen Priesters rutschte über die Sitzbank, um dem neuen Fahrgast Platz zu machen. Er musterte den Spediteur mit einem gespannten Ausdruck in seinen mattgrauen Augen, dann griff er nach einer Brandykaraffe, die sich in der Halterung an der Rückenlehne des Vordersitzes befand. Nachdem er eine großzügige Menge in ein Kristallglas geschüttet hatte, reichte er dem Spediteur das Glas, dann gab er dem Chauffeur Anweisungen, die Fahrt fortzusetzen.
    »Ist die Kiste an Bord?«, fragte er ohne Umschweife.
    »Ja, Vater«, antwortete der Spediteur mit einem Unterton spöttischer Ehrerbietung. »Sie haben den gefälschten Frachtbrief akzeptiert und die Kiste in den vorderen Frachtraum geladen.« Von einem Cockney-Akzent war in seinen Worten jetzt nichts mehr zu hören.
    »In zweiundsiebzig Stunden können Sie Ihrem glorreichen General Lebewohl sagen.«
    Die Worte schienen den Vikar zu schmerzen, obgleich sie ihm mitteilten, was er hören wollte. Stumm griff er in seinen Mantel und holte einen Briefumschlag hervor, der mit Banknoten prall gefüllt war.
    »Wie wir vereinbart haben. Die eine Hälfte jetzt, die andere Hälfte nachdem… es passiert ist«, sagte er und gab den Briefumschlag weiter, während seine Stimme versiegte.
    Der Spediteur lächelte, als er den dicken Stapel Banknoten betrachtete. »Ich frage mich, ob die Deutschen so viel bezahlen würden, um ein Schiff zu versenken und einen General zu ermorden«, sagte er. »Sie arbeiten nicht zufällig für den Kaiser,
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