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Wüstenfeuer

Wüstenfeuer

Titel: Wüstenfeuer
Autoren: Clive Cussler
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»Ich bin mir fast sicher, dass es Piraten sind.«
    Der Centurio schenkte den fernen Schiffen einen flüchtigen Blick, dann zuckte er die Achseln.
    »Lästiges Ungeziefer«, meinte er unbesorgt.
    Vitellus wusste es besser. Piraten waren schon seit Jahrhunderten die Erzfeinde der römischen Schifffahrt.
    Obgleich das organisierte Piratenunwesen auf dem Mittelmeer vor einigen hundert Jahren von Pompeius dem Großen schon einmal ausgemerzt worden war, gingen vereinzelt noch immer nicht organisierte Räuberbanden auf dem offenen Meer ihrem Gewerbe nach. Die gewöhnlichen Ziele waren einzelne Handelsschiffe, aber die Piraten wussten, dass die Dieren oftmals wertvolle Fracht an Bord hatten. Als er an die Ladung seines eigenen Schiffes dachte, fragte sich Vitellus, ob die Barbaren, die ihn verfolgten, möglicherweise einen Tipp bekommen hatten, nachdem er aus dem Hafen ausgelaufen war.
    »Plautius, ich brauche dich wohl nicht an die Bedeutung unserer Fracht zu erinnern«, sagte er.
    »Natürlich nicht«, erwiderte der Centurio. »Was meinst du denn, weshalb ich mich auf diesem armseligen Schiff befinde? Schließlich bin ich es doch, der mit der Aufgabe betraut wurde, für ihre Sicherheit zu sorgen, bis sie dem Kaiser von Byzanz übergeben wird.«
    »Dabei zu versagen würde ernste Konsequenzen für uns und unsere Familien nach sich ziehen«, sagte Vitellus und dachte dabei an seine Frau und seinen Sohn in Neapel. Er suchte das Meer vor dem Bug der Galeere ab und sah nur rollende Wellen und schiefergraues Wasser.
    »Von unserer Eskorte ist noch immer nichts zu sehen.«
    Drei Tage zuvor war die Galeere in Judäa mit einer Trireme als Geleitschutz in See gestochen. Aber die Schiffe waren während der vorangegangenen Nacht durch eine heftige Sturmböe voneinander getrennt worden, und seitdem war die Eskorte nicht mehr zu sehen.
    »Fürchte dich nicht vor den Barbaren«, sagte Plautius abfällig. »Wir werden das Meer mit ihrem Blut rot färben.«
    Das übertrieben forsche Auftreten des Centurio trug dazu bei, dass Vitellus auf Anhieb eine gewisse Abneigung gegen ihn entwickelt hatte. An seinen kämpferischen Fähigkeiten war jedoch nicht zu zweifeln, daher war der Kapitän durchaus dankbar, ihn in seiner Nähe zu haben.
    Plautius und seine Legionärstruppe gehörten zu den
Scbolae Palatinae
, einer militärischen Eliteeinheit, deren Aufgabe im persönlichen Schutz des Kaisers bestand. Die meisten waren schlachterprobte Veteranen, die mit Constantin dem Großen an der Grenze und während seines Feldzugs gegen Maxentius gekämpft hatten, einem rivalisierenden Cäsaren, dessen Niederwerfung zur Vereinigung des zersplitterten Imperiums führte.
    Plautius selbst hatte eine hässliche Narbe an seinem linken Oberarm, die ihn an ein heftiges Duell mit einem westgotischen Schwertkämpfer erinnerte, das ihn beinahe seinen Arm gekostet hätte. Er trug diese Narbe als sichtbares Symbol seiner Tapferkeit und Unerschrockenheit, die niemand, der ihn kannte, in Frage zu stellen wagte.
    Während sich die beiden Piratenschiffe näherten, stellte Plautius seine Männer, verstärkt durch Mannschaftsmitglieder der Galeere, auf dem offenen Deck bereit. Jeder war mit den neuesten römischen Waffen ausgerüstet – einem Kurzschwert, dem sogenannten
gladius
, einem runden mehrschichtigen Schild und einer Wurflanze, dem
pilum
. Der Centurio teilte seine Soldaten in kleine Kampfgruppen auf, um beide Seiten des Schiffes verteidigen zu können.
    Vitellus behielt ihre Verfolger, die mittlerweile deutlich zu erkennen waren, ständig im Auge. Es waren kleinere mit Segeln und Rudern ausgerüstete Schiffe von zwanzig Metern Länge – und damit kaum halb so groß wie die römische Galeere. Eins hatte hellblaue Rahsegel und das andere graue, während beide Schiffsrümpfe in Zinngrau gehalten waren, eine alte und wirkungsvolle Tarnmethode, die von kilikischen Piraten bevorzugt wurde. Jedes Schiff trug zwei Segelmasten, die ihnen bei frischem Wind zu einem Geschwindigkeitsvorteil verhalfen. Und der Wind blies zurzeit wirklich recht kräftig und ließ den Römern kaum eine Chance zur Flucht.
    Ein Hoffnungsschimmer zeichnete sich ab, als der vordere Ausguck »Land in Sicht!« meldete. Vitellus blickte zum Bug und entdeckte im Norden die vagen Umrisse einer felsigen Küste. Der Kapitän konnte nur raten, welches Land er da vor sich sah. Die jeweilige Position der Galeere wurde hauptsächlich durch Koppelnavigation bestimmt, war während des Sturms kurz zuvor jedoch
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