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Würde - Roman

Titel: Würde - Roman
Autoren: PeP eBooks
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der Tisch in der Luft wankte. Ein kleines Stück des Furniers war an einem der Beine abgesplittert und hatte das billige Pressholz darunter entblößt.
    Ifasen brüllte. Es war ein Urschrei, der tief aus seiner Kehle kam, ein ohrenbetäubender Laut, der Richards Kopf dröhnen ließ. Die Zeit schien stillzustehen - Ifasen heulend wie ein Todesengel, Abayomi schreiend und er selbst regungslos in der Mitte. So hörte er nicht das Knarzen der Tür oder die schweren Schritte, die sich von hinten näherten. Und er sah auch nicht die Waffe, die hinter seiner Schulter gezückt wurde. Alles, was er spürte, war ein heißer Luftzug und ein schmerzhaft lauter Knall in seinen Ohren. Als es im Zimmer still wurde, vernahm er nichts mehr außer dem Rauschen des Blutes in seinen Adern.
    Die Wohnung begann sich mit dem beißenden Geruch von Schießpulver zu füllen. Die Luft war voller Rauch. Abayomis
Mund stand weit offen, und Richard konnte ihre rote Zunge sehen, ohne jedoch einen Laut zu hören. Er verstand nicht, warum sie schrie und dabei doch keinen Ton von sich gab. Ifasen ließ den Beistelltisch fallen. Er fiel aus seiner Hand, als ob er ihn nie richtig festgehalten hätte, und schlitterte über den Boden. Ifasen taumelte rückwärts. Seine Arme hingen bereits schlaff von seinen schmalen Schultern, und auf seinem Gesicht zeigte sich ein Ausdruck von Verblüffung. Er schien durch Richard hindurchzustarren, bis sein Kopf nach hinten fiel. Dann sackte sein Körper zusammen, und er stürzte. Sein Kopf knallte mit voller Wucht auf den Boden.
    Eine Hand packte Richard an der Schulter und schubste ihn zur Seite. Von ferne, hinter dem Rauschen seines eigenen Blutes, konnte er Abayomis lautes Wehgeschrei hören.
    Ein Mann in einer Lederjacke trat vor, aufrecht und mit gezückter Pistole. Er richtete die Waffe auf die Brust des Niedergestürzten, bis er über ihn gebeugt stand. Dann schob er sie zufrieden in sein Pistolenhalfter, kniete sich neben Ifasen und legte zwei Finger auf dessen Hals. Der Mann wandte sich zu Richard und zwinkerte ihm zu - ein eindeutiges, verschwörerisches Zwinkern.
    »Glück gehabt, dass ich gerade vorbeigekommen bin - was?«, meinte er und zwirbelte seinen Schnurrbart. Richards Ohren schmerzten noch immer von dem Schuss, und die Stimme des Mannes klang gedämpft. »Der kleine Nigel hier hätte Ihnen mit diesem Ding sonst den Kopf abgeschlagen …« Der Mann hielt einen Moment lang inne und fuhr in einem offiziell klingenden Tonfall fort, der so gar nicht zu der Situation zu passen schien. »Ich bin übrigens Inspector Jeneker. South African Police Service.«
    Der Beistelltisch lag zertrümmert auf dem Boden, die Beine abgebrochen und zersplittert. Er wirkte seltsam harmlos und
zerbrechlich, wie ein verletztes Tier auf schlaksigen Beinen. Ein roter Fleck breitete sich auf Ifasens Brust aus.
    Abayomi hielt sich schluchzend am Türrahmen fest. Ihre Knie gaben nach, und sie glitt zu Boden, die Beine vor sich ausgestreckt. Ihr Weinen riss schmerzhaft an Richard, traf ihn wie kurze Messerstiche, die in seiner Haut tiefe Löcher hinterließen. Er wollte, dass sie aufhörte, wusste aber nichts zu sagen, um sie zu beruhigen. Fassungslos starrte er auf Ifasens leblosen Körper.
    Als Erste sprach Abayomi wieder. Ihre Stimme zitterte. »Du warst ein Test«, schluchzte sie. »Er hat mir gesagt, dass du jemand Besonderer seist. Ein spezieller Freund. Ich musste ihm beweisen, dass ich es wert bin, im Studio zu bleiben. Dafür sollte ich mich besonders aufmerksam um dich kümmern. Das war alles. Ich weiß nicht, warum. Ich weiß nicht, warum. Ich weiß nicht, warum.«
    Der letzte Satz wurde zu einem Mantra, das sie durch ihre Tränen hindurch immer wieder heiser flüsterte. Sie streckte die Hand aus, um ihren getöteten Mann zu berühren, doch stattdessen strichen ihre Finger durch die Luft, als ob sie versuchte, seinen Körper zu sich zu locken. Nach einem Moment hielt sie inne und blickte mit blutunterlaufenen Augen zu Richard auf. »Und jetzt schau dir an, was du angerichtet hast.«
    Richard musste dringend aus dieser Wohnung heraus. Er bahnte sich einen Weg zur Tür, wobei er die Hand auf den Mund presste, um sich nicht zu übergeben, und floh - durch die offene Tür, den Korridor entlang und die Treppe hinunter, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, seine Fußgelenke schmerzten bei jedem Schritt. Mit der Schulter stieß er gegen die Wand und rieb noch mehr Farbe ab. Unten schlug ihm der kalte Wind entgegen, als er aus
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