Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Würde - Roman

Titel: Würde - Roman
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
unentschlossen hinter dem Lenkrad saß. Die Straße war unbelebter als damals, als er Abayomi tagsüber hier abgeholt hatte. Manchmal betrat jemand das Gebäude und warf dabei einen neugierigen Blick in seine Richtung. Der Südostwind blies heftig und wirbelte Tüten und Blätter vom Bürgersteig hoch. Richard konnte die Sandkörner hören, die vom Strand einen Block weiter dahergeweht kamen und gegen seine Windschutzscheibe prallten. Schmutz sammelte sich unter dem Gummi seiner Scheibenwischer und ließ den Glanz der Motorhaube stumpf wirken.
    Er schaltete den Motor und die Scheinwerfer aus. Die Dunkelheit, die nun herrschte, überraschte ihn. Er bemerkte, dass die Straßenbeleuchtung ausgeschaltet war. Allein die Neonröhren im Foyer des Wohngebäudes gaben ein unheimliches Licht ab, das auf den Bürgersteig und die Straße fiel. Ein Mann kam aus dem Haus und zog sich eine Kapuze über den Kopf, als ihm der Wind Abfall und Schmutz entgegenblies. Er trat aus dem Lichtkegel und senkte den Kopf, um gegen die Böen anzukämpfen.
    Richard hielt es kaum mehr auf seinem Sitz. Dennoch war er nicht in der Lage, seine Wut auf einen bestimmten Menschen zu richten. Es gab keinen eindeutig Schuldigen, was ihn noch zorniger machte und zugleich erschöpft zurücksinken ließ. Das Gefühl,
ungerecht behandelt worden zu sein, breitete sich quälend in ihm aus. Seine Mitmenschen hatten sich gegen ihn verschworen, aber er besaß nicht die Kraft, sich zur Wehr zu setzen. Das Exotische jener Welt, die er für einen Moment kennengelernt hatte, war belebend und aufregend gewesen. Doch jetzt erfüllte ihn nur noch Misstrauen und ein Gefühl, gejagt zu werden.
    Das Leder des Lenkrads war ölig, und er wischte sich die Hände an den Seiten seiner Hose ab. Er war seit dem Zusammenstoß vor Gericht nicht mehr nach Hause gefahren und roch nach altem Schweiß und abgestandenem Rauch. Die Rippen, die Svritsky mit der Schulter gerammt hatte, schmerzten noch immer, und er sehnte sich nach einem kalten Bier und vielleicht ein paar Bahnen in seinem Pool. Allein der Gedanke an das kühle Wasser ließ ihn am ganzen Körper kribbeln. Er schloss einen Moment die Augen.
    Das Geräusch von Schritten riss ihn aus seiner Lethargie. Ein Mann lief nah am Auto vorbei und überquerte dann die Straße, auf das Haus zu. Als ihn das Licht traf, sah Richard, dass es Ifasen war.
    Als Richard das Foyer erreicht hatte, war Ifasen bereits im Treppenhaus verschwunden. Dem fernen Hall der Schritte nach musste er schon im ersten oder zweiten Stock angekommen sein. Richard wartete, bis die Schritte ganz verhallt waren, und folgte ihm dann.
    Im Treppenhaus stank es nach verkochtem Gemüse und feuchtem Schimmel. Graffiti war auf die abblätternde Farbe und die Risse in der Wand gesprüht worden. Das Geländer war verrostet, und die seitlichen Geländerpfosten waren großenteils herausgebrochen. Der Handlauf, der vermutlich aus Holz bestanden hatte, war inzwischen ebenfalls verschwunden, so dass nur noch die Bolzen wie verlorene Soldaten aus dem übrig gebliebenen Metalllauf herausstanden. Säcke mit Müll begrüßten ihn
in jedem Stockwerk. Einige davon waren aufgerissen und hatten ihren stinkenden Inhalt auf den Boden ergossen. In der dritten Etage war der Gestank so stark, dass sich Richard die Nase mit seinem Hemd zuhielt, um nicht würgen zu müssen.
    Endlich erreichte er den sechsten Stock und ruhte sich einen Moment lang aus, um wieder zu Atem zu kommen. Dann stieß er die Tür zum Treppenhaus auf und trat in den Flur hinaus. Das fluoreszierend kalte Licht war nur spärlich verteilt. Zwischen den nackten, flackernden Röhren gab es immer wieder Stellen völliger Dunkelheit. Viele der Türen hatten keine Nummern. Dennoch entdeckte er problemlos die Wohnung, die er suchte. Die Tür war nur angelehnt, und er konnte im Inneren Stimmen hören, die zu ihm nach draußen drangen.
    »Sie sind hier nicht erwünscht«, erklärte eine Stimme, die er als Ifasens erkannte. Überrascht schob Richard die Tür weiter auf. Erst da bemerkte er, dass Ifasen nicht ihn gemeint hatte, sondern seine Worte an einen gedrungenen schwarzen Mann gerichtet waren. Es war Mandla, den Richard im Club kennengelernt hatte. Mandla richtete gerade seinen Finger auf Ifasen und wollte etwas erwidern, als er bemerkte, dass sich die Tür hinter ihm bewegte.
    Richard trat ein. Sein Auftauchen rief allgemein ein entsetztes Schweigen hervor. Ifasen starrte ihn ungläubig an. Abayomi erschien unter der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher