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Wolke 8...

Wolke 8...

Titel: Wolke 8...
Autoren: Monika Kunze
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Tür ins Schloss.
    Ich nickte ihm zu, stand noch ein Weilchen am Gehweg, sah dem davonfahrenden Taxi nach, bis es vorn um die Ecke gebogen war. Mein Herz wurde schwer, als hätte ich etwas sehr Wertvolles verloren.
    „ Danke, Volker“, murmelte ich beim Weggehen, „ich bin gespannt auf unser Schicksal …“
    Aber das konnte er natürlich nicht mehr hören. Vielleicht hätte er sonst sogar versucht, selbst ein wenig am Rad des Schicksals zu drehen?
    Je näher ich dem Hauseingang kam, umso mehr drängte sich eine Vermutung in den Vordergrund: Vielleicht sind ja elf Jahre Altersunterschied doch gar nicht so schlimm?
    Als ich nach dem Schlüssel in der Tasche kramte, fühlte ich eine Karte, die vorher nicht dort gewesen war. Wann hatte er denn seine Visitenkarte dort hineingetan? Aber das war eigentlich jetzt völlig unwichtig, denn als ich seinen Namen und seine Telefonnummern las, begann mein Herz wieder vor Freude zu hüpfen. Plötzlich wusste ich ganz genau, was zu tun war.
    Noch im Flur begannen meine Finger seine Handynummer zu wählen …
     
     

Wolke Acht
     
    Elisabeth Stenzel führt eine glückliche und harmonische Ehe. Über Jahrzehnte hinweg hält sie ihrem Mann Robert den Rücken frei, kümmert sich um ihn und ihren gemeinsamen Sohn Thomas. Als dieser erwachsen ist, sorgt sie nur noch für das Wohl ihres Gatten. Sie versucht auch allen Anforderungen gerecht zu werde, die ein großes Haus mit Garten so mit sich bringen. Bis zu ihrem Zusammenbruch. Doch gerade diesem verdankt sie später, dass sie ihren Platz auf Wolke Acht finden durfte.

    Ich bin eine glückliche Frau! Jedenfalls gelte ich als solche in unserer Nachbarschaft. Immer wieder kann ich mit Worten der Anerkennung rechnen, wenn ich erzähle, dass mein Mann Robert und ich schon 48 Jahre verheiratet gewesen waren, ehe er im Alter von 75 Jahren an einem Herzinfarkt starb. Ich schenkte ihm einen Sohn, den mein Mann Stammhalter nannte, den er aber ansonsten kaum wahrnahm. Für mich hieß unser kleiner Sonnenschein Tommi, wenn mein Mann gerade nicht daheim war. Und das kam sehr oft vor. Sobald ich aber das Geräusch hörte, was ein Schlüssel beim Herumdrehen im Schloss erzeugt, wurde mein Tommi auch für mich wieder zum Thomas. Schließlich sollte alles seine Richtigkeit haben.
    Überhaupt musste bei uns immer alles seine Ordnung haben. Dazu gehörte, dass der Mann arbeiten ging, während ich für die Kindererziehung sowie die Arbeiten in Haus und Garten zuständig war. Das war mir auch ganz recht so, mein Mann verdiente schließlich genug, um seiner Familie ein sorgloses Leben zu ermöglichen. Er arbeitete bei einer Krankenkasse und kam mittags zum Essen nach Hause. Er liebte die ihm vorgesetzte Hausmannskost über alles. Ich tat ihm den Gefallen und kochte immer genau das, was ihm schmeckte. Und wenn ihm der Sinn dreimal in der Woche nach Wiener Schnitzeln stand, dann wurde eben auch dieser Wunsch erfüllt.
    Damals zog ich manchmal, bevor er heimkam, schnell noch einmal meine Lippen nach, richtete meine Frisur und sprühte einen Hauch von Parfum über meinen Körper. Und tatsächlich: Er verspürte in solchen Mittagspause dann sogar öfters Lust mit mir zu schlafen. Ob ich auch Lust hatte? Danach fragte er nicht, aber lassen wir das Thema. Vorerst.
    Oft war mein Robert auch auf längeren Dienstreisen, wenn er Schulungen in anderen Orten abhalten musste. Diese Zeit nutzte ich, um Dinge zu lesen, die ich sonst wohlweislich nicht auf meinem Nachttisch zu liegen hatte. Oh je, wenn das mein Robert mitbekommen hätte … es handelte sich nämlich um Geschichten über die Liebe, über Partnerschaft und auch über Sex. Jawohl. Wenn ich auch das meiste davon nicht so richtig verstand.
    Jeden Abend rief er mich von seinem Hotel aus an, und ich fand, das sei doch eine nette Geste, die mir zeigen sollte, wie sehr er mich vermisste und möglicherweise sogar liebte. Wenn er das auch nie so sagte. Zugegeben, auch ich hielt mich mit solchen Aussagen zurück.
    "Dieses ganze romantische Getue, das brauchen wir doch nicht mehr in unserem Alter, nicht wahr, Elisabeth?"
    Bei dieser Frage, die die Antwort schon vorwegnahm hat er mich immer irgendwie treuherzig angeschaut - durchaus nicht ohne Wohlwollen, wie mir schien, aber eben auch nicht so, als würde er überhaupt noch bemerken, dass ich eine Frau bin. Ach, zu der Zeit waren wir doch schon längst zu geschlechtslosen Wesen mutiert.
    Das sollte sich, zumindest bei mir, erst an meinem 60. Geburtstag ändern, denn
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