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Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt
Autoren: Felicitas Mayall
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Telefongespräche.
    Natürlich klingelte das verdammte Ding genau in diesem Augenblick. Und es war nicht Laura, wie Guerrini gehofft hatte, sondern Sergente Tommasini.
    «Wir hatten gerade einen Anruf, Commissario. Eine Frau. Sie sagte, dass sie einen Freund tot aufgefunden habe. In einem Landhaus zwischen Asciano und Monteroni. Sie meint, dass er ermordet wurde. Soll ich Sie abholen, Commissario? Tut mir leid, wenn ich Ihren Sonntagabend störe.»
    «Ist es ein Deutscher?»
    «Was?»
    «Ist der Tote ein Deutscher?»
    «Keine Ahnung, Commissario. Weshalb sollte er denn Deutscher sein?»
    «Warum denn nicht? Wem gehören denn die meisten Landhäuser in den Crete, eh?»
    «Ich weiß nicht, Commissario.» Tommasinis Stimme klang befremdet. «Haben Sie was gegen Deutsche?»
    «Im Gegenteil! Also hol mich ab und schick die Spurensicherung los. Den neuen Doktor und den Staatsanwalt, wenn du ihn erwischst, was ich bezweifle.»
    «Bin schon auf dem Weg!»
    Irgendwie war Guerrini plötzlich nicht mehr schlechter Laune. Er befand sich in einer seltsamen Stimmung – schwankend zwischen Dankbarkeit und Schuldgefühlen. Falls es sich tatsächlich um einen Deutschen handeln sollte, schuldete er der Madonna eine Menge Kerzen. Für die Seele des Verstorbenen und aus Dankbarkeit. Jedenfalls würde Laura das sagen.

    Es dauerte ziemlich lange, ehe Tommasini in der Dunkelheit das Anwesen mit dem seltsamen Namen Wasteland gefunden hatte. Zwanzig Minuten lang schimpfte er auf den maroden Staat, der es nicht einmal fertigbrachte, die Einsatzwagen mit GPS-Systemen auszurüsten.
    «Sie müssen wissen, Commissario, dass eine wunderbare Frauenstimme uns sagen würde, wo wir abbiegen müssen und ob es noch einhundert oder zweihundert Meter sind. Und dann wären wir da, wie durch Zauberei.»
    «Jetzt sind wir auch da!»
    «Aber wir wären schon vor einer halben Stunde da gewesen, Commissario!»
    «Mag sein. Aber es ist doch eine ziemliche Leistung, dass wir trotzdem hier sind. Aufgrund unserer Intelligenz, Tommasini. Nicht deshalb, weil ein blöder Computer uns hergeleitet hat.»
    Guerrini konnte in der Dunkelheit den Blick nicht sehen, den der Sergente ihm zuwarf.
    Das große alte Bauernhaus strahlte in die Nacht hinaus. Alle Fenster waren erleuchtet, Zypressen warfen lange scharfe Schatten. Ein Hund bellte. Dicht nebeneinander parkten mindestens sechs Autos unter alten Olivenbäumen, deren wulstig verknotete Äste etwas Verzweifeltes an sich hatten. Ihr Anblick irritierte Guerrini, aber vielleicht lag es ja nur an der Beleuchtung.
    «Wahrscheinlich ist er Engländer!», sagte Tommasini, als er neben dem Commissario auf das Haus zuging. «Von denen gibt es in dieser Gegend auch ein paar. Wasteland klingt englisch, finden Sie nicht?»
    «Sehr englisch», erwiderte Guerrini zerstreut, und er dachte, dass er sein Anwesen – so er denn jemals eines hätte – nicht Wasteland nennen würde. Es erinnerte ihn auf unangenehme Weise an die innere Wüste, die sich über die Jahre in ihm ausgebreitet hatte und auch heute noch hin und wieder ein paar Wanderdünen in sein Leben schickte. Plötzlich wurde er neugierig auf den Besitzer dieses einsamen Hauses, betrat aufmerksam die Eingangshalle, nickte dem jungen Carabiniere zu, der hier Wache hielt und Guerrinis Gruß militärisch erwiderte. Wieso waren Carabinieri hier? Hatte die unbekannte Frau denn alle alarmiert? Die Halle war hoch, rohe Balken zogen sich an der Decke entlang. Es gab einen großen offenen Kamin, darüber hing ein gewaltiges Gemälde, das in Guerrini ein höchst unangenehmes Gefühl auslöste. Die Erinnerung an schlechte Träume, Angst und wieder Wüste. Das Bild zeigte eine menschliche Gestalt, wurmartig verkrümmt auf einer Art Liegestuhl in einem leeren Zimmer, das mit rötlichen Farbstrichen auf die Leinwand geworfen war, die an Blutspritzer erinnerten.
    «Ekelhaft!», murmelte Tommasini neben ihm und verzog angewidert das Gesicht.
    Ja, ekelhaft, dachte auch Guerrini, und gleichzeitig fiel ihm ein, dass dieses Gemälde vom Meister des menschlichen Selbstekels stammen musste: von Francis Bacon. Er trat näher heran, stellte sich auf die Zehenspitzen und berührte behutsam die Leinwand. Sie war echt. Falls dies wirklich ein Original war, dann musste der Bewohner von Wasteland ziemlich vermögend sein und sein Mörder nicht an Kunstwerken interessiert oder zu blöd, ihren Wert zu kennen.
    «Der Tote liegt oben!», sagte der Carabiniere und wies auf die Treppe rechts vom
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