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Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt
Autoren: Felicitas Mayall
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Arbeitszimmer im ersten Stock. Manchmal hört er nicht, weil er so sehr in seine Arbeit vertieft ist …» Elsa Michelangeli machte eine vage Handbewegung. «Er saß zurückgelehnt in seinem Sessel, seine Arme hingen rechts und links herab. Er hatte die Atemmaske vor dem Gesicht …»
    «Welche Atemmaske?»
    «Giorgio benutzte Lachgas, um seine Schmerzen zu bekämpfen. Er litt seit Jahren an chronischen Schmerzen.» Ihr Blick wanderte zum Fenster, und Guerrini hatte das Gefühl, dass sie ihn gerade angelogen hatte. Jetzt sah sie ihn wieder an, ihre Züge waren ein wenig verzerrt, als bemühe sie sich verzweifelt um Selbstbeherrschung.
    «Wo bleibt Ihr Stichwort, Commissario?»
    «Woraus schließen Sie, dass Signor Altlander ermordet wurde?»
    «Ich weiß es einfach.»
    «Commissario!»
    «Was ist denn schon wieder, Tommasini?»
    «Der Doktor will mit Ihnen sprechen, und der Staatsanwalt kommt in fünf Minuten. Sie sollten sich den Toten ansehen, ehe der Staatsanwalt eintrifft.»
    Elsa Michelangeli presste die Lippen zusammen und nickte.
    «Ende des ersten Aktes», sagte sie.
    Guerrini wusste nicht, was er antworten sollte.

    In ihren weißen Schutzanzügen erschienen die Kollegen von der Spurensicherung Guerrini jedes Mal wie ein Entseuchungstrupp. In jeder Ecke des schönen Raums wuselten sie herum, zwei waren damit beschäftigt, jeden Gegenstand auf dem riesigen Schreibtisch nach Fingerabdrücken zu untersuchen. Einer kniete neben zwei Gasflaschen, ein anderer leerte gerade den Inhalt des Papierkorbs in einen Plastiksack.
    Guerrini kniff die Augen ein wenig zusammen und ließ die Atmosphäre dieses Arbeitszimmers auf sich wirken. Es hatte die Farben der Erde, dunkelbraun, sienarot, ocker. Bücherregale bis zur Decke, eine dunkelrote Ledercouch, großflächige Landschaftsgemälde, sonst nur der Schreibtisch. Mehr gab es nicht in diesem Raum, der vermutlich größer war als Guerrinis Wohnung in Siena. Wieder griff die Leere nach Guerrini. Er war ziemlich sicher, dass auch Giorgio Altlander eine innere Wüste mit sich herumgetragen hatte.
    Jetzt erst nahm Guerrini den Assistenten von Professore Granelli wahr, der den alten Gerichtsmediziner immer häufiger vertreten musste, seit diesem das Rheuma heftig zusetzte. Der junge Dottor Salvia hatte zum Glück bereits eine Menge von dem alten Herrn gelernt.
    «Er liegt nicht mehr ganz so da, wie wir ihn gefunden haben, Commissario», sagte Salvia. «Ich habe ihm die Atemmaske vom Gesicht nehmen müssen, um eine genauere Analyse durchführen zu können.»
    Langsam ging Guerrini um den Ledersessel mit der hohen Rückenlehne herum, betrachtete den Toten erst von der Seite, dann von vorn. Giorgio Altlander saß ganz entspannt da, sein Kopf war nach hinten gefallen, der Mund stand ein wenig offen, wie es auch im Schlaf geschieht. Seine Arme und Hände hingen locker herab. Er war ein schlanker großer Mann mit scharfen asketischen Gesichtszügen. Sein Haar war dunkel und dicht. Guerrini nahm an, dass er es gefärbt hatte. Er trug ein enganliegendes schwarzes Seidenhemd mit einer dezenten Rüschenborte und dunkelblaue Jeans.
    Guerrini war der Tote nicht auf Anhieb sympathisch, und ihm fiel auf, dass Altlander die Stirn runzelte, als missbillige er, was ihm zugestoßen war.
    «Also, was gibt’s?» Fragend schaute der Commissario zu Dottor Salvia hinüber.
    «Schwieriger Fall. Kann sein, dass er einfach zu viel Lachgas inhaliert hat … dann wäre es ein Unfall oder vielleicht Selbstmord. Kann aber auch sein, dass jemand ihn dazu gezwungen hat, das Gas einzuatmen.»
    «Müsste es dann nicht Spuren eines Kampfes geben?»
    «Eigentlich schon. Es könnte sein, dass der Tote eine Druckstelle am Hals aufweist. Aber um wirklich etwas sagen zu können, müssen wir die Autopsie abwarten. Ich hoffe, dass der Professore sie mit mir machen wird.»
    «Wie lange ist er schon tot?»
    «Mindestens zwölf Stunden. Aber ganz genau kann ich auch das erst später sagen.»
    Guerrini ging langsam im Zimmer umher. Absolut nichts deutete auf einen Kampf hin – der Raum war in perfekter Ordnung. Die glasierten dunkelbraunen Bodenfliesen glänzten, die wenigen Teppiche lagen glatt da, nur rund um die Spezialisten der Spurensicherung breitete sich allmählich ein Chaos aus, das nicht hierherpasste.
    «Der Schreibtisch sieht so leer aus!», sagte Guerrini zu einem vom Entseuchungstrupp.
    «Ja, irgendwie schon.»
    «Lagen da keine Notizen? Irgendwas, an dem er gearbeitet hat?»
    «Nein,
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