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Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt
Autoren: Felicitas Mayall
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nicht!»
    «Aber mir macht es etwas aus, Commissario!» Tommasinis Stimme klang leise, aber entschieden. «Ich werde Sie auf gar keinen Fall in dieser Einöde allein lassen. Wir wissen nicht, was sich hier abgespielt hat. Vielleicht ist der Mörder noch in der Nähe.»
    «Und ich bin natürlich nicht in der Lage, mich zu verteidigen. Das meinst du doch, oder?»
    «Sind Sie nicht, Commissario. Oder haben Sie vielleicht eine Waffe dabei?»
    Guerrini kapitulierte und breitete die Arme aus, während der Arzt lachend in seinen Wagen stieg.

    Wie lange braucht man von Florenz nach Asciano, wenn man unter Schock steht?
    Vorausgesetzt, man steht unter Schock. Inzwischen war es halb drei. Ungeduldig wanderte Guerrini zweimal um den gigantischen Küchenherd herum und fragte sich, ob er jemals mit Holz beheizt wurde oder ob er nur als Ausstellungsstück diente. Schließlich schaltete er entschlossen die elegante Kaffeemaschine ein und bereitete zwei doppelte espressi . In den vergangenen neunzig Minuten hatte er die Bücherregale in der Eingangshalle studiert, den Inhalt des Kühlschranks überprüft – am nächsten Tag sollte es offenbar ein frisches Kaninchen geben. Es lag bereits in einer Beize mit vielen Kräutern, und Guerrini lief bei seinem Anblick das Wasser im Mund zusammen. Danach hatte er sich ein Glas besonders edlen Grappa eingeschenkt – weil Tommasini im Wagen döste und Guerrini der Meinung war, dass er selbst eine kleine Belohnung für diese durchwachte Nacht verdiente.
    Während er Zucker in die beiden espressi rührte, dachte er über die Bücher in der Halle nach. Eine Menge davon war offenbar deutsche Literatur, aber es gab fast ebenso viele englische Bücher und auch einige italienische. Die Namen Byron, Shelley, Keats waren ihm aufgefallen … romantische englische Dichter, wenn er sich recht erinnerte. Sie schienen nicht zu Giorgio Altlander zu passen, diesem einsamen Mann auf einem einsamen Hügel. Aber vielleicht irrte er, Guerrini, vielleicht war Altlander nicht so einsam, wie es schien. Das eingelegte Kaninchen jedenfalls deutete zumindest auf eine gewisse Freude am Essen hin.
    Vorsichtig trug Guerrini eine der beiden Espressotassen zu Tommasini hinaus. Durch das offene Seitenfenster hörte er den Sergente leise schnarchen. Als er sich umwandte, um zum Haus zurückzugehen, sah er in der Ferne die Scheinwerfer eines Autos. Das Licht näherte sich erst schnell, wurde dann plötzlich ganz langsam, verschwand hin und wieder, wenn der Feldweg in eine der Senken tauchte.
    Guerrini setzte sich hinter einen großen Oleanderbusch auf die Stufen vor dem Haus. Nur in der Halle und in der Küche brannte noch Licht, die Treppe lag im Dunkeln. Vorsichtig schlürfte er den starken heißen caffè . Der Wagen war inzwischen nicht mehr als ein paar hundert Meter entfernt, plötzlich hielt er an, die Scheinwerfer erloschen, der Motor verstummte.
    Was macht der nur, dachte Guerrini und stellte die Tasse weg. Ein, zwei Minuten blieb es ganz still, dann heulte der Motor auf, der Wagen wendete und raste davon.
    Guerrini tastete nach seinem Espresso und trank wieder einen Schluck. Interessant, dachte er. Entweder ist der Liebhaber durchgeknallt, oder es war jemand, der mal nachsehen wollte und das Risiko zu groß fand. Es hatte keinen Sinn, Tommasini zu wecken und die Verfolgung aufzunehmen. Der Vorsprung des Unbekannten war viel zu groß, und er fuhr ein Auto mit starkem Motor, das hatte Guerrini hören können.
    Es war wieder dunkel und still. Fledermäuse huschten vor den beleuchteten Fenstern hin und her, weil sich dort die nächtlichen Insekten sammelten. Die Luft wurde kühl und feucht. Es roch nach Erde und ganz leicht nach Lavendel. Der Hund, der offensichtlich irgendwo hinter dem Haus angebunden war, bellte hin und wieder klagend, als wüsste er, dass etwas nicht in Ordnung war.
    Guerrini fröstelte ein wenig und wollte gerade ins Haus gehen, als wieder Lichter hinter den Hügeln zu geistern begannen. Diesmal näherten sie sich schnell, und kurz darauf hielt ein dunkler BMW direkt vor der Treppe an. Ein Mann stieg langsam aus, schaute sich um, schwankte, nahm offenbar das fremde Fahrzeug unter den Olivenbäumen wahr und begann die Stufen zu Guerrini heraufzusteigen.
    «Enzo Leone, nehme ich an», sagte Guerrini leise, als der Mann nur noch drei Stufen von ihm entfernt war. Der Angesprochene erschrak so sehr, dass er beinahe gestürzt wäre. Guerrini griff nach seinem Arm, roch Alkohol und ein starkes
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