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Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt
Autoren: Felicitas Mayall
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noch auffangen konnte.
    «Pronto!»
    «Commissario?»
    «Ja, natürlich!»
    «Er heißt Paolo Montelli und …»
    «Sag das nochmal!»
    «Er heißt Paolo Montelli.»
    «Wann und wo wurde er geboren, wo ging er zur Schule?»
    «Augenblick, Commissario. Ich werde mich darum kümmern. Bisher habe ich nur herausgefunden, dass er eine Textilfabrik in Prato besitzt und das Anwesen in Borgo Ecclesia vor zwei Jahren gekauft hat.»
    «Sonst spuckt der Computer nichts aus?»
    «Nein, Commissario.»
    «Na gut, ich warte.»
    Guerrini wischte mit einem Handtuch den Schaum vom Telefon und legte es auf den Rand des Waschbeckens. Während der warme Regen seiner Dusche erneut auf ihn herabprasselte, versuchte er, die Renaissancevilla, die Chinesen und den Namen Paolo Montelli in Verbindung zu bringen. Es musste sich um einen anderen Paolo Montelli handeln als denjenigen, der mit ihm zur Schule gegangen war. Vermutlich existierten Hunderte Paolo Montellis in Italien. Sein Paolo Montelli war ein kleiner Revolutionär gewesen, immer vorneweg, wenn jemand die rote Fahne schwenkte, und voll Verachtung für alle Ausbeuter und Kapitalisten. Gemeinsam hatten sie geschworen, dieses Land zu verändern, eine gerechte Gesellschaft zu schaffen. Avanti popolo!
    Eigentlich hatte Guerrini in den letzten Jahren die Fernsehberichte über Demonstrationen gegen die Globalisierung vor allem deshalb genau angesehen, weil er sicher war, dass Paolo Montelli irgendwann in der ersten Reihe auftauchen würde. Dabei hatte er keine Ahnung, wie sein ehemaliger Schulkamerad heute aussah. Er war ihm abhandengekommen, wie es manchmal mit Menschen passiert.
    Sorgfältig hüllte Guerrini sich in ein großes Handtuch, ging zum Kühlschrank und füllte sein Weinglas ein zweites Mal. Nein, der Textilunternehmer aus Prato konnte nicht sein Schulkamerad Montelli sein, obwohl … er hatte in den letzten Jahren verdammt viele Leute die Fronten wechseln sehen. Auch er selbst arbeitete für diesen Staat – sorgte für Ordnung. Für welche? Den Saustall der großen Verbrecher durfte man bestenfalls an der Oberfläche ein wenig glätten. Guerrinis Ärger kehrte zurück, machte seinen Magen sauer. Er musste unbedingt etwas essen.
    Im Kühlschrank fand er noch eine Schüssel mit insalata di mare , die sein Vater zubereitet hatte, außerdem weiße Bohnen in Olivenöl und Knoblauch und ein Stück Pecorino. Er trug alles auf die Dachterrasse hinaus. Das Brot war nicht mehr frisch, ging aber gerade noch.
    Nur mit T-Shirt und Unterhose bekleidet, setzte er sich endlich und begann zu essen. Eigentlich liebte er diese Abende über der Stadt, das unwirkliche Nachtblau des Himmels, die angestrahlten Gebäude und das ununterbrochene Hörspiel: Irgendwo lachte eine Frau, ein Kind weinte und wurde getröstet, verschlafene Tauben gurrten, jetzt gab es links einen kurzen Streit, rechts wurde ein Radio laut aufgedreht, und jemand protestierte dagegen, eine Vespa knatterte tief unten durch die Gasse, blechernes Hupen hallte zwischen den Häusern wider. Über all diesen Geräuschen lag das Stimmengesumm, das von der Piazza di Campo herüberkam und an einen fernen Bienenschwarm erinnerte.
    Es stimmte alles an diesem Abend, sogar das Resteessen war nicht übel. Trotzdem fühlte Guerrini sich unzufrieden und ärgerlich. Sein Ärger schloss sogar Laura Gottberg ein, einfach weil sie nicht da war. Wenn sie da gewesen wäre, hätte er nicht wie ein Idiot auf einem Rennrad durch die toskanischen Hügel keuchen müssen. Schon deshalb, weil sie nicht gern mit dem Rad fuhr. Sie ging lieber zu Fuß. Radfahren sei zu schnell, behauptete sie, man könne nichts sehen, keine Einzelheiten wahrnehmen. Die Sache mit den Chinesen bewies, dass sie recht hatte. Er war so schnell an ihnen vorübergerast, dass er sie für Einbildung gehalten hatte. Guerrini konnte Laura genau vor sich sehen, wenn er ihr diese Geschichte erzählte. Sie würde den Kopf in den Nacken legen und laut lachen.
    Ungeduldig tunkte er ein Stück Weißbrot in das Olivenöl, das am Grund der Schüssel zurückgeblieben war. Was er brauchte, um Laura nach Siena zu holen, war ein länderübergreifender Fall. Es müsste eines der prominenteren Mitglieder der deutschen Toskana-Fraktion treffen, möglichst aus München. Und der Fall müsste kompliziert sein, dann könnte Laura eine Weile in Siena bleiben, um Ermittlungshilfe zu leisten.
    «Den Mord müsstest du schon selbst begehen!», sagte er laut. Selbstgespräche hatte er auch satt. Und
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