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Wolfsliebe - Tochter der Wildnis

Wolfsliebe - Tochter der Wildnis

Titel: Wolfsliebe - Tochter der Wildnis
Autoren: Jasmine Braun
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das Gewehr. Seine Augen jedochwaren nach wie vor hasserfüllt auf Koon gerichtet, der sich winselnd an Tikias Seite drückte.
    »Habt ihr denn alle den Verstand verloren?«, schrie die alte Frau gebieterisch, und alle verstummten und blickten zu Boden. »Kerû und seine Familie wurden von Wölfen gerissen. Gut!« Sie schniefte kurz. »Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass dieser Wolf …«, sie zeigte auf Koon, »eine dieser Bestien war! Außerdem, glaubt ihr wirklich, dass Kerûs Tochter mit einer dieser Bestien an ihrer Seite fortziehen würde? Dieses Mädchen hat die Hölle durchgemacht! Wir haben bloß gute Freunde verloren, sie jedoch ihre ganze Familie! Der Einzige, der ihr noch geblieben zu sein scheint, ist dieser Wolf! Und den wollt ihr jetzt allen Ernstes ihr auch noch nehmen?« Fassungslos senkte die alte Frau den Kopf. »So ein Benehmen hätte Kerû sicher nicht gutgeheißen!«, sprach sie traurig. »Wisst ihr denn nicht mehr, was er damals sagte? Nachdem die Wölfe seinen besten Freund zerfleischt hatten und er uns verlassen musste, weil sein Schmerz über diesen Verlust und die Gefahr, die unserer Stadt zu dieser Zeit durch Wölfe drohte, zu groß waren.«
    Schweigend wartete die alte Frau auf eine Antwort, doch als niemand das Wort ergriff, fuhr sie mit strenger Stimme fort: »Er sagte, dass wir nicht aufgeben sollten! Dass wir nicht der blinden Wut verfallen sollten, die wir gegen diese Tiere verspürten. Er bat uns, diese Tiere nicht für ihre Taten zu hassen, denn Tenzô, sein bester Freund, hätte dies nicht gewollt!«
    »Ja, das hat er gesagt, aber …«, murrte ein alter Mann.
    »Kerû ist jetzt tot, ja! Aber glaubt ihr wirklich, er hätte gewollt, dass wir nach seinem Tod einen unschuldigen Wolf töten? Zudem noch den einzigen Gefährten seiner verwaisten Tochter? Tenzô hatte auch einen Wolf an seiner Seite! DieserWolf hat ihn bis zum Ende gegen die blutrünstigen Bestien verteidigt! Es ist nur diesem Wolf zu verdanken, dass Kerû noch rechtzeitig auftauchen konnte, um Tenzôs Frau zu retten und den Wölfen Einhalt zu gebieten, denn wäre dieser Wolf damals nicht an Tenzôs Seite gewesen, hätten die Wölfe ihn und seine Frau längst gerissen, noch bevor Kerû hätte einschreiten können!«
    Der alte Mann schwieg betroffen.
    »Wenn ihr mich fragt, ist Tenzôs Wolf ein ebenso tapferer Held gewesen wie Kerû, denn er hat sich, wie er, todesmutig gegen diese Bestien gestellt und seinen Gefährten und dessen Familie beschützt. Ich nehme an, die Kleine hätte es noch nicht einmal bis hierhergeschafft, hätte sie diesen Wolf nicht an ihrer Seite gehabt!«
    Die alte Frau drehte sich zu Tikia um. »Habe ich recht?«
    Tikia nickte bestimmt und sah die alte Frau dankbar an.
    »Ohne diesen Wolf wäre also auch sie, die Letzte der Mayan, gestorben, und sie hätte uns noch nicht einmal von Kerûs Tod berichten können, wir würden noch in zehn Jahren auf seine Rückkehr warten. Lasst sie in Ruhe!«
    Nach und nach gingen alle weg, und Tikia atmete erleichtert auf.
    »Danke«, hauchte sie der alten Frau zu und verbeugte sich leicht.
    Augenblicklich hatte letztere sie bei den Schultern gepackt und zog Tikia wieder hoch. »Eine Mayan braucht sich doch nicht vor mir zu verbeugen!«, sprach sie verlegen und lächelte Tikia liebevoll an.
    »Ich heiße Lelû!«, sagte sie Tikia lächelnd. »Ich will dir etwas zeigen.«

KAPITEL 35
Lelûs Geschichte
    Die alte Frau nahm Tikia sacht bei der Hand und führte sie durch das Viertel. Widerstandslos ließ Tikia sie gewähren und beobachtete aufmerksam die Reaktionen, die die vereinzelten Menschen, denen sie begegneten, ihr entgegenbrachten. Alle sahen sie jetzt ehrfürchtig an und verbeugten sich vor ihr, wie sie es damals vor Shila taten.
    Verwirrt erwiderte Tikia die Grüße und schaute ihre Führerin fragend an.
    »Wir sind gleich da, Schatz!«, sagte die alte Frau bestimmt und ging unbeirrt weiter.
    Sie verließen die Stadt. Nach einiger Zeit erreichten sie eine kleine Lichtung, und Tikia erkannte mit Schrecken einen riesigen Platz, der mit Grabsteinen überfüllt war.
    »Wo sind wir hier?«, hauchte sie ängstlich und klammerte sich instinktiv an die alte Frau. Koon winselte leise, legte die Ohren an den Kopf und schlich um Tikias Beine. Auch ihm bereitete dieser Ort großes Unbehagen.
    »Keine Angst! Die tun dir nichts mehr! Die sind alle schon seit Jahren tot!«, sagte Lelû gelassen und führte Tikia durch das große eiserne Tor. Koon folgte den beiden Frauen
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