Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsliebe - Tochter der Wildnis

Wolfsliebe - Tochter der Wildnis

Titel: Wolfsliebe - Tochter der Wildnis
Autoren: Jasmine Braun
Vom Netzwerk:
und zudem ihr bester und einziger Freund, bei dem sie sich absolut sicher war, dass er sie nie verlassen würde.
    Gemächlich machte sie sich auf, um brennbare Zweige und Holz aufzutreiben. Sie wollte das Wild, mit dem Koon zurückkommen würde, über dem Feuer rösten.
    Als Tikia die Feuerstelle vorbereitet hatte, kam Koon auch schon mit seiner Beute. Diesmal hatte er ein junges Hirschkalb gerissen. Stolz, mit aufgerecktem Schwanz, ging er zu Tikia rüber und legte ihr seine Beute zu Füßen.
    Tikia schnitt sie ohne Zögern bäuchlings auf, entfernte die Innereien, die Koon nur zu gerne verschlang, zog dem Kalb die Haut ab und schnitt das Fleisch in handtellergroße Teile, die sie, auf einen spitzen Stock aufgespießt, über dem Feuer briet.
    Müde starrte sie in die Glut und dachte über die Worte ihres Großvaters nach. Damals, als sie noch mit ihren Großeltern zusammenlebte, wollte sie stets alles über das Stadtleben erfahren und versuchte immer wieder ihren Großvater zu überreden, mit ihr dorthin zu gehen.
    Als der Großvater ihr in seinen letzten Atemzügen sagte, dass sie in die Stadt sollte, um dort ein neues und sicheres Leben zu beginnen, hatte sie nicht eine Sekunde lang daran gezweifelt, dass das Stadtleben sie weitaus glücklicher machen würde als ihr bisheriges Leben in den Bergen. Nachdenklich aß sie auf, erhob sich und ging zu dem großen Hügel, der sich genau neben dem Pfad befand, dem sie morgen folgen würde, um nach all den Bemühungen endlich in der Stadt, von der man ihr so viel erzählt hatte, anzukommen.
    Mit sicherem Schritt erklomm sie den Hügel, marschierte, oben angekommen, zum anderen Abhang hinunter und blickte in Richtung der Stadt.
    Von ihrem Großvater wusste sie nämlich, dass die Stadt bei Nacht in ein herrliches Licht getaucht wurde. »Als ob der Sternenhimmel genau über der Stadt gestanden hätte …«, hatte der Großvater damals mit einem Leuchten in den Augen gesagt. Trotz der Faszination, die diese Stadt bei ihm ausgelöst haben musste, war der Großvater niemals auf die Idee gekommen, dorthin zurückzukehren. Tikia hatte nie nach dem Grund gefragt, doch sie war sich von klein auf sicher gewesen, dass diese Stadt auch etwas Erschreckendes haben musste, etwas, vor dem der Großvater Angst bekommen hatte, weshalb er auch nie zurückgekehrt war.
    Tikia stand nun nach all der Zeit, die sie sich diesen Augenblick herbeigewünscht hatte, hoch oben auf dem Hügel und blickte auf das grelle Licht, das sie in der Ferne ausgemacht hatte. Als sie das Meer aus tausend Lichtern sah, hielt sie den Atem an, und ihre Faszination war nicht minder groß als ihreAngst vor diesen Menschen, die so etwas Atemberaubendes schaffen konnten. Langsam sank sie auf die Knie und starrte auf den hell beleuchteten Fleck am nächtlichen Horizont. Koon winselte an ihrer Seite, offensichtlich fühlte er dasselbe wie sie. Ein unbeschreibliches Gefühl aus Furcht und Begeisterung zugleich.
    »War es dieses unglaubliche Licht, das dir damals Angst machte, oder waren es die Menschen, die dieses Licht schufen?«, fragte sie ihren Großvater heiser und wünschte sich sehnlichst eine Antwort von ihm.
    Bis tief in die Nacht schaute Tikia auf das Licht und dachte mit einem immer beklemmenderen Gefühl über das Leben nach, das ihr nun bevorstand.
    Koon schlief längst an ihrer Seite, und auch die Sonne machte sich langsam auf, den neuen Tag zu begrüßen, als Tikia endlich vor Erschöpfung in einen unruhigen Schlaf glitt.
    Es war bereits später Vormittag, als Koon Tikia mit seiner feuchten Schnauze anstupste und so zum Aufwachen aufforderte. Schläfrig richtete Tikia sich auf und streckte ausgiebig ihre noch steifen Glieder. Dann lächelte sie Koon blinzelnd zu und hauchte ihm ein »Morgen« entgegen.
    Koon war bereits putzmunter, und wie Tikia erfreut feststellte, war er sogar schon erfolgreich auf der Jagd gewesen. Aufgeregt sprang er immer wieder an ihr hoch und zwang sie regelrecht dazu, aufzustehen und sich um ihr Mittagessen zu kümmern.
    »Kannst es wohl nicht erwarten, dass wir aufbrechen, was, Koon?«, murmelte Tikia und bereitete das Essen zu.
    Als sie aufgegessen hatten, und alles für die Weiterreise bereitstand, ging Tikia noch einmal zu dem Hügel hin, erklomm ihn ein zweites Mal, dicht gefolgt von Koon, und sah hinunter in das weite Tal, das sich vor ihr in seiner ganzen Schönheit ausbreitete. Tikia ließ den Wind durch ihre langen Haare gleiten, breitete die Arme aus, schloss die Augen und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher