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Wolfsliebe - Tochter der Wildnis

Wolfsliebe - Tochter der Wildnis

Titel: Wolfsliebe - Tochter der Wildnis
Autoren: Jasmine Braun
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von ihrem Gefährten gekommen war.
    Vorsichtig schaute sie erneut auf Koon, und mit durch Tränen verschleiertem Blick sah sie, dass es keinen Unterschied gab zwischen ihm und seinen Artgenossen, die damals ihre Familie blutrünstig gerissen hatten.
    »Du bist genauso blutrünstig und böse wie sie!!! Ich hasse dich!!!«, schrie sie ihn verzweifelt an.
    Koon ließ von dem zerfleischten Bären ab und sah seine Gefährtin, die er erfolgreich gerettet hatte, voller Stolz an. Die jedoch schien überhaupt nicht glücklich über das, was er getan hatte.
    Winselnd schlich er zu ihr, denn obwohl er nicht wusste, was er falsch gemacht hatte, war ihm der bittere Vorwurf in ihrer Stimme nicht entgangen.
    Tikia sah ihn verachtend an, stieß ihn abrupt weg und lief dann hemmungslos schluchzend davon.
    Koon ließ sich, von Tikias Gefühlsausbruch überrascht, ratlos auf sein Hinterteil fallen und starrte seiner Freundin verwirrt nach, bis sie nur noch ein kleiner Punkt in der weißen Landschaft war.
    Er erhob sich nach einiger Zeit wieder und schleppte sich mühsam zu dem mächtigen Leichnam des Bären. Die Wunden, die der Bär ihm zugefügt hatte, machten sich, nun da sein Verstand wieder klar war, deutlich bemerkbar, und winselnd leckte er sie, bevor er seinen Hunger am reichlichen Fleisch des Bären stillte und sich gesättigt auf den Rückweg machte. In seinem Maul trug er ein großes dickes Stück vom Bären, mit dem er Tikias Gunst wiedergewinnen wollte.
    Währenddessen versuchte Tikia fieberhaft, die Gedanken an das Geschehene zu verdrängen, doch sie konnte den Anblick ihres Freundes, der blutrünstig immer wieder auf den längst toten Bären losgegangen war, einfach nicht vergessen. Unablässig versuchte sie sich einzureden, dass er dies nur getan hatte, um sie zu beschützen, doch die Tatsache, dass er selbst nach dem Tod des Bären auf ihn losgegangen war, widerlegte ihre Theorie.
    Wie ferngesteuert hatte sie ein Feuer entfacht und ein Nachtlager aufgebaut. Obwohl es noch recht früh am Abend war, kuschelte sie sich auf das ärmliche Lager und versuchte vergeblich, in der wohligen Wärme des vor ihr prasselnden Feuers einzuschlafen. Doch zu viele schmerzende Gedanken spukten in ihrem Kopf herum. Ihr Großvater pflegte in einer solchen Situation immer zu sagen: »Die seelischen Schmerzen, die einen während des Tages plagen, sollte man am besten mit den heilenden Träumen der Nacht auskurieren.«
    Kaum hatte sie sich zur Seite gelegt, einen weiteren Versuch zu schlafen angetreten und ihre vom vielen Weinen brennenden Lider geschlossen, da spürte sie Koons feuchte Schnauze, die sie vorsichtig anstupste.
    Barsch drehte sie sich um und blickte den Wolf zornig an. »Was willst du hier? Du hast hier nichts mehr verloren!! Geh doch zu deinen blutrünstigen Artgenossen zurück!!! Hau ab!!!«, schrie sie ihn an und stieß ihn wütend weg. Sie drehte sich um und sank erschöpft in den Schlaf.
    Koon, der die Abneigung seiner Gefährtin sowie das Leid, das er ihr scheinbar zugefügt hatte, spürte, duckte sich traurig und machte sich auf die Suche nach einer anderen Lagerstatt.
    Als die Nacht kurz darauf hereinbrach und eisige Kälte mit sich brachte, erreichte Koon eine kleine Höhle. Erleichtert über den warmen Unterschlupf trabte er hinein, doch seine Freude wurde alsbald von lautem, bedrohlichem Knurren gebannt.

KAPITEL 6
Ketten der Angst
    Wie an den Tagen zuvor wurde Tikia sehr früh von der Sonne aus dem Schlaf gerissen. Herzhaft gähnend streckte sie sich erst einmal ausgiebig. Als sich ihre Augen endlich an das grelle Licht gewöhnt hatten, schaute sie sich blinzelnd nach Koon um.
    Binnen Sekunden war sie hellwach, denn von ihrem treuen Gefährten fehlte jede Spur. Das Einzige, was er zurückgelassen hatte, war ein großes, vom Bären abgerissenes, über Nacht festgefrorenes Stück Fleisch, das offensichtlich für Tikia bestimmt war.
    Undeutlich kamen die Erinnerungen an den vorherigen Tag wieder hoch, und beschämt dachte sie an ihre blinde Wut gegen Koon, in der sie ihn von sich weggestoßen und so sicher vertrieben hatte.
    Hastig sprang sie auf, nahm ihre Sachen und verließ in größter Eile den Felsvorsprung, unter dem sie die Nacht verbracht hatte.
    Zu ihrem Glück lagen trotz der allmählich vergehenden Kälte noch einige Zentimeter Schnee, in denen Koon seine Spuren hinterlassen haben musste.
    Sie fand ihre eigenen und die Koons, die jeweils von dem Felsvorsprung fort- und wieder hinführten.
    Der Atem stockte
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