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Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut
Autoren: Whitley Strieber
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Rauschen der Statik antwortete.
    »Vielleicht doch Interferenz«, sagte er. »Ich geh raus auf den Balkon, da ist die Verbindung besser.«
    »Gehen wir lieber aufs Dach. Das dauert keine Minute.«
    »Ach was, ich geh einfach raus und...«
    »Wir gehen sofort rauf. Zieh den Mantel an.«
    Er gehorchte. Da sie jetzt die Entscheidungen traf, schien er sein Gleichgewicht wiederzuerlangen. Das war ihr recht; sie würde ihre Streifen jederzeit gegen seine Balken eintauschen.
    Als sie die Tür zum Dach erreichten, hatten sie beide die Pistolen in die Jackentaschen gesteckt. Becky fühlte sich eiskalt im Inneren, so kalt wie die Nacht auf der anderen Seite der Tür. »Gib mir Rückendeckung«, sagte sie. »Zieh die Waffe. Wir können kein Risiko eingehen.« Sie stieß die Tür auf, ging hinaus und sah sofort zu der Stelle, wo Dick sein sollte.
    Aber nicht war.
    Angst ließ ihr Herz schneller schlagen. Sie unterdrückte sie, atmete tief durch, rief seinen Namen.
    Nur der Wind antwortete ihr. Dann sah sie nicht weit entfernt einen dunklen Klumpen auf dem vereisten Dach. »Himmel, die Kamera!« Sie ging rutschend und stürzend hinüber und holte sie.
    Ein Teil des Gehäuses war zerbrochen. Die Linse war gesprungen. Sie wich ins Treppenhaus zurück und machte die Tür zu, um den Wind abzuhalten. In der Stille konnte sie ihren keuchenden Atem hören. Ihr Inneres brannte, sie wollte sich übergeben. »Etwas ist ihm zugestoßen«, sagte sie. »Gehen wir runter.«
    »Auf die Straße?«
    »Nein, verflucht! Wenn sie ihn erwischt haben, ist er da - und sie werden auch da sein und darauf warten, daß wir zu ihm kommen. Erinnerst du dich an heute morgen - die Falle? Diesen speziellen Trick können sie nur einmal pro Tag spielen.« Sie sprach mit der Stimme der Vernunft, aber ihr Herz schrie, daß sie auf die Straße gehen sollte, um ihren Mann zu retten. Aber wenn er da war, war er wahrscheinlich nicht mehr zu retten. Sie wollte weinen, blieb aber standhaft. »Wir gehen in die Wohnung zurück und sehen vom Balkon hinunter. Vielleicht zeigt uns die verdammte Kamera einigermaßen, was da unten vor sich geht.«
    Sie kehrten in die Wohnung zurück, die für Becky bereits verändert aussah, nicht mehr wie ein Zuhause. Alles war wie vorher, aber Dick war... nicht mehr. Wenn er abgestürzt war, mußte er an diesem Fenster vorbeigestürzt sein, während sie versucht hatten, ihn über CB zu erreichen. Sie legte die Kamera auf den Eßzimmertisch, wischte sich wütend Tränen aus den Augen und begutachtete den Schaden. Sie konnte nur ein perlmuttfarbenes Flimmern durch den Sucher sehen. »Total hinüber«, sagte sie. »Wenigstens ist der Film unversehrt.« Sie warf Wilson die Kassette zu.
    »Sechs Aufnahmen. Er hat sechsmal abgedrückt.«
    Ihr Hals zog sich zusammen, wenn sie sprach. Sie schwieg, weil sie nicht antworten konnte; ihr Verstand suchte nach einer Möglichkeit zu glauben, daß Dick noch am Leben war. Sie wünschte sich, die Kamera wäre nicht kaputt gewesen. Dann hätten sie damit vom Balkon auf die Gasse sehen und ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigen können. Sie ging die Möglichkeiten durch: Er war auf dem Dach von einem Werwolf angegriffen worden und abgestürzt - das war Nummer eins. Eine unwahrscheinliche Nummer zwei war, daß er dem Angriff irgendwie entkommen war, indem er vom Dach auf den obersten Balkon gesprungen war. Höchst unwahrscheinlich. Wenn er dort hinunterspringen konnte, konnte es der Werwolf auch.
    Wilson kam zu ihr und legte eine Hand auf ihren Arm. »Er hat's überstanden, Baby«, sagte er düster. Seine Augen waren feucht. Er sah wütend aus.
    »Wenn ich nur sicher sein könnte.«
    »Du weißt es.«
    »Mein Gott, vielleicht liegt er unten auf der Straße und verblutet!« Sie wußte, es war irrational zu denken, daß ein Mensch so einen Sturz überleben konnte, aber es waren schon seltsamere Dinge geschehen.
    »Ich gehe nachsehen, Becky, aber es wird uns nichts sagen, was wir nicht schon wissen.« Er ging zum Balkon, blieb vor der Tür stehen. Er zog den Vorhang zurück. »Nur um auszukundschaften«, sagte er. Er sah den dunklen Schatten nicht, der fast zu seinen Füßen an der Scheibe kauerte. Er zog die Schiebetür zurück.
    Es sprang ihn durch die Vorhänge an, das fauchende Maul zerriß den Stoff. Er fiel ins Wohnzimmer zurück, rollte sich ab und rannte zur Schlafzimmertür. Becky folgte ihm, während das Ding die Vorhänge herunterriß, sich daraus befreite und in die Wohnung gesprungen kam.
    Becky
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