Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsbrut

Wolfsbrut

Titel: Wolfsbrut
Autoren: Whitley Strieber
Vom Netzwerk:
springen - würde der Meute dienlich sein. Ihr Kummer, oder sein eigener, durften nicht vorrangig sein.

    Im Schlafzimmer lauschten Becky und Wilson eindringlich. Sie hörten eine rasche Abfolge von Knurrlauten verschiedener Tonhöhen, dann das Scharren von Pfoten auf dem Boden.
    »Jetzt sind sie alle da draußen«, flüsterte Wilson. »Der Rest muß von der Gasse hochgekommen sein. Wieviel Schuß hast du?«
    »Fünf.«
    »Das sollten alles Treffer sein.« Seine Stimme klang erstickt. Sie waren sich beide darüber im klaren, daß fünf Schuß nicht ausreichen würden.
    »Das Telefon!« Becky packte es und wählte die Nummer 911. Nichts. »Der Hörer im Wohnzimmer muß von der Gabel gefallen sein.«
    »Wir werden es nicht schaffen«, sagte er leise.
    Sie wirbelte herum und sah ihn an. »Wir schaffen es, du Dreckskerl. Das heißt, wenn wir die Hoffnung nicht aufgeben.«
    »Ich bin nur realistisch, Becky.«
    »Halt den Mund.« Sie hielt die Pistole in beiden Händen und richteten sie auf die Tür. Nicht einmal als Wilson versuchte, ihre Wange zu küssen, wandte sie sich ab.
    »Du hast dir einen beschissenen Zeitpunkt ausgesucht«, sagte sie.
    »Möglicherweise meine letzte Chance.«
    »Sei still und behalte die Tür im Auge.«
    Der Alte Vater hatte die Meute von der Tür entfernt versammelt, aber so, daß sie sie sehen konnten. Er sagte ihnen, was zu tun war, und nahm seine angestammte Rolle wieder ein. Niemand widersprach, niemand wagte es. Er hatte sie so weit gebracht, sie mußten auf ihn hören.
    Sie würden geduckt hineingehen und die Tür sprengen. Dann würde er seinen Vorstoß machen. Er würde es allein tun und hoffen, daß sie die Waffe in ihn leerfeuerten. Dann konnten die anderen sie vernichten, seinen Leichnam verzehren und, ohne eine Spur zu hinterlassen, verschwinden. Die Menschen würden nicht verstehen, wie sich diese Tragödien abgespielt hatten, und das Geheimnis der Meuten würde wieder wohlgehütet sein.
    Er schnappte mit dem Kiefer, ein Laut, der sie alle sofort aufhorchen ließ. Dann machten sie sich bereit.
    Sie alle brannten vor Verlangen zu sprechen, aber keiner sagte etwas. Es gab keine Worte für das, was der Meute jetzt bevorstand, für die Trauer, die sie alle empfanden. Obwohl er das Recht zu führen verwirkt hatte, hatte er die Meute gegründet und mit seiner Kraft und Anstrengung großgemacht. Jetzt, im Tode, empfing er ihren Respekt.
    »Hörst du etwas?« fragte Becky. Wilson stand neben der Tür.
    »Sie sind alle im Wohnzimmer. Vielleicht sollten wir einen Fluchtversuch machen.«
    »Wir würden keine drei Schritte weit kommen. Bleib da und denk nach.«
    Das Telefon lag auf dem Boden; eine dünne Stimme sagte ihnen immer wieder, daß ein Hörer der Leitung nicht aufgelegt war. Becky hätte das verdammte Ding am liebsten aus der Wand gerissen und zum Fenster hinausgeworfen. »He, Moment mal...«
    Sie ging ans Fenster und sah hinaus. »Hör zu, warum werfen wir nicht das verdammte Bett zum Fenster hinaus? Dann wird jemand raufkommen und nachsehen.«
    »Und die arme Seele macht die Tür auf und wird in Stücke gerissen. Und wir sind längst tot.«
    »Hast du einen Kugelschreiber?«
    »Ja, aber was...«
    »Dann schreiben wir auf das Laken. Gib her...« Sie nahm den Kugelschreiber, warf die Bettdecken zurück und kritzelte große Buchstaben auf das festgesteckte Laken. Nach wenigen Augenblicken hatte sie eine Nachricht geschrieben: »SCHICKT BEWAFFNETE POLIZISTEN G 16. MORD. GRÖSSTE GEFAHR. VORSICHT HINTERHALT!«
    Sie machten das Fenster auf und stellten fest, daß es nicht groß genug für die Matratze war. Becky postierte Wilson mit der 38er an der Tür und wickelte sich die Bettdecke um den rechten Arm. Sie sah nach unten und vergewisserte sich, daß die Straße verlassen war; dann schlug sie mit der Faust die Scheibe ein. »Okay, hilf mir wieder, schaffen wir das Ding raus.« Sie schoben und drückten gemeinsam, bis die Matratze nach unten fiel. Sie überschlug sich mehrmals und prallte flach auf den Gehweg. Sie mußte ein Geräusch erzeugt haben, aber der Wind verwehte es.
    Dann wurde an der Tür gekratzt. »Sie sind wieder am Schloß«, sagte Wilson mit erstickter Stimme. Er sah Becky verzweifelt an.
    »Nimm die Kommode da drüben - Bewegung!« Er schob sie gehorsam vor die Tür, während sie die Pistole hielt. Einen Augenblick später war ein gewaltiges Poltern zu hören, und die Tür knirschte in den Scharnieren. Ein Riß brach in der Mitte auf. »Lehn dich gegen die Kommode«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher