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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen
Autoren: H Fallada
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haben sie ihn auf dem Bezirksamt erschlagen, ein Separatiste is er jewesen – immer mit de Franzosen und gegen die Deutschen, ganz wie in Neulohe, wo ich ihm doch schon ein paar gelangt habe deswegen.«
    »In Pirmasens«, sagte Herr Schulze verlegen. »Das ist doch schon wieder ’ne aasige Zeit her …«
    »Am zwölften Februar is es gewesen, gut vier Monate is es her. Aber weil er bloß Meier geheißen hat und weil sie mich erst haben suchen müssen, hat es so lange gedauert, bis sie’s mir haben amtlich geben können. Wo es doch in seiner Brieftasche gestanden hat, daß ich seine Braut bin …«
    Amanda Backs – ihre gebildete Zeit als Hausdame des Wolfgang Pagel lag weit zurück, und sie war auf dem Lagerplatz der Krupaß wieder ganz in das alte, heimische Berlin zurückgekehrt –, Amanda Backs zog eine verächtliche Schippe und sagte: »Dabei bin ick nie seine Braut gewesen, ick habe bloß mit ihm jeschlafen …«
    Eine etwas bedrückte Stille entstand. Der junge Mann rutschte auf seinem Küchenstuhl hin und her, schließlich ließ sich Frau Krupaß vernehmen: »Es is ja janz schön, Mandeken, daß du so ’n offner Mensch bist. Aber allzuviel is auch unjesund, du trittst Herrn Schulzen unnötig auf die Zehen, wo er es doch janz ehrlich mit dir meint.«
    »Na, lassen Se man, Krupassen, lassen Se man!« sagte der Chauffeur. »Ich kenne doch Amanda, die meint es ja gar nicht so.«
    »Wie meine ich es denn?!« rief Amanda mit geröteten Backen. »Genau so meine ich es, genau, wie ich’s gesagt habe! Da gibt’s gar nischt von Amanda und kennen!«
    »Na schön, auch gut«, sagte der Mann. »Dann haste es eben so gemeint. Darum wollen wir uns doch nich streiten.«
    »Da hören Sie es, Krupassen! Und so was will ein Mann sein! Nee, Schulzing«, rief sie und war ganz ehrlich traurig. »Du bist ein guter Kerl, aber du bist mir zu lappig. Ich weiß, du bist solide, und du sparst, und du trinkst nicht, und sobald es geht, kaufst du dir einen Lastzug, und ich könnte Frau Fernspediteur werden, wie du mir gesagt hast … Aber, Schulzing, ick habe es mir den ganzen Tag hin und her überlegt, es kann doch nischt werden mit uns. Versorgt sein ist ganz schön, aber nur versorgt sein, det is ooch nischt. Ick bin doch erst grade dreiundzwanzig, und so eilig habe ich es noch nich. Und vielleicht kommt doch noch ein anderer, wo det Herze ’n bißken puckert. Bei dir puckert es gar nicht, Schulzing …«
    »Ach, Amanda, det denkste jetzt bloß so, weil du den Brief gekriegt hast. Sage mir bloß nich uff. Ick weeß ja, ick bin een bißchen trantutig, aber in meinem Jeschäft is det grade gut.Scharf fahren, det können se alle, aber vorsichtig fahren und ’nen Lastwagen mit ’n Anhänger auf ’m Hof umdrehen, nich viel größer als eure Küche, ohne eine Schramme, det kann ick alleene …«
    »Nu redste wieder von deinem dußligen Auto! Heirate du doch deinen Daimler!«
    »Jawoll rede ick von meinem Auto, aber du mußt mir auch ausreden lassen, Amanda! Ick bin trantutig, habe ick jesacht, aber wie ick mit meinem Wagen grade durch meine Tutigkeit zurechtkomme, komme ick ooch in die Ehe zurecht. Jloob mir, Amanda, da is es jenauso: Jroße Bogen spucken können se alle und scharf ranjehen, und denn kiek dir so ’ne Ehe nach sechs Monaten an! Alles zu Bruch jefahren! Bei mir bleibste heil, Amanda, bei mir passiert dir nischt – det habe ick so sicher wie meinen Führerschein!«
    »Ein guter Kerl biste doch, Schulzing«, sagte Amanda. »Aber, glaub mir, es kann nich sein. Feuer und Wasser, das paßt eben nich zusammen. Du sagst, mir passiert nischt – schön, Schulzing, ick weeß ja nich, ob mir det recht wäre, wenn mir so gar nischt passiert. Gar zu stille is ooch doof.«
    »Na ja«, sagte der junge Schulze und stand auf. »Ick will dir ja nich überreden. Wat nich is, det is nich. Dann bin ick eben der Doofe. – Nee, ick nehme dir das nich übel, Amanda, wo denn! Die Bäcker backen auch nich alle dasselbe Brot, du bist eben feurig, und ick bin tutig. Da kannst du nischt für, und da kann ick nischt für. Guten Abend, Frau Krupaß. Ick danke Ihnen ooch, daß Sie mir die Abende hier haben sitzen lassen, und für all das schöne Essen …«
    »Nu redt er auch noch vons Essen!«
    »Warum soll ick nich vons Essen reden?! Für alles, was man geschenkt kriegt im Leben, soll man sich bedanken. Mir haben se noch nich so viel jeschenkt in meinem Leben, daß mir das Danken zu ville jeworden is. – Gute Nacht, Amanda, ick wünsche dir
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