Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe
Autoren: Susan Hastings
Vom Netzwerk:
aus, man durfte ihn eben nur nicht reizen.
    Genau das hatte Angus getan, und das würde Hengist ihm niemals verzeihen. Gerade noch duldete Hengist seinen Sohn in der Hütte am Tisch und hoffte nur, dass er bald eine Braut finden und endlich ausziehen würde, um sein eigenes Zuhause zu gründen. Dann müsste er sich nicht so für ihn schämen. Doch Angus ließ sich Zeit. Zu viel Zeit.
    Eines Morgens kamen die Fischer des Dorfes zurück von ihrer Fahrt, und sie brachten Angus’ Boot. Es war leer. Auch dann begriff Viviane noch nicht, was geschehen war. Sie konnte nicht verstehen, dass Angus sein Boot, das er über alles liebte, einfach allein gelassen hatte. Die Fischer schleppten es an den Strand und blieben schweigend daneben stehen. Viviane erinnerte sich später an Cedrillas lautstarkes Wehklagen und Weinen und an Hengists versteinertes Gesicht. Dann gingen sie alle in die kleine Holzkirche drüben auf den Klippen und beteten für Angus. Auch Viviane betete und wünschte, dass er bald wieder zurück zu seinem Boot käme. Doch es lag Jahr um Jahr am Strand, und Wind und Wellen setzten ihm zu, schlugen es leck und nagten am Holz.
    Seit diesem Tag ging es Cedrilla schlecht. Sie bekam Husten und kränkelte. Viviane musste mehr und mehr der Hausarbeit übernehmen. Sie buk Brot und wusch die Wäsche, kümmerte sich um das Vieh und den kleinen Acker, bearbeitete den Garten und half dem Vater in der Schmiede. Seltsamerweise bereitete ihr genau das die größte Freude. Sie schaute dem Vater zu, wie er aus dem rot glühenden Metall mit geschickten Hammerschlägen Messer und sogar Schwerter zauberte. Für sie war der Vater ein Magier, der glühendes Metall zum Leben erwecken konnte. Fast jeder Mann im Ort besaß ein Schwert, das Hengist geschmiedet hatte. Nicht selten mussten sich die Dorfbewohner gegen räuberische Banden, übelwollende Seefahrer von anderen Küsten oder plündernde Krieger aus Fehden des Königs mit benachbarten Reichen zur Wehr setzen. Die Männer übten sich im Fechten, trugen zu den Feiertagen Wettbewerbe um den besten Schwertkämpfer aus und eiferten um die Würde des Klingenmeisters.
    An solchen Tagen hätte Hengist seinen Sohn Angus gern unter den Kämpen gesehen, aber ihm war nur noch die Tochter Viviane geblieben. Er verbarg seine Enttäuschung, so gut es ging, und hängte sein ganzes Herz an Viviane. Wenigstens äußerlich kam sie nach ihm. Ihr Haar war von einem leuchtenden Kupferrot wie der Kessel, wenn sie ihn mit viel Eifer poliert hatte. Ihre Augen spiegelten das Grün der saftigen Wiesen und Wälder der kleinen Insel wider. Und wenn sie zu lange in der Schmiede gewesen war, dann sah sie genauso rußig aus wie Hengist.
    Cedrilla beklagte sich darüber, dass es sich nicht zieme, wenn ein Mädchen sich mit Männerdingen beschäftige, und sie befürchtete, dass sich für Viviane deshalb kein Mann interessieren würde. Nicht zuletzt deshalb nahm sich Hengist einen Gehilfen, um ihn als Schmied auszubilden. Seitdem gehörte Patrick zur Familie. Hengist behandelte ihn fast wie einen eigenen Sohn.
    Der anfangs dünne und hoch aufgeschossene Junge mit dem strubbeligen Haar und den Sommersprossen entwickelte sich nach einiger Zeit zu einem ansehnlichen jungen Mann, dem die Muskeln wuchsen wie Vivianes weibliche Rundungen und der Viviane immer öfter einen verstohlenen Blick zuwarf.
    Hengist entging dies nicht, doch er sah es nicht ungern. Wenn Patrick in die Familie einheiratete, hätte Hengist einen angemessenen Nachfolger, und die Tradition konnte fortgesetzt werden. Ja, für ihn war es eigentlich beschlossene Sache, nachdem er bemerkt hatte, dass auch Vivianes Augen immer öfter zu Patrick wanderten. Sie schob ihm das größte Stück Fleisch zu und das knusprigste Stück Brot, sie nähte ihm sein Hemd mit besonderer Hingabe und feuerte ihn bei den Schwertkämpfen am lautesten an.
    Natürlich musste Hengist darauf achten, dass sie zurückhaltend blieben, um auch hier die Sitten zu wahren. Es war nur eine Frage der Zeit, wann die beiden heiraten würden, nämlich wenn Viviane das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte. Dann würde er beim König um Erlaubnis bitten, seine Tochter verheiraten zu dürfen. Er würde dem König das Bittgeschenk überreichen, ein prachtvolles Schwert, das er bereits angefertigt hatte und das, in ein Leinentuch geschlagen, in der Truhe ruhte. Dieses Schwert war so kunstvoll gearbeitet, dass der König die Bitte nicht abschlagen könnte. Dann würde die kleine Kirche oben auf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher