Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe
Autoren: Susan Hastings
Vom Netzwerk:
nicht antasten.« Der etwas beleibte Mönch raffte seine Kutte und lief, so schnell er konnte, zurück zum Kloster. Er läutete wie wild die kleine Glocke. Augenblicklich wurde es unruhig in den Gemäuern, und es war vorbei mit der beschaulichen Ruhe. Kurze Zeit später läutete die Glocke des Kirchturmes. Ihr durchdringendes Geläut alarmierte auch die Bewohner des Dorfes.
    Einen Moment überlegte Viviane, ob sie dem Pater ins Kloster folgen sollte. Hinter den hohen Mauern wäre sie tatsächlich sicher. Aber ihre Familie im Stich lassen? Die kranke Mutter konnte sich doch gar nicht von ihrem Lager erheben! Es blieb keine Zeit, alle Dorfbewohner hinauf ins Kloster zu bringen. Kurz entschlossen packte sie ihr Körbchen fester und lief den Hügel hinab.
    Die drei Boote näherten sich schnell. Sie steuerten genau auf die Bucht zu. Auch im Dorf wurde es sofort unruhig. Die Männer griffen zu ihren Waffen. Frauen und Kinder eilten zum Hügel. Die Alten blieben zurück und verschanzten sich in einer der größeren Hütten. Einige der Frauen zerrten das Vieh an Stricken hinter sich her.
    Das erste Wikingerboot holte die Segel ein, dann die beiden anderen. Mit den langen Rudern manövrierte die Besatzung das erste so nahe wie möglich an den Strand, die beiden anderen blieben etwas weiter draußen liegen. Wie Ameisen sprangen plötzlich Männer an Land und rannten auf die Hütten zu. Ihr durchdringendes Gebrüll ließ die zurückgebliebenen Bewohner erstarren. Die Angreifer boten einen schrecklichen Anblick. In Leder und metallbeschlagene Lederüberwürfe gekleidet, mit eisernen Helmen und Kappen auf den Köpfen, gierigen wilden Blicken und blitzenden Waffen stürmten sie den Strand herauf.
    Die Männer des Dorfes versuchten die Angreifer mit aller Gewalt zu stoppen. Doch die Wikinger waren ihnen sowohl zahlenmäßig als auch an Kräften überlegen.
    »Da oben sind die Weiber mit dem Vieh«, schrie einer. Zwei Handvoll der Wikinger nahmen sofort die Verfolgung auf. Die anderen liefen von Hütte zu Hütte, plünderten sie und steckten sie dann in Brand.
    Viviane war noch zu weit weg, um irgendetwas tun zu können. Ihre einzige Sorge galt der Mutter. Vater und Patrick würden sich ihrer Haut schon zu erwehren wissen.
    Als ginge es um ihr eigenes Leben, rannte sie den Berg hinab. Den Korb hatte sie schon längst verloren. An sich selbst dachte sie im Augenblick überhaupt nicht. Als sie die bärtigen wilden Männer auf sich zukommen sah, durchfuhr sie ein eisiger Schreck. Es waren fünf, und ihre grimmigen Gesichter verhießen nichts Gutes.
    »Jesus hilf«, flüsterte Viviane, dann schlug sie wie ein wildes Kaninchen einen Haken.
    »Fangt sie«, rief einer der Wikinger. Die anderen schwärmten aus und kreisten sie ein. Doch Viviane war flink. So schnell würde sie sich nicht ergeben. Sie würde sich überhaupt nicht ergeben! Sie sprang zwischen ihnen hindurch, narrte sie, bis sie stolperten oder sich gegenseitig anrempelten. Sie mochten stark sein, diese Wikinger, aber irgendwie waren sie auch schwerfällig. Vivianes Plan ging auf, sie entkam ihnen, und ihr Abstand vergrößerte sich. Mit einem kurzen Blick über die Schulter vergewisserte sie sich, dass die fünf Männer ihr nicht folgen konnten. Unvermittelt stieß sie gegen ein Hindernis. Sie war so verwirrt darüber, dass sie nicht einmal erschrak. Das Hindernis war nicht so fest wie ein Baum, es gab hier auch gar keinen. Aber es war groß und verdunkelte ihr die Sicht. Instinktiv riss sie die Arme nach vorn, um sich zu schützen. Wie eiserne Klauen packten zwei riesige Hände ihre Gelenke und hielten sie fest.
    »Was haben wir denn hier für ein Häschen gefangen?« Die Stimme war rauh und tief, klang jedoch belustigt. Viviane blickte auf und schaute den Mann gegen die Sonne an. Sie sah sein helles Haar wie Gold schimmern. Es wehte im Wind. Im Gegensatz zu den anderen Wikingern trug er keine lederne Kappe. Doch sein Gesicht blieb im Schatten. Sie blinzelte. »Lass mich los, du Rauhbein«, schnaufte sie und wehrte sich mit aller Kraft. Das Resultat war, dass sich seine Hände noch fester um ihre Handgelenke schlossen. Sie fürchtete, dass er ihr die Arme brechen würde.
    Dann stieß er sie grob zurück, so dass sie zu Boden stürzte. Die Männer, die ihr gefolgt waren, lachten. »Kein Hase, sondern ein Fuchs«, rief einer. »Füchse sind schlau.«
    »Nur ein Mädchen«, erwiderte der große Mann. Seine Haltung, sein Auftreten, ja seine Stimme verrieten, dass er der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher