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Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe
Autoren: Susan Hastings
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den Klippen mit frischem Laub geschmückt, und Viviane würde einen Kranz aus weißen Blüten auf ihrem roten Haar tragen. Pater Cedric aus dem Kloster, zu dem die Kirche gehörte, die die Bewohner aus den umliegenden Dörfern ebenfalls besuchten, würde die Trauung im Angesicht Gottes vollziehen. Dann würde das ganze Dorf ein großes Fest feiern, und Hengist würde es an nichts fehlen lassen. Wildschweinbraten und Lamm am Spieß sollte es geben und das Bier in Strömen fließen. Sie würden tanzen und lachen und fröhlich sein und zu Ehren des Brautpaares Schwertkämpfe, Geschicklichkeitsspiele und Wettläufe veranstalten. Nur das Wettrudern vor der Küste, darauf würde er verzichten.
     
    Das Husten aus der Hütte holte Viviane aus ihren Gedanken, während ihre Hände unablässig den klebrigen Brotteig walkten. Sie sorgte sich um die Mutter und fürchtete, dass diese ihre Hochzeit nicht mehr miterleben würde. Immerhin lag noch ein langer Winter dazwischen, der hier auf der kleinen Insel stets recht rauh war. Dann wehte ein heftiger und kalter Wind, brachte viel Regen, und die Wellen überspülten den Strand bis zu den Felsen. Schon mehrfach hatten sie erlebt, dass das halbe Dorf unter Wasser stand, das Mehl verschimmelte und eine große Hungersnot ausbrach. Zum Glück gab es das Kloster oben auf dem Berg. Die Mönche öffneten ihre Vorratskammern, teilten in christlicher Nächstenliebe und halfen den Dorfbewohnern zu überleben. Viviane würde, wenn sie das Brot gebacken hatten, zu ihnen gehen, um aus ihrer Klosterapotheke Heilkräuter gegen Mutters Husten zu holen. Die Mönche hegten einen Kräutergarten mit vielen seltsamen Pflanzen, die auf der Insel gar nicht vorkamen. Diese Pflanzen besaßen magische Kräfte und linderten die unterschiedlichsten Beschwerden. Die Mönche pflegten diese kostbaren Pflanzen nach überliefertem geheimem Wissen, damit ihnen der rauhe Wind und die winterliche Kälte nichts anhaben konnten. Kein Sterblicher außer den Mönchen selbst durfte den Garten betreten, und auch Viviane kam immer nur bis zur Klosterpforte. Aber stets hatten die Mönche ihr geholfen, und sie empfand Liebe, Respekt und Dankbarkeit den sanftmütigen Männern in den braunen Kutten gegenüber, die niemals ein Schwert in die Hand nahmen und Hilfe im Gebet suchten.
    Die Sonne hatte ein Stück ihres Himmelswegs zurückgelegt und schien nun genau vor die Hütte, wo Viviane kniete. Sie streifte sich den Teig von den Händen und deckte den Trog sorgfältig mit einem Tuch ab. Nun musste der Teig in der Wärme gehen, während sie zunächst nach Mutter schauen und dann den Backofen anheizen würde.
    Das Innere der Hütte war denkbar schlicht. Sie bestand nur aus einem Raum, in dem sich die Feuerstelle befand. Ein hölzerner Tisch mit zwei rustikalen Bänken bildete den Mittelpunkt. An den Wänden zogen sich die schmalen Schlafpritschen entlang. Dazwischen standen Truhen und Körbe zum Aufbewahren des Hausrats. Patrick schlief im Stall, von dem mit einer geflochtenen Weidenwand ein Stück abgetrennt worden war. Aber selbstverständlich saß er bei den Mahlzeiten am großen Tisch der Familie, und auch sonst nahm er am Familienleben teil. Manchmal half er Viviane, die Schafe einzutreiben und zu melken, die Hühner zu füttern und die Feldarbeit zu verrichten. Das waren die Momente, wo er ihr unbeobachtet näher kommen konnte. Es waren die schönsten Momente!
    Hengist Folkming besaß ein paar Schafe, die an den Hängen im Hinterland ihr Futter suchten. Hinter den Klippen lagen auch die schmalen Felder, die ein bisschen zum Lebensunterhalt beitrugen. Hengist war kein Bauer, niemand im Dorf war das. Die meisten waren Fischer, und die Erlöse ihrer Arbeit tauschten sie auf dem Markt – Fisch gegen Mehl oder eben Eisenwaren gegen Mehl. Die Schafe hielten sie der Wolle und der Milch wegen, und ab und zu wurde eines geschlachtet. In den Wäldern gab es Wildschweine, aber den Dorfbewohnern war es untersagt, selbst zu jagen. Nur die Wildhüter des Königs besaßen dieses Privileg. Alles, was nicht auf der königlichen Tafel landete, wurde an die Bevölkerung verkauft. Wild war teuer und daher etwas Besonderes. Viviane wusste, dass die Männer vor allem im Winter, wenn die Nahrung knapp war, trotzdem auf die Jagd gingen. Das Fleisch von Schweinen verlieh Unsterblichkeit und war schon deshalb heiß begehrt. Die Strafe war fürchterlich, wenn sie erwischt wurden. Unter den jungen Männern galt es als eine Art Mutprobe, ein
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