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Wogen der Leidenschaft - Roman

Wogen der Leidenschaft - Roman

Titel: Wogen der Leidenschaft - Roman
Autoren: Janet Chapman
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Gebote standen, beantwortet. Sie hatte Benjamin Sinclair nicht als Ungeheuer hingestellt; sie hatte Michael nur gesagt, dass sein Vater jung und verwirrt gewesen war. Und ja, er hatte gut ausgesehen; ja, er war groß; und ja, er war so intelligent wie Mikey.
    Das kann ja sehr interessant werden, dachte Emma, als sie sah, wie die beiden einander anstarrten. Sie kannte Mikey und wusste, er würde sich nicht anmerken lassen, dass er wusste, wer Tom Jenkins wirklich war. Und ihr Gast schien ebenso entschlossen, die Täuschung aufrechtzuerhalten.
    Mikey streckte mit festem Blick eine Hand aus.
    » Willkommen in Maine, Mr Jenkins.«
    Benjamin Sinclair, der auf diese Geste mit völliger Sprachlosigkeit reagierte, wich unsicher einen Schritt zurück. Er sah aus, als sähe er sich einem Gespenst gegenüber.
    Wie? Der Mann, der ihre Familie auseinanderreißen konnte, bekam es plötzlich mit der Angst zu tun?
    Mikey stand noch immer mit ausgestreckter Hand da, und was Emma sah, als sie in sein Gesicht blickte, würde auf ewig in ihrem Gedächtnis eingegraben bleiben. Mikey war nicht verletzt oder wütend oder auch nur erstaunt. Er trat einfach vor, griff nach Bens Hand und legte sie über seine Schulter, während er die Mitte seines Vaters umfasste und ihn stützte.
    » Mr Jenkins, Sie sehen einigermaßen katastrophal aus. Meine Tante hat recht. Sie müssen zum Arzt. Kommen Sie. Ich helfe Ihnen in die Maschine. Hol sein Zeug aus dem Wagen, Nem. Ich habe ihn im Griff.«
    Emma merkte, dass auch sie einen Schritt zurückgewichen war. Ihr Verstand war wie benebelt und ihr Herz fast gebrochen, beim Anblick des einzigen Menschen auf der Welt, den sie zärtlich liebte und der jenem Menschen zu Hilfe kam, der sie vernichten konnte.
    Endlich waren sie wieder in Medicine Creek Camps zurück und ihr Gast in einem der im Erdgeschoss gelegenen Zimmer ihres Hauses untergebracht, bis oben voll mit schmerzstillenden Mitteln. Michael säuberte die Cessna von den Blutspuren, die ihr Passagier hinterlassen hatte, und Emma lag ausgestreckt auf ihrem Ruhesessel, eine eiskalte Bierflasche in der Hand, über den Augen einen heißen, feuchten Waschlappen.
    Für einen wortkargen Mann konnte ihr ramponierter Gast eine reiche Auswahl an Worten finden, wenn er wollte– das hatte sie zu spüren bekommen, als Michael Alice aus der Maschine geholt hatte. Benjamin hatte geflucht, dass sie rote Ohren bekommen hatten, als er entdeckte, dass Mikeys Kopilotin eine alte Schaufensterpuppe mit Hut, Perücke und Fliegerbrille war. Er hatte getobt und gefragt, wie man ein Kind in die unvorstellbare Lage bringen konnte, auf einer Pfütze zu landen, die so klein war, dass das Deck eines Flugzeugträgers daneben riesig aussah.
    Michael, gesegnet sei sein gutes Herz, hatte Ben seelenruhig erklärt, dass Crazy Larry darauf aus war, ihn der FAA zu melden, ehe er sechzehn wurde und seinen Pilotenschein machen konnte. Daraufhin hatte Ben– sehr wortreich– erwidert, dass man sie beide dem Jugendamt melden sollte. Emma hatte den kleinen Wortwechsel schließlich beendet, indem sie ihrem wütenden Gast mit der Flinte in den Rücken stieß, worauf er sich stumm, aber zornrot auf den Passagiersitz setzte.
    Alice trieb nun mit dem Gesicht nach unten im Smokey Bog, in den Ben sie geworfen hatte.
    So viel zu ihrem Ruf. Es war zwar nicht so, dass ihr Sport-Camp nicht ein paar Kritiker überstehen konnte, Emma aber war stolz auf ihr Unternehmen, das sie und Mikey aus den roten Zahlen gebracht hatten. Die damals noch sehr junge Emma hatte ihre Schwester überreden können, Medicine Creek Lodge mit dem Geld zu kaufen, das sie von der Versicherung nach dem Tod ihres Vaters bekommen hatten. Sie und Kelly hatten Lodge und Camp gemeinsam gemanagt, bis Kelly Emma ohne Vorwarnung ganz plötzlich mit einer stattlichen Hypothek und einem Fünfjährigen, den es nun großzuziehen galt, im Stich gelassen hatte.
    Michael war als alter Mann im Körper eines Säuglings zur Welt gekommen und sah weiser aus als Gottvater persönlich. Zum Glück war er ein braves Baby gewesen– er hatte geschlafen, wenn es Zeit dafür war, hatte pünktlich zu laufen begonnen und mit seinem frühreifem Gebrabbel dafür gesorgt, dass ihnen die Köpfe brummten. Als Mikey fünf war, hatte Emma sich gefragt, ob er die Schule besuchen oder dort unterrichten würde.
    Es gab buchstäblich nichts, was der Junge nicht konnte. Emma konnte sich vorstellen, dass er mit dreißig über die Welt gebieten würde. Um Michael war eine
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