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Wofuer wir kaempfen

Wofuer wir kaempfen

Titel: Wofuer wir kaempfen
Autoren: Tino Kaeßner , Antje Kaeßner
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Monate nach dem Anschlag, haben Stefan und ich schon wieder draußen trainiert, und wann immer es ging, waren wir in Bayerischen Voralpenland unterwegs. Stefan im Handbike, eine Art Sitzfahrrad, das statt mit den Beinen mit den Armen angetrieben wird – ich auf dem Mountainbike oder dem Rennrad.
    Wenn ich Rad fahre, bin ich ganz bei mir. Allein schon die Tatsache, draußen in der Natur zu sein, baut mich jedes Mal mental unglaublich auf. Ich merke, wie mein Körper arbeitet und sich langsam warm läuft. Auf dem Rad, draußen in der Natur bin ich einfach glücklich!«
    Hoffnung auf zwei Rädern
    »Beim einem Besuch des Europacup-Rennens für Behinderte in München kam die Begegnung, die meinem Leben die ersehnte neue Richtung geben sollte: Anfang 2006 lernte ich Wolfgang Sacher kennen, den deutschen Titelträger im Behindertenradsport. Er gab mir viele Tipps, wie ich wieder den Sprung in den oberen Leistungsbereich schaffen könnte. Es war, als hätte sich mir die Tür in meine neue Zukunft geöffnet. Hier fiel meine Entscheidung, dass ich ins deutsche Nationalteam will. Seit diesem Zeitpunkt habe ich nur ein Ziel: die Teilnahme an den Paralympics 2012 in London. Ohne den Unfall wäre ich nie auf die Idee gekommen, mich für einen Olympiakader
zu bewerben. Ich hatte als Feldjäger einen Fulltimejob – da kommt man nicht dazu, sich entsprechend professionell vorzubereiten. Ich war ein sehr guter Hobbyfahrer – und ein Hobby wäre es auch geblieben. Doch jetzt nutzte ich jede Gelegenheit für das Training. Ich habe einen detaillierten Trainings- und Ernährungsplan. Ich lebe diesen Traum und mache alles, damit ich mit nach London fahren kann.
    In den ersten Monaten gab es immer wieder Rückschläge. Gleich im Juni 2006 wollte ich mein erstes großes Rennen fahren, doch eine Entzündung im Stumpf machte alle Pläne erst einmal zunichte. Fast wäre dadurch ja auch die Hochzeit mit Antje ins Wasser gefallen. Schon in der Wettkampfsaison 2007 ging es dann aber richtig los. Durch ein hartes Wintertraining hatte ich viel Auftrieb bekommen: Bei den deutschen Meisterschaften auf Bahn und Straße holte ich in der Schadensklasse ›LC2 für Unterschenkelamputierte‹ – ja, so heißt das – zwei Silber- und zwei Bronzemedaillen und bei den bayerischen Meisterschaften zusammen mit Stefan Deuschl Gold in unseren jeweiligen Klassen. Unter den Behindertensportlern war ich mit 33 Jahren damals noch jung und hatte ein großes Verbesserungspotenzial. Im Februar 2007 reiste ich mit der Nationalmannschaft ins Trainingslager nach Mallorca. Seither gehörte ich zum Nachwuchskader des deutschen Nationalteams und nahm an zahlreichen internationalen Wettkämpfen und nationalen Meisterschaften teil. Für mich völlig überraschend bekam ich 2007 die Einladung zur Weltmeisterschaft nach Bordeaux. Zweimal landete ich auf beachtlichen Mittelfeldrängen, obwohl ich hier mit der Weltelite gefahren bin, im 1000-Meter-Bahnsprint (Platz 11) und beim Straßenzeitfahren (Platz 13). Der Abstand zum Sieger im Zeitfahren über 20 Kilometer betrug aber immer noch über drei Minuten und mir war klar, dass ich noch einiges zu verbessern hätte, um an die Weltspitze zu kommen.

    Wenn ich Rad fahre, liegt die Hauptlast auf dem linken Bein, wo die langen Operationsnarben schmerzen – mein rechtes Bein bringt nach der Amputation nur noch 15 Prozent seiner ursprünglichen Leistung. Experten halten es für möglich, dass ich nach langjährigem Training auch das rechte Bein wieder auf 40 Prozent der ursprünglichen Gesamtleistung bringen und damit den Rückstand zu den Weltbesten aufholen kann. Meine wichtigste Aufgabe war daher, das rechte Bein zu stärken. Mehr als drei Stunden Training am Tag sind aber nicht drin, weil sich dann der Stumpf wieder meldet. 2007 war eine äußerst erfolgreiche Radsaison für mich mit Ergebnissen, die mir Mut gemacht haben, meinen Weg weiterzugehen.
    2007 ist auch das Jahr, in dem meine Tochter Hanna geboren wurde. Dieses Jahr war für Antje und mich ein sehr glückliches Jahr. Ich hatte endlich einen neuen Lebensinhalt und ein Ziel, auf das ich hinarbeiten könnte. Ich beschloss, die Anforderungen, die ich an mich selbst stellen würde, stetig zu erhöhen. Mein Training zahlte sich aus. Der Höhepunkt kam für mich im Mai 2008, als ich die deutsche Meisterschaft im 1000-Meter-Bahnfahren gewonnen habe.«
    Die Fahrt zum Gardasee
    »Eines meiner wichtigsten Rennen habe ich nur gegen mich selbst gefahren. Im Sommer 2009, drei Jahre
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