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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten
Autoren: Marcia Muller
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vor mir zu verbergen. Vielleicht erleichterte das die
Verfolgung seiner Spur.
     
    Die Econocar-Filiale lag an einer
Geschäftsstraße parallel zur Schnellstraße am Rand von San Francisco. Dave Fry,
der Manager, machte einen sehr deprimierten Eindruck. Die Ursache war
offensichtlich. Sein Schreibtisch in der Bürobaracke quoll über von
unerledigtem Papierkram. Der zugige Parkplatz stand voll unvermieteter Autos.
Der Pendelbus zum Terminal stand ungenutzt herum. Ich konnte nur noch einen
weiteren Angestellten sehen, einen jungen Asiaten. Er saß auf dem Buseinstieg
und sah genauso trüb in die Welt wie sein Boss. Als ich Fry meine Karte zeigte,
seufzte er und zuckte mit den Schultern — offenbar sah er Ärger auf sich
zukommen und resignierte.
    »Der Wagen wurde am Samstag nach
Büroschluß zurückgebracht«, sagte er mir. »Schlüssel und Papiere werden dann in
das Schließfach draußen eingeworfen, und wir buchen über die Kreditkarte ab.«
    »Kann ich die Papiere sehen?«
    Fry blickte auf seinen Schreibtisch und
verzog die Mundwinkel nach unten. »Hier irgendwo«, murmelte er und schob ein
paar Papierstapel hin und her. Dann hob er einen hoch und sah darunter, als
hoffte er, daß sich ihm ein paar helfende Hände entgegenstreckten. Nach einer
Weile wühlte er einen Aktendeckel mit einem angehefteten gelben Umschlag unter
dem Stapel hervor. »Aha, da haben wir ihn«, sagte er. »Der Wagen, nach dem Sie
fragen, wurde beschädigt abgeliefert.«
    »Was für ein Schaden?«
    Fry sah in den Umschlag. »Beule vom
rechts in der Karosserie und kaputter Scheinwerfer.« Er hielt ihn mir hin.
    Ich sah mir den Auftrag an. Danach
sollten alle Kosten über American Express abgerechnet werden, aber es war nicht
Hys Schrift. Hys Schrift wirkte wie gedruckt — ausgeprägt und ausladend. Diese
hier war fein und erinnerte mich an Hank Zahns fast unlesbares Gekritzel.
    Ich sah mir kurz den Vertrag und den
Abzug der Kreditkarte an. Er trug Hys Namen und den der Spaulding-Stiftung. Ich
zog mein Notizbuch aus der Tasche und schrieb mir die Nummer der Kreditkarte
und ihr Ablaufdatum auf. Dann gab ich Fry den Aktendeckel zurück. »Außerhalb
der Bürostunden hat hier niemand mehr Dienst?« fragte ich. »Auch kein Nachtwächter?«
    Er zeigte durch das Fenster auf den
Parkplatz. »Meine Dame, sieht unser Geschäft so blühend aus, daß wir uns einen
Nachtwächter leisten können?«
    Ein Punkt für ihn. »Steht der Wagen
noch hier?«
    »Ja. Er kommt erst morgen in die
Werkstatt.«
    »Kann ich ihn mir mal ansehen?«
    Frys Augen verengten sich. »Der Wagen
wurde doch nicht... etwa für ein Verbrechen benutzt?«
    »Nicht, daß ich wüßte. Ist reine
Routine.« Zumindest wünschte ich mir das.
    Er nickte. »Warum sollten Sie ihn sich
dann nicht ansehen? Standplatz 44, hinten am Zaun. Wurde seit der Rückgabe
nicht mehr bewegt. Sie müssen ihn selber suchen. Ich kann nicht aus dem Büro.«
    Ich ging hinaus und überquerte den
Platz. Der Cressida stand mit der Nase zum Zaun. Er war ziemlich zerbeult und
schmutzig. Ich fuhr mit der Hand über die beschädigte Stelle und hatte eine
feine schwarzgraue Staubschicht an den Fingern, wie von Asche. Ich ging auf die
andere Seite und setzte mich auf den Fahrersitz. Er war weit nach vorn gezogen.
Also mußte eine viel kleinere Person als Hy — sogar kleiner als ich — den Wagen
gefahren haben.
    Das Zittern, das mich schon beim
Anblick der festgezurrten Citabria auf dem Flugplatz überfallen hatte, war
wieder da. Fragen stürzten auf mich ein: Wie war es zu dem Schaden am Wagen
gekommen? Warum hatte Hy ihn nicht selbst zurückgebracht, und wer hatte es für
ihn getan? Ich fing gar nicht erst an, über mögliche Antworten nachzudenken,
sondern machte mich an eine systematische Untersuchung.
    Nichts im Handschuhfach außer der
Betriebsanleitung. Nichts im Aschenbecher. Im Fußraum des Beifahrers ein paar
leere Kaffeebecher aus Styropor. In der Ritze zwischen Sitzfläche und
Rückenlehne steckten ein paar Münzen. Neben dem Sitz war eine Straßenkarte zu
Boden geglitten. Ich griff danach und schlug sie auf.
    Es war eine Straßenkarte von der Gegend
südlich von San Jose, wo der Highway 101 durch die Counties Santa Clara und San
Benito nach Salinas führt. An der aufgefalteten Stelle war ein kleiner Bereich
mit rotem Filzstift eingekreist, und am Rand stand in Hys Handschrift:
»Ravenswood Road«.
    Ravenswood Road. Irgendwie kam mir das
bekannt vor. Wo gab es die noch...?
    Ich schloß die Augen und versuchte
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