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Wo niemand dich sieht

Titel: Wo niemand dich sieht
Autoren: Catherine Coulter
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und Molinas, der Scheißkerl, mit seinen Männern, die zwar Mut, aber keine Disziplin hatten.
    Wir hatten es überstanden. Komische Vorstellung, dass Touristen hier in einer Seilbahn über den Regenwald kutschiert wurden, in der Hand eine Dose eiskalte Cola, um den Hals einen Fotoapparat.
    Es war zu anstrengend, sich über den Rotorenlärm hinweg zu unterhalten, also saßen wir nur da und blickten auf den endlosen Regenwald hinunter, der uns sowohl Zuflucht als auch Gefängnis gewesen war.
    Die Notärztin berührte mich leicht an der Schulter. Ich beugte mich zu ihr. »Wir fliegen direkt nach San Jose!«, rief sie. »Die Senorita braucht die bestmögliche Versorgung.«
    »Wie lange bis dorthin?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Eine Stunde vielleicht.«
    Ich nahm Lauras Hand. Sie murmelte Unverständliches, war vollkommen weggetreten. Es wurde eine sehr lange Stunde.
    Ich hatte schon immer mal Costa Rica besuchen wollen, aber nicht auf diese Weise. Nach weiteren fünf Minuten setzte der Hubschrauber auf dem großen Parkplatz des Hospital San Juan de Dios auf.
    Wir wurden bereits von zwei Ärzten mit einer Trage erwartet. Das Letzte, was ich von Laura sah, war ihr langes Haar, das an der Seite der Trage herunterhing - zerzaust und feucht von den nassen Handtüchern, die man ihr auf die Stirn gelegt hatte. Wunderschönes Haar, dachte ich. Mann, ich war verliebt. Sie hätte eine Glatze haben können, und ich hätte den Glanz bewundert.
    Die Notärztin wandte sich lächelnd zu mir um. »Kommen Sie in den dritten Stock, sobald man Sie untersucht hat. Sie liegt dann dort auf der Chirurgie.«
    Sherlock nahm meinen Arm und führte mich in die Notaufnahme. »Wir haben’s geschafft«, flüsterte sie. »Mach dir keine Sorgen, Mac. Laura wird schon wieder.«
    Eine Stunde später hatte man uns untersucht und ein wenig gesäubert, aber Savich und ich sahen mit unseren
    Bärten noch immer aus wie zwei Wilde. Dazu die stockdreckigen und zerrissenen Klamotten, am Hals und auf den Handrücken überall rote, geschwollene Insektenstiche. Was Sherlock betraf, die sah aus wie die Waise Annie vor ihrem Karrieredurchbruch. Das rote Haar stand ihr wild vom Kopf ab, das Gesicht leichenblass, wo es nicht dreckverschmiert war, die Kleidung schlammverkrustet und steif. Ich beugte mich zu ihr hinunter und küsste sie auf die Wange. Sie schmeckte nach Mückensalbe.
    Aber wenigstens sahen wir wieder menschlich aus, ein bisschen zumindest. Ein guter Anfang.
    Ich rief Lauras Chef, Richard Atherton von der DEA an. Savich sorgte für eine Konferenzschaltung zwischen uns, seinem Boss, Jimmy Maitland, und Carl Bardolino, meinem Chef. Wir erzählten haarklein, was passiert war. Das nahm eine gute Stunde in Anspruch, dazwischen immer wieder gepfefferte Flüche von Atherton. Wir beschlossen, die Botschaft zu informieren, sowie uns an die örtliche Polizeibehörde zwecks Personenschutz zu wenden. Alle wollten mit einer Schar Agenten anrücken. Der Konsens lautete, dass niemand es wagen durfte, einfach vier Bundesagenten zu kidnappen und außer Landes zu schaffen. Man wollte einen Sturm auf das Barackenlager vorbereiten, zusammen mit dem hiesigen Militär. In Edgerton wimmelte es bereits von Agenten, die auf der Suche nach uns das ganze Städtchen auf den Kopf stellten. Ich musste an meine Schwester denken. Ich machte mir große Sorgen um sie.
    Nebenbei hörte ich zu, wie Sherlock und Savich bei seinen Eltern anriefen und auf ihr Söhnchen einredeten.
    Dr. Manual Salinas kam zu uns ins Wartezimmer und erklärte in nur leicht gebrochenem Englisch: »Sie haben Ihre Sache sehr gut gemacht. Zwei Tage im Regenwald,
    mit einer Schusswunde in der Schulter, ich muss sagen, es hat mich erstaunt, dass Miss Bellamy überlebt hat. Sie haben sich sehr gut um sie gekümmert. Wir haben die Wunde geöffnet und gereinigt. Zum Glück war die Entzündung nur oberflächlich. Außerdem konnten wir sie zunähen. Sie wird sich wieder erholen. Im Moment steht sie noch unter Medikamenten. Sie können sie in etwa einer Stunde sehen.« Er schüttelte mir die Hand. »Sie haben sie wirklich ausgezeichnet versorgt, Sie alle. Ich möchte sie noch zwei, drei Tage hier behalten, nur um sicherzugehen. Danach können Sie meinetwegen in die Staaten zurückfliegen.«
    Ich hätte ihn küssen können.
    Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass es Laura den Umständen entsprechend gut ging, verließ ich zusammen mit Sherlock und Savich das Krankenhaus, um ein paar neue Sachen zum Anziehen zu
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