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Wo die letzten Menschen hausen

Wo die letzten Menschen hausen

Titel: Wo die letzten Menschen hausen
Autoren: Robert Chilson
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Gewänder.
    Trebor blieb stehen, ohne Lust, seine Rangbezeichnungen zu wiederholen. Sie starrten ihn einen Augenblick an, dann drängte sich ein kleiner, vertrockneter alter Mann aus der Menge.
    »Ich bin Ozzyman, der Wahrsager. Das ist wahrhaftig Trebor, Sohn jenes Sirrom, der von den Pramantinern des Kults vom Aufbruch ermordet worden ist.«
    Trebor unterdrückte ein Zucken angesichts dieses unerwarteten Wissens.
    »Und das, guter Herr, ist Viani, Prinzessin-Tochter Vions, des ehemaligen Kanzlers beim Thron von Witstanda.«
    Die Menge trat auseinander, um den Blick auf ein schlankes, schwarzhaariges Mädchen freizugeben, das nicht unschön war. Trebor warf einen Blick auf sie, dann sah er die Adligen von Linl-lallal ungeduldig an.
    »Tochter? Ehemaliger Kanzler? Was bedeutet das? Ich bin hergekommen, um Verbündete zu suchen – und habe Versprechen von Wert anzubieten, so niedergeschlagen ich sein mag. Wo ist Vion?«
    Es blieb einen Augenblick still, dann ergriff das Mädchen sofort das Kommando.
    »Ahem. Wißt, o Trebor« – er runzelte über die Unterstellung der Ranggleichheit gereizt die Stirn –, »daß Vion Vater, Kanzler und Prinz, von den Orden unseres wahnsinnigen Königs Witloss des Vierten von Gute Laune grausam niedergemacht worden ist – mögen seine Zähne schmerzen!«
    »Aus welchem Grund?« knurrte Trebor, in die Mittelsprache verfallend – es war ihm unmöglich, ein Mädchen anzuerkennen, als Gleichgestellte anzuerkennen, noch dazu eines, das, den Verwünschungen nach, gerade erst aus dem Lyzeum gekommen war.
    »Dafür, daß er den Vorbeugern von Amballa zutiefst verpflichtet war, was Seine Possen-Majestät – oder seine nicht so possenhaften Berater, meines Vaters Feinde, befürchten ließ, seine Treue könne ins Schwanken geraten.«
    Vianis Stimme klang ruhig, und sie behielt die Hochsprache ohne ein Zucken ihrer Miene bei. Trebors Einschätzung ihrer Person stieg unbewußt. Er lachte bitter und sagte in der Hochsprache: »Vielleicht doch kein so wahnsinniger König.«
    Einer der Adligen warf einen kurzen Blick auf Viani und sagte: »Laßt das nicht auf die von Vorbeugern gemachten Versprechungen wirken, guter Herr. Denn noch lebt Vions Partei, und seine Versprechungen gelten. Wir unternehmen es, Euch mit Männern und Geld zu unterstützen, und tut Ihr dasselbe, wenn Ihr Euer Erbe angetreten habt.«
    »Wieviel Geld, wie viele Leute kann eine Partei ohne Kopf aufbringen? Wie lange, bevor Ihr bei Euren Versuchen, beides zu beschaffen, alle ins Exil geschickt seid?« erwiderte Trebor rauh, Enttäuschung wie Messing im Mund. »Ferner, was wird meine Hilfe Euch nützen? Denn in Linllallal kann keine Frau, und sei sie noch so hoch von Rang, Autorität erlangen. Wie könnt Ihr dann hoffen, mich zu entschädigen? Nein, nein, Ihr müßt mit einer anderen Partei um Euren Thron zusammengehen.«
    »Wir haben diese Dinge bedacht, guter Herr«, sagte der Adlige ungeduldig. Er zögerte und versuchte seine Sprache zu mäßigen. »Die Lösung ist die Einfachheit selbst, wenngleich nur die Macht Eurer Lordschaft sie ermöglicht …« Aber seine Entschlossenheit erlahmte, und seine Stimme folgte nach. Er warf einen Seitenblick auf Ozzyman.
    Der Wahrsager war nicht von Gute Laune. Ein Wanderer, der viele Jahre im Hochland verbracht hatte, hieß es, fastend und meditierend, ein Mann ohne Rasse; er war durch Amballa gekommen und hatte Trebors Vater viele gute Ratschläge erteilt, die alle nutzlos gewesen waren.
    Der vertrocknete kleine Mann räusperte sich.
    »Bedenkt, meine Herren und Meister, die Zustände von Amballa und Linllallal. In dem einen Land haben wir eine Oligarchie hervorragender Kaufleute, in die beiden Parteien der Vorbeuger und Murrtonier gespalten, zu seiner Verwirrung und Unordnung. Im anderen haben wir einen irren König, dessen Launen diese Neigungen zu Parteienbildung und Auflösung, wie sie allen Thronen eigen sind, noch verstärken. Was beide Nationen am dringendsten brauchen, ist eine starke, zentrale Autorität, um Parteien und Cliquen zurechtzuweisen und alle Wege und Straßen neu zu ordnen, innerlich wie äußerlich.
    Und solche Autorität war in beiden Nationen tatsächlich im Entstehen: Vion und seine Gruppe in Linllallal, und Sirrom der Träger, Panarch von Amballa und Kommandeur der Vorbeuger.« .
    Trebor bewegte sich unruhig.
    »Sosehr ich diese Erinnerung auch ehre, mein Vater Sirrom trug den Beinamen zu Recht; gewiß hat er kein Fundament für starke Autorität errichtet, mit
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