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Wittgensteins Mätresse: Roman (German Edition)

Wittgensteins Mätresse: Roman (German Edition)

Titel: Wittgensteins Mätresse: Roman (German Edition)
Autoren: David Markson
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vorher, als ich sagte, ich hätte eine Botschaft auf der Straße hinterlassen, die lautete, jemand lebt in der National Gallery.
    Wo ich in London gelebt habe, war die Tate Gallery, wo so viele Gemälde von Joseph Mallord William Turner sind.
    Ich bin recht sicher, dass ich in der Tate gelebt habe.
    Dafür gibt es ebenfalls eine Erklärung. Die Erklärung ist, dass man von dort aus den Fluss sehen kann.
    Beim Alleinleben neigt man dazu, den Blick aufs Wasser zu bevorzugen.
    Ich habe immer auch Turner bewundert, allerdings. Tatsächlich könnten seine eigenen Wasserbilder wohl ihren Teil zu meiner Entscheidung beigetragen haben.
    Einmal hat Turner sich selbst für mehrere Stunden an einem Schiffsmast festgebunden, während eines wütenden Sturms, so dass er später den Sturm malen konnte.
    Offensichtlich war es nicht der Sturm selbst, den Turner zu malen beabsichtigte. Was er zu malen beabsichtigte, war eine Darstellung des Sturms.
    Die Sprache ist in dieser Hinsicht häufig ungenau, habe ich festgestellt.
    In Wirklichkeit erinnert mich die Geschichte des an den Mast gebundenen Turner an etwas, selbst wenn ich mich nicht daran erinnere, woran es mich erinnert.
    Es scheint, dass ich mich auch nicht erinnere, welche Art Feuer ich in der Tate hatte.
    Im Rijksmuseum, in Amsterdam, nahm ich Rembrandts Nachtwache aus seinem Rahmen, als ich mich dort warm hielt. Übrigens.
    Ich bin recht sicher, dass ich beabsichtigte, um diese Zeit herum auch nach Madrid zu gehen, weil dort ein Gemälde im Prado ist, Rogier van der Weydens Kreuzabnahme , das ich wiedersehen wollte. Aber aus irgendeinem Grund stieg ich in Bordeaux in ein Auto um, das zurück in die andere Richtung wies.
    Dann wiederum hatte ich vielleicht wirklich die spanische Grenze überquert und war bis nach Pamplona gefahren.
    Nun, oft habe ich unvorhergesehene Dinge getan in jenen Tagen, wie ich schon gesagt habe. Einmal habe ich, oben auf der Spanischen Treppe in Rom, nur deshalb, weil ich an einen Volkswagenbus voll davon geraten war, aberhund erte von Tennisbällen einen nach dem anderen hinunterspringen lassen, auf jede mögliche Weise.
    Wobei ich beobachtete, wie sie auf winzige Unregelmäßigkeiten oder ausgetretene Stellen im Stein stießen und die Richtung wechselten, oder schätzte, wie weit jeder von ihnen über die Piazza unten kommen würde.
    Mehrere sprangen schräg hinüber und trafen das Haus, wo John Keats gestorben ist.
    Es gibt eine Gedenktafel am Haus, die feststellt, dass dort John Keats gestorben ist.
    Die Gedenktafel ist auf Italienisch. Giovanni Keats nennt sie ihn.
    Der Name des Flusses bei Hisarlik ist Skamander, erinnere ich jetzt.
    Bei Homer, in der Ilias , wird er als ein mächtiger Fluss bezeichnet.
    Nun, vielleicht war er das, früher einmal. Viele Dinge können sich ändern, in dreitausend Jahren.
    Aber dennoch, als ich eines Abends auf den ausgegrabenen Mauern oberhalb vom Fluss saß und zur Meerenge hinüberschaute, war ich fast sicher, man könne noch immer die entlang der Küste angezündeten griechischen Wachtfeuer sehen.
    Nun, wie ich gesagt habe, vielleicht habe ich mich das nicht wirklich denken lassen.
    Dennoch, bestimmte Dinge sind harmlos genug zu denken.
    Am nächsten Morgen, als die Morgenröte erschien, war ich recht zufrieden, sie mir als rosenfingrige Morgenröte vorzustellen, beispielsweise. Selbst wenn der Himmel trübe gewesen ist.
    Inzwischen habe ich mir gerade Zeit genommen, meine Eingeweide zu entleeren. Ich gehe dafür nicht zu den Dünen, sondern zum Ozean selbst hinunter, wo die Flut einläuft.
    Als ich ging, machte ich zuerst halt im Wald neben dem Haus, um einige Blätter mitzunehmen.
    Und nachher ging ich Wasser holen von meiner Quelle, die sich vielleicht ein paar hundert Schritte den Pfad entlang in der anderen Richtung wie der Strand befindet.
    Ich habe auch einen Bach. Selbst wenn er kaum die Themse ist.
    In die Tate habe ich mein Wasser vom Fluss gebracht, allerdings. Man kann so etwas jetzt seit längerem tun.
    Nun, man konnte aus dem Arno trinken, in Florenz, schon damals, als ich in den Uffizien lebte. Oder aus der Seine, als ich einen Krug vom Louvre den Kai hinuntertrug.
    Am Anfang trank ich ausschließlich Wasser in Flaschen. Natürlich.
    Am Anfang hatte ich auch eine Ausrüstung. Wie Generatoren, zum Betreiben elektrischer Heizgeräte.
    Wasser und Wärme waren das Wesentliche. Selbstverständlich.
    Ich erinnere mich nicht, was zuerst kam, die Geschicklichkeit im Umgang mit Feuer, und damit das
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