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Wirrnis des Herzens

Titel: Wirrnis des Herzens
Autoren: Catherine Coulter
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Beecham die Hand aus. Seine Finger berührten etwas Festes, etwas Warmes, etwas, das sich irgendwie zu bewegen schien.
    »Helen«, sagte er leise, »ich habe etwas gefunden, das nicht hierher gehört, etwas, das anders ist als alles, was wir bisher in unserem Leben gesehen haben.« Unglaublich langsam und vorsichtig legte Lord Beecham seine Hände um den geheimnisvollen Gegenstand und zog ihn hervor.
    Es war eine schmutzige, alte Öllampe.
    Wortlos starrten Lord Beecham und Helen die Lampe an. Dann riss Helen einen Streifen Stoff von ihrem Unterrock ab und reichte ihn Lord Beecham, der vorsichtig begann, die Lampe damit zu polieren. Wenige Minuten später hatte er das zerbeulte Gold sauber gerieben. Die Lampe war sehr klein, nicht größer als eine Männerhand. Aber sie war unglaublich schwer. Lord Beecham reichte sie seiner Frau.
    Schützend legte Helen ihre Hände um die Lampe. »Die Wunderlampe«, sagte sie mit Tränen in den Augen. »Ich kann nicht glauben, dass sie die ganze Zeit über hier war. Warum bloß lag sie nicht in dem eisernen Kästchen?«
    »Vielleicht als zusätzlicher Schutz für den Fall, dass jemand wie du das Kästchen entdeckt. Es scheint wohl tatsächlich die Lampe zu sein, die König Edward von dem Ritter des Templerordens bekommen hat.«
    »Vielleicht ist die Lampe ja sogar ursprünglich in dem eisernen Kästchen gewesen und hat sich dann aus eigener Kraft weiter in den Fels bewegt. Die Wunderlampe, ja, sie ist es, und sie ist ganz warm. Sie hat etwas Lebendiges, etwas, das ich nicht verstehe. Aber irgendjemanden muss es doch geben, der das versteht.«
    »Die Lampe war in der Finsternis versteckt ...«, sagte Lord Beecham, »... tief im Fels. Vielleicht aus Sicherheitsgründen, vielleicht aber auch, und das klingt in meinen Ohren am wahrscheinlichsten, um sie für immer zu begraben.« Es drängte ihn, alles rückgängig zu machen, diese verfluchte Lampe und alles andere, das nicht von dieser Welt war und auch nicht hierher gehörte, zu vergessen. Dieses Ding, das spürte er, barg mehr Kraft in sich, als gesund war.
    »Sie ist nicht real, Helen.«
    Helen strich über das Metall. Sie setzte sich auf den Boden und hielt die Lampe an eine der Kerzen, die sie mitgebracht hatten. Vorsichtig versuchte sie, den kleinen zwiebelförmigen Deckel zu öffnen. Er ließ sich nicht bewegen. Es sah aus, als sei die Lampe massiv, obwohl um den Deckel herum eine schmale schmutzige Naht zu sehen war. »Was meinst du damit, dass sie nicht real ist?«
    »Ich weiß es selbst nicht. Es ist nur so eine Art Eingebung. Wo sollen wir jetzt mit ihr hin?«
    Ohne zu zögern sagte Helen: »Erinnerst du dich noch daran, dass König Edward sie seiner todkranken Frau in die Arme gelegt hat? Dass sie überlebt hat? Ich will wissen, ob die Lampe auch Mrs. Freelady helfen kann. Gestern noch habe ich sie besucht. Sie liegt im Sterben.«
    Lord Beecham hielt das für keine gute Idee, aber es war Helens Lampe und somit allein ihre Entscheidung. Mrs. Freelady verbrachte die Nacht mit der Lampe im Arm. Lord und Lady Beecham wachten im Nebenraum. Als sie früh am nächsten Morgen nach der alten Dame sahen, war sie gestorben.
    Helen sagte kein Wort. Sie nahm die Lampe und fuhr damit zurück nach Shugborough Hall. Das Gerücht, Lady und Lord Beecham hätten die Wunderlampe gefunden, verbreitete sich.
    Kurze Zeit später versuchten drei Männer, die Lampe mitten in der Nacht zu stehlen. Lord Beecham erwachte, da Flock aus vollem Halse schrie. Es gelang ihm, einem der Männer in den Arm zu schießen, aber die anderen zwei kamen ungeschoren davon.
    Im flackernden Licht einer Kerze betrachtete Lord Beecham die Lampe. Alt und zerbeult stand sie auf dem Kaminsims. Sie wirkte völlig harmlos. Er zog eine Grimasse und ging zurück in sein Bett.
    Die Lampe hatte weder geleuchtet noch pulsiert, seit sie sie gefunden hatten. Sie war auch nicht verschwunden, um dann wieder zu erscheinen. Nichts an ihr war merkwürdig. Lord Beecham fing langsam an zu glauben, dass Helen und er sich das pulsierende Schimmern nur eingebildet hatten. Das hier war doch nichts als eine alte Lampe. Wenn sie jemals magische Kräfte gehabt haben sollte, dann war dieser Zauber schon lange verflogen.
    Zwei Tage später versuchte eine alte Frau, die Lampe zu stehlen. Lord Prith setzte sie wieder vor die Tür, aber sie hörte nicht auf zu schreien, dass die Lampe böse sei und zerstört werden müsse.
    So viele Jahre, dachte Helen. So viele Jahre hatte sie nach der Lampe gesucht
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