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014 - Der Tod über Paris

014 - Der Tod über Paris

Titel: 014 - Der Tod über Paris
Autoren: Michael J. Parrish
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»Rasch!«, raunte Pran seiner Begleiterin zu und zog sie in den Schutz eines Strauchs, dessen magere Äste spitze Dornen trugen.
    Die beiden jungen Menschen kümmerten sich nicht darum - ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem grauen Himmel, der sich über ihnen erstreckte, und dem milchigen Nebel, aus dem sich jederzeit das Grauen auf sie herab senken konnte.
    »Ob er weiß, dass wir hier sind?« Felias Stimme klang matt und belegt. Die junge Frau mit dem etwas verwahrlosten dunklen Haar trug eine schlichte Tunika, über die mehrere Schichten zerlumpter Kleidung geworfen worden waren, um die Kälte des Morgens fernzuhalten. Ein Gürtel hielt das Ganze um ihre schlanken Hüften zusammen; ihr Schuhwerk bestand aus Lederstreifen, die grob zusammen gebunden waren.
    »Ich weiß es nicht«, gab Pran zurück, während er immer wieder nervös zum Himmel blickte. »Man sagt, er kann durch den Nebel sehen…«
    »Lass uns umkehren«, bat Felia. »Ich habe kein gutes Gefühl, Pran.«
    Der junge Mann, der ähnlich gekleidet war wie sie, warf seiner Schwester einen strafenden Blick zu.
    »Du weißt, dass wir nicht zu unserem Vergnügen her sind. Es muss sein, wenn wir nicht verhungern wollen. Das Los hat uns getroffen, also müssen wir die Sache zu Ende bringen.«
    Felia schluckte hart und nickte. Sie wusste, dass ihr Bruder Recht hatte - wenngleich sie sich gewünscht hätte, diesen Ort verlassen zu können und nie wieder zurück zu kehren.
    »Da drüben«, zischte Pran ihr zu. »Siehst du?«
    Die junge Frau blickte in die Richtung, in die ihr Bruder wies, und sah die halbrunde Erhebung, die ein Stück von ihnen entfernt aus der dunklen Erde ragte.
    »Ich sehe sie«, gab Felia flüsternd zurück. »Es ist eine ziemlich große.«
    »Die holen wir uns«, schlug Pran vor.
    »Umso schneller sind wir wieder zu Hause. Einverstanden?«
    Die junge Frau nickte, ergriff furchtsam die Hand ihres Bruders.
    »Keine Angst, Schwesterchen - es wird schon nichts passieren. Bist du bereit?«
    Felia nickte noch einmal. »Dann los«, raunte Pran ihr zu - und gemeinsam setzten die beiden aus ihrem Versteck und rannten in gebückter Haltung auf das Gebilde zu, das sich in einiger Entfernung aus dem Boden erhob.
    Darüber wucherte ein schlingpflanzenartiges Gebilde, das so ziemlich das Einzige war, was auf diesem Acker zu gedeihen schien.
    Während Pran noch den leeren Sack von der Schulter nahm, machte sich Felia bereits daran, die Tofane auszugraben, die vor ihr im Boden lag.
    Es war eine gewaltige Frucht, die gewiss eineinhalb Ellen Durchmesser besaß. Unter ihrer rauen schmutzigen Schale verbarg sich gelblich-weißes Fruchtfleisch, das weich wurde, wenn es gekocht wurde, und viele hungrige Mäuler stopfen würde. Eine Tofane von dieser Größe reichte aus, um die ganze Sippe für mehrere Tage satt zu machen. Wenn es Pran und Felia gelang, sie nach Hause zu bringen, würde man sie wie Helden feiern…
    Hastig arbeiteten die Geschwister daran, die Tofane aus dem Boden zu buddeln. Man musste sich vorsehen dabei, denn die Erde war durchsetzt von giftigen Mudd-Würmern, deren Stich heftige Schmerzen verursachte. Und man musste weiter den Himmel im Auge behalten, aus dem noch viel größere Gefahr drohte…
    Gehetzt blickte Pran sich um. Auf dem freien Feld waren sie völlig ungeschützt, leichte Opfer. Der junge Mann konnte nur hoffen, dass ihre schmutzigbraunen Kleider sie den Blicken des Avtar entziehen würden - wenngleich seine Hoffnung nicht sehr groß war…
    »Los, schneller«, trieb er seine Schwester an. »Grab schneller, Felia! Wir haben nicht viel Zeit…!«
    Die junge Frau forcierte ihre Bemühungen, die riesenhafte Frucht auszugraben. Dabei riss sie sich die Finger an der rauen Schale der Tofane blutig. Sie spürte den Schmerz, doch sie scherte sich nicht darum und grub weiter, während sie immer wieder angstvolle Blicke zum Himmel warf.
    Dann endlich war es soweit. Die Tofane lag frei. Pran packte die Frucht und stemmte sie hoch, steckte sie in den Sack. Gerade als er sich den prall gefüllten Beutel auf den Rücken laden wollte, erklang jenes Geräusch, vor dem seine Schwester und er sich die ganze Zeit über gefürchtet hatten.
    Es war ein mächtiges Rauschen, das die Luft erfüllte und sich rasch näherte.
    Von einem Augenblick zum anderen schien der Nebel dichter zu werden, und es wurde noch dunkler als zuvor.
    Im nächsten Moment erklang ein Kreischen, so schrecklich und durchdringend, dass keiner menschlichen Kehle entstammen
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