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Wir zwei sind Du und Ich

Wir zwei sind Du und Ich

Titel: Wir zwei sind Du und Ich
Autoren: Diana Raufelder
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der Krawatte und dem Büro in der Uni. Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen und die Dinge ungeschehen machen. Ich dachte damals, dass es so am besten ist. Dass es besser ist für dich, Ben zu vergessen. Dass du schon neue Freunde finden wirst. Du hast mich eines Besseren belehrt. Auf schmerzhafte Art und Weise. Entschuldige, dass ich glaubte, es besser zu wissen. Meinst du, ihr könnt mir noch eine Chance geben? Gibst du deinem Vater noch eine Chance? Wollen wir zusammen noch mal neu anfangen? Was meinst Du?
    Papa
     
    Ri schluckt. Langsam und leise liest sie den Brief noch ein weiteres Mal.
    Ben guckt ihr dabei über die Schulter und liest mit.
    „Was meinst du?“, fragt Ri.
    Ben umfasst ihre Schulern und sagt: „Jeder Mensch verdient eine zweite Chance.“
    Ri nickt.
    „Das hätte Lola auch gesagt.“
    Das vertraute Klingeln der Türglocke durchbricht die Stille.
    „Bestimmt Belinda zum Lernen!“, ruft Ri und eilt zur Haustür.
    „Seid ihr bereit?“, fragt Belinda fröhlich, als sie in den Flur tritt.
    „Dass du mich mal mit so einem Satz begrüßen würdest...“, sagt Ri lachend.
    „Ich bin eben auch für allerhand Überraschungen gut“, sagt Belinda und grinst.
    Sie bläst eine große Kaugummiblase, setzt sich an den Tisch und schlägt ihre Bücher auf. Ri und Ben setzen sich dazu und wieder vergeht ein Nachmittag mit Lernen und der Vorfreude auf die anschließende Probe.
    Selbst Micha, der wieder zurück aus Heidelberg ist, findet Ris Stimme wunderbar.
    Für den Wettberwerb haben sie sich für „Sisters of Mercy“ entschieden und Belinda hat daraus irgendwie einen coolen Rocksong gemacht. Wenn sie Ri mit der E-Gitarre begleitet und Ri so richtig ins Mikro rockt, klingt es fast wie aus einem richtigen Musikvideo. Micha und Ben sind hin und weg.
    „Das ist so fett!“, hatte Micha gesagt und gleich eine digitale Aufnahme gemacht, die er all seinen Freunden vorspielte. Auch die sind von Ris Stimme begeistert.
    „Deine Stimme ist weich und hart zu gleich. Wie Marlene Dietrich. Echt besonders!“, hatte Michas Freund Daniel gesagt. Da ist Ri ganz rot geworden.
    Wenn sie ganz alleine in der Wohnung sind, dann singt Ri manchmal nur für Ben. Beim Kochen, beim Wäsche waschen, durch die Badezimmertür, während Ben versucht zu lernen. Ri nervt ihn so lange, bis Ben anfängt mitzusingen. Manchmal denken sie sich auch einfach nur Texte aus oder führen Gespräche, indem sie singen, anstatt zu reden. Einmal haben sie sich so laut zugesungen, dass die Nachbarn von unten kamen und sich über den Lärm beschwerten. Während Ben sich höflich entschuldigte und versprochen hat, von jetzt an nur noch leise zu singen, hat Ri sich in Bens Zimmer versteckt, weil sie so lachen muss.
    Als Ben ins Zimmer kam, guckten sich beide für einen Augenblick an und prusteten dann los.
    „So ein Quatsch“, lachte Ri. „Leise singen!“
    Ben hielt sich den Bauch, der vom vielen Lachen schon so wehtat. Aber sie konnten einfach nicht mehr aufhören. Zusammen kugelten sie sich auf dem Bett und schnappten nach Luft.
    „Ich kann nicht mehr“, stöhnte Ri.
    „Ich auch nicht.“
    „Wann hast du das letzte Mal so gelacht?“, fragte Ri.
    „Mit dir und Lola. Als die Welt noch bunt war.“

Lampenfieber
    Am Abend des Wettbewerbes hat es sich Belinda zur Aufgabe gemacht, Klamotten für Ri auszusuchen. Als sich Ri dann nach einer gefühlten Ewigkeit mit Minirock und Punkstrumpfhose im Spiegel sieht, erkennt sie sich im ersten Moment gar nicht wieder. „Wow!“, ist alles, was sie hervorbringt. Sie kann einfach nicht glauben, dass sie das coole Girl ist, das ihr aus dem Spiegel entgegenblickt.
    „Nicht schlecht!“, sagt Belinda und grinst.
    Hinter der Bühne herrscht aufgeregtes Gedrängel. Ri zieht sich in eine dunkle Ecke neben der Bühne zurück, um ganz für sich allein zu sein. Auch wenn alle anderen grenzenlos begeistert sind, Ri ist es noch nicht. Zweifel überkommen sie Nacht für Nacht. Manchmal liegt sie stundenlang wach und schaut Ben zu, wie er selig neben ihr schläft. Ist das wirklich mein Leben? Wie kann es sich plötzlich so schön anfühlen?
    Jetzt steht Ri in ihrer Ecke, überblickt ganz unbemerkt das Getümmel und kaut dabei auf ihren schwarz lackierten Fingernägeln. Nie hätte sie gedacht, dass Lampenfieber so schlimm ist. Als hätte sie in eine Steckdose gefasst und würde jetzt unter Strom stehen. Ihre Knie zittern und in der Magengegend fühlt es sich an, als würde man auf eine zerquetschte
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