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Wir vom Brunnenplatz

Wir vom Brunnenplatz

Titel: Wir vom Brunnenplatz
Autoren: Christine Fehér
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mit und hat gute Laune. Kommen Sie, nehmen Sie sich eine Bockwurst. Darf ich etwas Senf dazureichen?«
    Schon hatte die Meckerliese einen Pappteller mit einer Bockwurst, einer Scheibe Weißbrot und einem Klacks Senf in der Hand. Ein wenig grummelte sie noch vor sich hin, doch dann drückte Papa ihr auch noch eine Flasche Bier in die andere Hand und prostete ihr zu. Da konnte sie nichts mehr sagen. Genau wie alle anderen Leute biss sie von ihrer Wurst ab, aber man konnte an ihren Augen sehen, dass sie überlegte, ob sie nicht doch noch schimpfen sollte.
    »Ja, wen haben wir denn da?«, tönte plötzlich eine tiefe Stimme von der anderen Seite des Delfinbrunnens her. »Die Brunhilde! Wer hätte das gedacht!«
    Ich erkannte die Stimme gleich und schon tauchte der Kopf des Hausmeisters unter einer der Girlanden auf. Er humpelte auf die Meckerliese zu.
    »Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht gesehen!«, rief er. »Wollen wir nicht ein Tänzchen miteinander wagen?«
    Ich traute meinen Ohren nicht, aber Kerim schaltete sofort und winkte seinen Bruder Attila heran. Der kramte in einem Pappkarton voller CDs und wenig später schallte alte Schlagermusik über den ganzen Brunnenplatz. Die Meckerliese strahlte den Hausmeister an und schien so glücklich zu sein, dass sie nicht merkte, wie ihr die Wurst vom Pappteller rutschte. Diese Sekunde nutzte Hammer. Er sprang so schnell auf sie zu, dass Celina ihn nicht mehr festhalten konnte, schnappte sich die Wurst und rannte auf seinen kurzen Beinen zu dem Gittertor, in dem Benni ein paar Tage zuvor stecken geblieben war. Er passte ganz leicht zwischen zwei Stäben hindurch und verschlang auf der anderen Seite genüsslich seine Beute.
    »Das ist doch wohl die Höhe!«, japste die Meckerliese, »dieser verflixte Köter!«
    Aber der Hausmeister legte seinen Arm um ihre Taille und fing an, mit ihr zu tanzen, so gut er das mit seinem Humpelbein konnte. Ein paar von den anderen Erwachsenen machten es ihnen nach, bis Attila von den Schlagern genug hatte und Popmusik einlegte. Da haben dann mehr wir Kinder getanzt und sogar ein paar Jugendliche und unsere Eltern.
    Inzwischen war der ganze Brunnenplatz voller Menschen und immer wieder stellte irgendjemand etwas zu essen oder zu trinken auf den Tisch. Wir feierten noch, als es dunkel wurde. Mit den Lichtern aus den Häusern ringsum und den Laternen auf dem Brunnenplatz sah alles noch schöner aus. Ich dachte gerade, dass ich noch nie so eine tolle Party erlebt hatte, da tippte mich Emma von der Seite an.
    »Guck mal, Olli«, sagte sie. »Da ist Frau Nitschmann.«
    Sie deutete auf eine alte Frau, die auf einer der Bänke saß. Zu ihren Füßen hatten sich ein paar Spatzen niedergelassen und pickten nach den Brotkrümeln, die sie ihnen hinwarf. Eilig alarmierte ich die anderen Kinder und zusammen gingen wir zu ihr.
    »Ist Piep auch dabei?«, fragte Benni, nachdem wir Frau Nitschmann begrüßt hatten.
    »Ich glaube schon«, sagte sie. »Ich habe ihn vorgestern freilassen können, aber bis nach Afrika ist er bestimmt noch nicht geflogen.«
    »Mal sehen, ob er seinen Namen noch kennt«, sagte Benni. »Piep, komm mal her, Piep! Piep, Piep, Piep!«
    »Du bist ja selber ein kleiner Spatz«, lachte Frau Nitschmann, und Benni hockte sich auch gleich vor sie hin und öffnete seinen Mund wie ein Vogelbaby den Schnabel. Frau Nitschmann warf ihm ein Stückchen Weißbrot hinein.
    »Was für eine schöne Feier«, sagte sie dann. »So etwas hat es hier in all den Jahren noch nicht gegeben, solange ich am Brunnenplatz wohne.«
    »Wie lange wohnen Sie denn schon hier?«, wollte Celina wissen. Frau Nitschmann legte ihren Kopf schief und überlegte.
    »Vierundvierzig Jahre«, sagte sie dann. »Da waren die Hochhäuser gerade neu gebaut worden und jeder, der hier eine billige Wohnung kriegen konnte, hat sich gefreut wie sonst was. Ich brauche nur die Augen zu schließen, dann rieche ich wieder die frische Farbe im Treppenhaus. Obwohl es schon so lange her ist.«
    »Vierundvierzig Jahre«, wiederholte ich. »So lange will ich auch am Brunnenplatz wohnen. Oder sogar noch länger.«
    »Ich auch«, sagten Emma und Rima und meine anderen Freunde wie aus einem Munde. Wir legten alle unsere Hände aufeinander und schworen, nie wieder hier wegzuziehen. Am lautesten schwor Freddie.
    »Wenn man will, kann man es sich überall schön machen«, sagte Frau Nitschmann. Genau wie Papa es gesagt hatte, bevor wir hergezogen waren. »Aber ich glaube, jetzt müsst ihr euren Eltern
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