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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten
Autoren: Carl Hanser Verlag
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nicht«, sagte er. Und Franzi wollte ihm so gerne glauben.
    Doch während sie dem rauschenden Regen lauschte und Hennes in seiner Box aufstampfen hörte, wurde ihr etwas anderes plötzlich klar: Sie hatte seit drei Monaten ihre Regel nicht gehabt. Hatte es bei ihrem Warten auf Paul kaum beachtet. Jetzt betrachtete sie ihre Brust. Die Brustwarzen standen steil, waren größer, waren verändert. Sie strich über ihren Bauch. Konnte es sein, dass sie schwanger war? Ihr wurde heiß und kalt, als der Gedanke sie überfiel. Was sollte aus ihr werden mit Kind?
    Über Tag strich sie um ihre Tante herum, wollte sie darauf ansprechen, tat es dann doch nicht. Und was sollte die Tante schon sagen? »Ein Kind kriegen wir auch noch groß.« Oder »Siehst du, ich hab es dir doch gesagt, halte dich von dem fern.« Davor hatte sie Angst.
    Doch sie hätte auch so gerne eine Vertraute gehabt. Sie versuchte es noch einmal. Gerade als sie den Mund aufmachen wollte, kam Lagusch. Und der sollte es bestimmt nicht erfahren.
    Als Franzi dann die Kleine mit dem Hinkefuß herumhüpfen sah, strahlte sie: Die Gärtnerei war ideal für ein Kind. Sie würde alles schaffen. Nur musste sie es noch der Tante sagen.
    Und dabei spürte sie, dass ein neues Gefühl in ihr aufstieg, eine zaghafte Freude, wie sie sie schon lange nicht mehr empfunden hatte. Sie zog Pauls Decke fester um sich, kuschelte sich ganz in seine Wärme ein. Und während sie dabei dem regelmäßigen Klopfen des Regens lauschte, wurde sie ruhig und lächelte. »Ihr Paul« war jetzt ganz nah. Und er wärmte sie und ihr Kind. Da gingen die Tage schon leichter, da sang sie auch wieder ein Lied.
    Doch an anderen Tagen weinte sie, vermisste Paul, dem sie so gerne von seinem Kind erzählt hätte und der nicht kam. Sie schrieb in ihr Kopfkissenbuch: »Paul, bitte komm endlich.« Sie erzählte ihm darin von ihrem Kind. Und sie weinte, wenn sie daran dachte, dass ihr Kind vielleicht ohne seinen Vater aufwachsen müsste. Sie weinte aber vor allem um Paul.
    Doch sie spürte auch, dass sie wieder stark wurde. Mit ihrem Kind. Langsam kehrte die Zuversicht zurück. Auch wenn Paul nicht wiederkäme, für ihn und für ihr gemeinsames Kind würde sie alles schaffen.
    Und so begann sie, abends in Pauls Kammer ihrem Kind Geschichten zu erzählen, auch ihre Lieblingsgeschichte, die Paul ihr wohl hundertmal erzählt hatte: seine Geschichte von den zwei Juden im Gefängnis.
    Der eine schlief meistens. Fragte ihn der andere, warum.
    »Um Kraft zu sammeln, die werde ich brauchen.«
    »Aber hast du gar keine Angst?«
    »Nein, die Zeit der Angst ist vorbei. Jetzt beginnt die Zeit der Hoffnung.«
    Sie sagte sich diese Sätze, Pauls Sätze, immer wieder laut vor.
    Dabei wurde ihr klar: Die Hoffnung war ein irrwitziges Ding. Zwar war sie sich inzwischen immer sicherer, dass sie Paul nie wiedersehen würde. Doch immer wenn alles zusammenzubrechen drohte, stieg diese kleine, trotzige Hoffnung auf und konnte sehr groß werden und stark.

    WAS
    WILLST
    DENN du hier? Hast dich wohl verirrt.« Mit diesen Worten begrüßte ihn ein Bauer, der auf dem Weg vom Holzschober zum Wohnhaus war. Der Mann trug eine Arbeitsjoppe und Holzschuhe und sah Bastian offen an.
    »Hab mir den Fuß verstaucht«, war alles, was Bastian herausbekam.
    »Komm mit rein«, sagte der Bauer und ging vor ihm her.
    Seltsamerweise war Bastian nicht misstrauisch, auch nicht, als die Bäuerin, eine stämmige, dunkelhaarige Frau, ihm eine warme Suppe hinstellte und ihn fragend anschaute.
    »Stärk dich erst mal.« Sie zwinkerte ihm zu.
    Bastian fühlte sich wohl in dieser warmen Küche, an dem langen Tisch unter dem Kreuz, das über der Eckbank hing. Das Flackern des Kaminfeuers ließ die Schatten an der holzverkleideten Wand tanzen.
    Die Bäuerin zog seinen Stiefel vom Fuß. Bastian ächzte.
    »Muss hochgelegt werden. Aber erst mal badest du, Junge«, sagte sie und rümpfte die Nase. Bastian dachte an seine Mutter, wie sie ihm und auch Paul immer warmes Wasser hingestellt hatte. Und er konnte in Ruhe zusehen, wie die Bäuerin und ihr Mann die Zinkwanne in die Küche stellten, warmes Wasser vom Herd einfüllten und ihn hineinsteigen ließen.
    Doch dabei meldete sich wieder sein Herzklopfen: Er war zu leichtsinnig, er müsste vorsichtiger sein.
    Aber das warme Wasser tat gut. Bastian streckte sich, rubbelte seine Zehen. Er schaute die Frau an.
    Sie lächelte zurück. »Bist ja völlig abgemagert, Junge. Kein Wunder in einer solchen Zeit.« Sie schrubbte
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