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Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten

Titel: Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife - ein Tatsachen-Thriller über die Edelweißpiraten
Autoren: Carl Hanser Verlag
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und klatschte seine Hand gegen Bastians und beide zwinkerten sich zu. Denn morgen befuhr wieder der erste Zug ihre Strecke. Morgen wollten sie springen.
    Doch am nächsten Tag, als der Zug fuhr, standen sie noch vor den Baracken zum Strafappell.
    »Morgen«, sagte Alfons wieder und seine Augen blitzten Bastian an.
    Aber der nächste Zug fuhr unerwartet schnell, sodass sie nicht aufspringen konnten.
    »Morgen«, sagte Alfons wieder.
    Als sie dann erfuhren, dass sie nur noch einen Tag am Bahndamm arbeiten sollten, schlug Alfons besonders kräftig in Bastians Hand und sagte mit noch größerer Zuversicht: »Morgen.« Ja, morgen würden sie wirklich springen. Und da sie es sich hundertmal vorgestellt hatten, wussten sie genau, wie es ablaufen würde.
    Der Zug kam und sie sprangen. Bastian bekam gerade noch den Griff zu fassen, umklammerte ihn mit aller Kraft, schaffte es, sich hochzuziehen, mit der Wade auf einem Trittbrett. Er blickte vor, sah Alfons in der gleichen Stellung. Schüsse krachten, sie konnten nicht in Deckung gehen. Aber die Kugeln trafen nicht, da sie gerade um eine Kurve fuhren.
    Stinkender Dampf hüllte sie ein. Sie fuhren durch ein Waldgebiet, und Alfons schrie: »Springen!«
    Bastian schlug hart auf, Schmerz durchfuhr ihn. Die aufgeschürften Arme kümmerten ihn nicht, aber sein Knöchel machte ihm heftig zu schaffen. Der Zug fuhr ohne sie weiter.
    Bastian konnte nicht auftreten, keinen Schritt tun.
    »Halt dich an mir fest«, sagte Alfons, nahm ihn auf seinen breiten Rücken und lief mit ihm in den Wald hinein. Erst als sie einen schmaleren Weg und dichtes Unterholz erreichten, hielt er an.
    Bastians Knöchel war angeschwollen und der stechende Schmerz ließ nicht nach. Alfons trug ihn, aber er wurde langsamer.
    »So schaffen wir es nicht«, sagte Bastian. »Die werden uns ab heute Abend suchen. Spätestens beim Appell merken sie es. Sieh zu, dass du wegkommst.«
    »So oder gar nicht«, sagte Alfons mit fester Stimme und schlang sich Bastians Arme wieder um den Hals.
    Bastian wurde mehr geschleift als getragen, aber sie kamen voran. Gegen Abend erreichten sie eine Hütte. Es gelang ihnen, das Schloss zu knacken. Sie fanden Waldarbeiterkleidung, Gummistiefel für beide und sogar Wasser zum Trinken.
    Wie gerne hätten sie sich hingelegt und ein einziges Mal ausgestreckt. Aber Alfons schüttelte den Kopf: »Jetzt noch nicht. Wir sind noch zu nah am Lager. Hoffentlich schicken die nicht ihre Spürhunde.«
    Sie liefen weiter. Der Schmerz in Bastians Knöchel pochte noch immer.
    Erst nach drei Tagen konnte Bastian wieder einigermaßen auftreten. Er humpelte, so schnell er konnte, von Alfons gestützt. Sein Atem keuchte. Immer erst wenn sie in der Dunkelheit nichts mehr erkennen konnten, suchten sie nach einem Schlafplatz. Sie krochen in ein Fichtendickicht, dort waren sie vor Verfolgern einigermaßen geschützt. Die Kälte drang ihnen in alle Glieder, trotzdem fielen sie todmüde in einen kurzen Schlaf. Sie wärmten sich gegenseitig.
    Als der Morgen dämmerte, liefen sie weiter.
    »Wartet jemand auf dich?«, fragte Alfons.
    Bastian erzählte von seinem Plan, in das Allgäu zu gelangen.
    Es war ihnen klar, dass sie sich einzeln besser durchschlagen konnten. Doch solange Bastian allein nicht gut laufen konnte, blieb Alfons bei ihm.
    Als sie in die Nähe eines kleinen Bauerngehöfts kamen, trennten sie sich dann doch.
    »Versuch du hier dein Glück«, sagte Alfons, »ich muss Liesel und meine drei Kinder finden. Ich muss ein Stück zurück, Richtung Südosten.«
    Alfons’ Zuhause war in Österreich. Bastian musste sich eher nach Westen halten.
    Sie umarmten sich zum Abschied und Bastian sah Alfons lange und mit Tränen in den Augen nach.

    WEIHNACHTEN
    WAR
    VORBEI, das traurigste Weihnachten in Franzis Leben. Für sie kam die Hoffnung nicht zurück, als die Tage länger wurden.
    An den Abenden ging sie in Pauls Kammer beim Pferdestall, wickelte sich in seine Wolldecke und kuschelte sich in seinen Stuhl.
    Fatz war wieder aufgetaucht und hatte ihr von dem Abend am Ehrenfelder Bahnhof erzählt. Er war ganz sicher, dass Paul Ziegen erschossen hatte, auch wenn er es nicht mit eigenen Augen gesehen hatte. Immer und immer wieder musste er Franzi erzählen, was Paul gesagt hatte, wie er auf ihn gewirkt hatte. Fatz war auch sicher, dass sie Paul nicht erwischt hatten. Aber mehr wusste er nicht.
    »Der taucht irgendwann wieder auf. Verlass dich drauf. Der lässt dich doch nicht im Stich. Dich nicht und Hennes auch
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