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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Peter?«
    »Ja.«
    »Das ist gut.« Er schellte und bestellte bei der hereinschauenden Schwester starken Kaffee.
    Dann saßen sie bis gegen Mittag am Bett des Kindes. Wortlos. Nur ihre Hände hielten sich fest, als wollten sie sich aneinanderklammern, festklammern in ihrer Not und Hoffnung …
    Der kleine Peter schlief weiter. Einmal drehte er sich auf die Seite, ohne aufzuwachen, und murmelte ein paar Worte, die man nicht verstehen konnte.
    »Wann bist du zurückgekommen?« fragte sie leise.
    »Voriges Jahr. Ich fuhr für ein paar Tage nach Erlangen …«
    »Nach Erlangen?« Sie sah ihn ungläubig an. »Was wolltest du denn ausgerechnet in Erlangen?«
    »Einen Mann suchen!« Er winkte ab. »Das ist eine lange Geschichte, Angela. Ich muß sie dir erzählen, wenn Peter gesund ist und wir lange Abende Zeit haben, die Abenteuer des verlorenen Peter Perthes anzuhören. Ich könnte auch beginnen: Es war einmal … Es war auch ein Märchen, ein Lebensmärchen, das sich nun der Erfüllung zuneigt …«
    »Ich weiß es.« Angela Bender lächelte leicht. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und blickte hinaus auf die langen Regenfäden, die trommelnd die Fenster hinunterliefen.
    Bleigrau hing der Himmel über München. »Da geht ein Mann in den Urwald hinaus und rettet mit einem neuen Serum einen bösen Indianerhäuptling. Monatelang lebt er unter den Wilden, streift durch die Wälder, die noch kein Mensch betreten hat, er wird zum ›Weißen Zauberer‹, den alle Wilden gläubig verehren. Da wird er plötzlich von einer ›Schwarzen Witwe‹, der berüchtigten Giftspinne, gebissen und ist selbst todkrank …«
    »Angela!« Peter wollte aufspringen, aber sie hielt ihn fest. Mit der rechten Hand verschloß sie seinen Mund und erzählte weiter:
    »Mit dem gleichen Serum rettete sein Freund, Dr. Cartogeno, sein Leben, aber die Beine blieben gelähmt. Das Leben des großen weißen Urwalddoktors schien vernichtet. Auf Krücken humpelte er durch den Wald. Er wurde lebensmüde. Da schrieb Dr. Cartogeno in seiner Not nach Deutschland. Er schrieb auch an eine gewisse Angela Bender …«
    »Fernando? Er hat an dich geschrieben?«
    »Pst! Ich erzähle ein Märchen.«
    Sie drückte ihn wieder auf den Stuhl zurück. »Wenn man ein Märchen hört, muß man ganz still sein, sonst spürt man nicht den Zauber, der durch den Raum geht … Diese Angela Bender war in Erlangen, nachdem sie ihren Sohn geboren hatte. Sie arbeitete an der Klinik. Heimlich aber forschte sie nach einem Serum. In langen nächtlichen Versuchen fand sie es, schickte zehn Ampullen nach Zapuare, wurde dann sehr krank und zog nach München, um für sich und ihren Jungen ein neues Leben aufzubauen. Sie verwischte alle Spuren hinter sich, sie nahm dem Laboratoriumsdiener Benischek das Ehrenwort ab, nie zu verraten, wer da nachts in den Labors gearbeitet und geforscht hatte, und sie wollte auch nie mehr ihre alten Kölner Freunde wiedersehen … zuallerletzt einen gewissen Dr. Peter Perthes …«
    »Das ist doch alles ein Traum!« Peter fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. »Das kann doch nicht Wirklichkeit sein! Angela, du – das Serum – die zehn Ampullen – meine Rettung …«
    Er riß sie zu sich empor. Klein, schmächtig, aber mit leuchtenden Augen lag sie an seiner Brust. Sie nickte nur.
    »Ich habe dir also mein Leben, alle meine Erfolge zu verdanken, alles! Und ich? Ich verließ dich. Ich habe dich hintergangen, belogen, in der größten Not allein gelassen! Du hast dieses Kind geboren, du hast für es bis zum Zusammenbrechen gearbeitet … und ich …« Er schüttelte den Kopf. »Wie schuftig habe ich gehandelt … wie gemein!« Er drehte sich um und wollte zur Tür gehen.
    »Wohin willst du gehen?« fragte Angela, am Bett stehend.
    »Fort. Irgendwohin!«
    Er drückte die Türklinke herunter. »Leb wohl, Angela … Ich muß jetzt mit meiner Schuld allein sein.«
    »Und dein Kind?«
    Sie rührte sich nicht vom Bett des Jungen. »In ein paar Stunden werden die Reaktionen deines Serums auftreten. Willst du Peter damit allein lassen?«
    »Du rufst mich noch, Angela?«
    »Mein ganzes Leben war doch ein einziger Ruf nach dir, Peter. Du hast ihn nur nie gehört … Auch heute nicht, Peter?«
    Er drehte sich von der Tür ab und ließ die Klinke los. Langsam kam er zurück ans Bett, beugte sich über die Kissen und küßte den kleinen Peter auf die schweißnasse Stirn.
    Dann nahm er beinahe ehrfürchtig Angelas Hand und küßte auch sie.
    In der Gebärde lag
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