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Wir sehen uns in Paris

Wir sehen uns in Paris

Titel: Wir sehen uns in Paris
Autoren: Brigitte Kolloch Elisabeth Zöller
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einkaufen kann. Ich glaube, der Mann will einfach nur nach Hause. Morgen Abend geht sein Zug.«
    »Und das hat er dir alles erzählt? Einfach so?«
    »Ja. Er ist ganz nett. Heute Morgen hat er hier schon gefrühstückt. Er war beruflich in Berlin und jetzt will er sich die Stadt ansehen.«
    »O ja«, murmelt Hannah und zieht dabei die Wörter in die Länge. »Da haben wir es. Danke, Katie. Du hast mir sehr geholfen.« Sie steckt sich den Stift hinters Ohr und denkt nach.
    »Hannah«, sagt Katie und wischt mit einem Tuch ein paar Krümel vom Tisch, »manchmal machst du mir Angst.«
    Ein Stuhl schrappt über den Holzboden. Der Mann steht auf. Er schiebt sich die Brille zurecht und gräbt mit seiner dürren Hand in der Hosentasche. Während er mit einer eleganten Bewegung einen Geldschein unter die Tasse schiebt, flattern einige kleine weiße Zettel zu Boden. Geheime Adressen? Der Mann bemerkt es nicht. Und Hannah sagt ihm auch nichts. Sie wird die Zettel gleich untersuchen.
    Er geht ganz nah an ihrem Tisch vorbei. Fast streift er Hannahs Schulter.
    Soll sie ihn aufhalten, soll sie nicht?
    In diesem Moment sieht sie Isabella den schmalen Gartenweg hinauflaufen. Hannah hält den Atem an. Soll sie sie warnen? Ihr zuwinken? In ein paar Sekunden wird sich zeigen, ob der Außerirdische es auf die Familie Morgenstern abgesehen hat! Wird er sich auf Isabella stürzen und sie entführen?
    Hannah setzt zum Sprung an. Bereit, sich auf ihn zu werfen. Das wäre dann sein sicheres Ende.
    Doch nichts geschieht. Der dünne Mann lässt Isabella vorbeigehen. Er weicht ihr höflich aus und scheint sogar zu lächeln. Dann schlendert er ohne Hast davon. Die Hände hat er lässig in die Hosentaschen geschoben. Hannah seufzt einmal tief, fast enttäuscht, und schließt ihr Notizbuch. Nun muss sie sich den Rest der Geschichte eben selbst ausdenken. Typisch – richtigen Hollywoodstoff liefert einem das wahre Leben dann meistens doch nicht.

Isabella ringt nach Atem, als sie das Café betritt. Sie hat sich ganz schön abgehetzt und jetzt spürt sie ein eigenartiges Gefühl im Bauch, von dem sie nicht weiß, ob es gut oder schlecht ist. Vielleicht ist sie heute keine tolle Freundin. Nicht nur, weil sie sich so verspätet hat wie noch nie. Sondern auch, weil sie beschlossen hat, nach Paris zu fahren. Und dazu will sie keine guten Ratschläge hören – auch nicht von Hannah! Denn die wird bestimmt versuchen, ihr alles auszureden. Aber was ist schon dabei? Die Fahrkarte hat sie bereits. Die freundliche Dame im Reisebüro hat ihr das Ticket reserviert, weil das Geld, das sie bei sich hatte, nicht reichte. Morgen nach der Schule wird sie es abholen und mit ihren letzten Ersparnissen bezahlen.
    Der ICE fährt morgen Abend los. Als Isabella daran denkt, bekommt sie wildes Herzklopfen. Und da ist immer noch dieses mulmige Gefühl im Bauch. Ist Hannah sauer auf sie, weil sie so spät dran ist? Ahnt sie schon, dass etwas nicht stimmt? Nein, kein bisschen. Ihre Freundin lächelt ihr fröhlich entgegen. Zur Begrüßung gibt’s eine Umarmung, Küsschen links, Küsschen rechts. Das machen sie immer. Ein Ritual. So wie bei den Filmstars auf dem roten Teppich.
    Hannah schiebt Isabella fürsorglich den Kuchenteller hin und plaudert sofort drauflos, erzählt von einem merkwürdigen gespenstischen Mann. Bestimmt war es der Typ im schwarzen Anzug, der ihr gerade an der Tür entgegengekommen ist. Der sah echt gruselig aus.
    »Hier«, sagt Hannah und streicht über ihr Notizbuch, »alles notiert! Ich hatte ja Zeit genug, ihn zu beobachten, weil du mal wieder so superpünktlich bist. Warte, ich erzähl dir gleich alles.«
    Sie springt auf, läuft zu dem Tisch, an dem der Mann offenbar gesessen hat, und hebt ein paar kleine Zettel auf. Dann kommt sie damit stirnrunzelnd zu ihrem Platz zurück. Isabella reckt den Hals. Es sind Visitenkarten. Auf allen steht dasselbe: Kurt Hoffnung – Detektei für hoffnungslose Fälle, Hauptstraße 76, Saarbrücken. Auf der Rückseite prangt ein dicker Fingerabdruck, vergrößert durch eine altmodische Lupe. »Das glaub ich nicht«, sagt Hannah und stöhnt. »Ein Detektiv! Ein Detektiv mit giftgrünen Socken.«
    Sie klopft auf ihr Notizbuch und zwinkert Isabella zu. »Das wird ein Superfilm. Nur das Ende muss noch her. Und ich muss noch klären, wo genau Saarbrücken liegt. Wahrscheinlich am Rande des Universums.«
    »Quatsch!«, sagt Isabella und versucht ein Lächeln. »Saarbrücken liegt auf dem Weg nach Paris. Bin schon ein
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