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Wir sehen uns in Paris

Wir sehen uns in Paris

Titel: Wir sehen uns in Paris
Autoren: Brigitte Kolloch Elisabeth Zöller
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verfilmt zu werden.
    Hannah schreibt schnell, weil sie schnell denkt. Sie lässt nie einen Gedanken aus. Und sie beobachtet genau. Jedes Detail ist wichtig.
    »Berlin. Es ist ein brütend heißer Hochsommertag. Was macht der Mann im schwarzen Anzug in der dunkelsten Ecke des Cafés? Warum setzt er seinen Hut nicht ab? Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter. Der Mann starrt hinaus auf die Straße. Er lässt das Haus meiner besten Freundin Isabella Morgenstern nicht aus den Augen. Hat er es auf sie abgesehen? Ist er ein Außerirdischer auf geheimer Mission? Unter dem schwarzen Hut schimmert nackte Haut hervor. Er hat bestimmt keine Haare. Aliens haben nie Haare. Sie haben Wahnsinnsglatzen, mit Wülsten und kleinen Antennen. Der Mann ist groß und dünn. Der perfekte Sendemast.«
    Hannah schaut von ihrem Notizbuch auf und betrachtet den Mann noch einmal ganz genau. Jetzt rückt er auch noch seine verspiegelte Sonnenbrille auf der Nase zurecht. Das ist doch verrückt. Im Café ist es dämmrig! Völlig klar: Das ist eine Datenübertragungsbrille.
    Hannah seufzt und schreibt weiter: »Er sieht aus wie ein gut getarnter Außerirdischer, wie ein Kundschafter oder stiller Späher. Er scannt alles mit seinen Blicken. Oder hat er vergessen, wo er sein Raumschiff geparkt hat? Ist er verzweifelt? Ratlos? Vielleicht sogar hilflos?«
    Langsam wird eine Geschichte daraus. Aber sie hakt noch. Was jetzt fehlt, sind die Einfälle von Isabella. Gemeinsam sind sie richtig stark.
    Wo bleibt Isa nur? Hannah wird nun wirklich ungeduldig. Sie muss ihr unbedingt den gruseligen Mann zeigen und sie fragen, was sie von der Idee für die neue Story hält. So etwas eilt! Vielleicht sitzt er in ein paar Sekunden nicht mehr dort, springt auf oder löst sich in nichts auf.
    Hannah hebt die Speisekarte des Cafés vor ihr Gesicht. Alles nur zur Tarnung. Sie kann die Augen einfach nicht von dem Mann lassen.
    Nun winkt der Kerl Katie zu, die heute im Literaturcafé kellnert. Sie kommt zu seinem Tisch und der Mann flüstert etwas. Katie runzelt die Stirn und zuckt mit den Schultern. Dann scheint sie dem Fremden etwas zu erklären, dabei spricht sie aber so leise, dass Hannah sie nicht verstehen kann. Plötzlich lacht der Mann laut auf und Katie lacht mit. Dann schreibt sie etwas in ihren Notizblock, klemmt sich das Tablett unter den Arm und verschwindet hinaus in den Garten.
    Hannah bleibt allein mit dem Mann zurück. Es ist jetzt ganz still. Nur das gleichmäßige Surren des Deckenventilators ist zu hören. Wie bekommt sie jetzt nur mehr über diesen Typen heraus? Versteckt er vielleicht etwas unter dem Tisch? Eine Laserkanone … oder vielleicht auch einen Blindenhund? Das würde zumindest die Sache mit der Sonnenbrille erklären.
    Hannah legt die Speisekarte auf die glänzende Tischplatte und stupst mit den Fingerspitzen so lange dagegen, bis sie über den Tischrand rutscht und zu Boden segelt.
    »Uuups!«, sagt sie und tut überrascht.
    Den Mann mit den verspiegelten Gläsern auf der Nase interessiert das offenbar nicht die Bohne. Er starrt weiter auf die andere Straßenseite hinüber.
    Hannah bückt sich nach der Karte und wirft einen schnellen Blick unter den Tisch und zwischen den Stuhlbeinen hindurch zu dem geheimnisvollen Fremden.
    »Wow«, murmelt sie fasziniert. Der Mann trägt grüne Socken. Giftgrün. Das ist wirklich schräg. Sie setzt sich wieder hin, greift zum Stift und notiert: »Kein Blindenhund. Socken, giftgrün.«
    Da steht Katie plötzlich vor ihr. Sie serviert zwei Teller mit Kuchen und zwei Gläser Brause mit Waldmeistergeschmack.
    »Ich nehme an, Isabella kommt auch gleich.« Sie zwinkert Hannah zu und erwartet offenbar keine Antwort. »Ich habe in der Küche zufällig noch zwei verunglückte Stückchen Zitronenkuchen für euch gefunden.«
    Als sie sich zum Gehen wenden will, hält Hannah sie zurück. Laut sagt sie: »Super! Zitronenkuchen! Das ist mein absoluter Megalieblingskuchen!« Danach zischelt sie: »Kennst du den Mann da drüben? Ich habe ihn hier noch nie gesehen.« Hannahs Stift wackelt ungeduldig und erwartungsfroh zwischen ihren Fingern.
    Katie macht große Augen, dreht sich in seine Richtung.
    »Wieso?«, fragt sie. »Was soll mit dem sein?«
    »Was hat er dich gefragt? Was will er von dir?«, bohrt Hannah leise weiter nach. »Der ist doch unheimlich. Irgendwie macht er mir Angst.«
    »Jetzt mal langsam, Hannah. Er wollte nur wissen, wie er zu Fuß zum Bahnhof Zoo kommt und ob er hier in der Nähe etwas
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