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Wir schaffen es gemeinsam

Wir schaffen es gemeinsam

Titel: Wir schaffen es gemeinsam
Autoren: Berte Bratt
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vor mich hinflüsterte: „Lieber Gott, sei so gut und gib uns etwas zu essen.“
    Pfui Kuckuck, wie ist es widerwärtig, wenn man sich sentimental vorkommt.
    Es klopfte an die Tür.
    „Hallo – seid ihr zu Hause? Kann ich Tee bei euch trinken? Kuchen habe ich mit.“
    Es war Nini – Nini, die sich alle Jubeljahre mal im Atelier sehen ließ. Tee hatten wir, aber mehr auch nicht.
    „Ich wollte euch nur daran erinnern, daß morgen Kränzchen ist. Bei mir. Na ja, dachte ich mir’s doch, ihr habt das natürlich vergessen. Der Apfelkuchen ist für dich, Yvonne. Wibke, für dich hab ich ‘n Stück Napoleonschnitte mitgebracht. Nein, für mich ist das nichts. Ich esse höchstens so ein Stückchen mit Nuß. Ich mach zur Zeit eine Schlankheitskur durch. Acht Pfund soll ich abnehmen! Ach, wie ich euch beneide, daß ihr so schlank seid. Wie stellt ihr das bloß an?“
    Yvonne und ich tauschten keinen Blick. Nini wartete auch gar keine Antwort ab. Sie begann im Atelier herumzuschnüffeln.
    „Ich liebe so ‘ne Atelierluft, müßt ihr wissen – aber nein, das bist ja du, Wibke! Das ist aber wahnsinnig gut getroffen!“ Nini hatte sich vor die Staffelei gestellt. „Du, Yvonne, wieviel kostet so ein Porträt bei dir?“
    „Von siebenhundert Kronen an aufwärts. Weshalb fragst du?“
    „Könntest du mich dann nicht mal malen? Ich möchte es Mama zum Geburtstag schenken. Wenn du es so schnell fertigbringst. Das wäre in vierzehn Tagen.“
    Es entstand eine kurze Pause. Mein Herz schlug rasend. Ach lieber Gott, laß bloß jetzt Nini nicht was Dummes sagen. Lieber Gott, laß Yvonne diesen Auftrag bekommen. Lieber Gott…
    Nini aber sagte das Gescheiteste, was sie überhaupt hätte sagen können: „Nun bist du aber bei mir nicht zu teuer! Ich habe mich diesen Monat völlig verausgabt. Im Ernst, Yvonne, du läßt es mir doch für den Mindestpreis, nicht? Mehr als siebenhundert Kronen kann ich auf keinen Fall lockermachen dafür, das wirst du doch einsehen?“
    Ich weiß noch heute nicht, ob es damals bei Nini Diplomatie war oder ob sie wirklich bloß so daherredete, ohne nachzudenken. Aber genau das, was sie sagte, sicherte Yvonne eine Einnahme von siebenhundert Kronen. Jetzt war Yvonne die Gütige und Entgegenkommende und machte einen billigen Preis – während Nini die ganze Sache hätte kaputtmachen können, wenn sie das gesagt hätte, was in neunundneunzig von hundert Fällen gesagt worden wäre: „Du mußt mir natürlich den gleichen Preis berechnen wie allen andern – ich kann dir auch einen Vorschuß geben.“ Dann hätte Yvonne die ganze Bestellung abgelehnt, darauf wette ich meinen Kopf.
    Jetzt mischte ich mich ein und lachte.
    „Paß bloß auf, Yvonne! Nini will dich jetzt ausnützen – sag ich das nicht immer? Vor seinen Freunden soll man sich in erster Linie hüten. Du müßtest dir irgendeine Sicherheit geben lassen, daß Nini wirklich zahlt!“
    „Jetzt laßt den Unsinn. Es ist abgemacht, Nini. Ich mal dich für siebenhundert Kronen, und das Format wird angemessen sein. Wann kannst du für mich Modell sitzen?“
    Nini überlegte. Und erklärte darauf, daß sie gern am Flügel gemalt werden möchte. Ob Yvonne nicht morgen im Kränzchen eine Skizze machen könne? Oder, halt mal – Ninis Mutter sei morgen den ganzen Tag nicht da. Ob wir nicht zum Essen kommen wollten, dann könne Yvonne die Skizze machen, ehe sich die andern um sechs Uhr zum Kränzchen einfänden?
    „Doch, das können wir wohl einrichten“, sagte Yvonne so ruhig, als spiele eine Einladung zum Essen für sie nicht die geringste Rolle.
    Als Nini fort war, ließen wir unsere Blicke über den Kuchenteller wandern. Es waren noch zwei Stück Mürbekuchen da, ein Stück Sandtorte und eine Rumschnitte. Reichlich genug für den Rest des Tages, wenn wir morgen zum Essen eingeladen waren!
    „Die Miete ist also gesichert, wenn Nini bar bezahlt“, sagte Yvonne und holte tief Luft. Dann legte sie einen Teller über die Kuchenplatte und stellte sie in den Schrank.
    Am nächsten Abend, als wir vom Kränzchen nach Hause kamen und Licht machen wollten, stellten wir mit Betrübnis fest, daß kein Licht da war. Der Schein eines brennenden Zündholzes fiel auf die Plombe am Zähler. Die Hauswirtin mußte den Mann von den Stadtwerken hineingelassen haben.
    „Nun, dann war es also nicht zu umgehen“, sagte Yvonne. „Aber darauf kannst du Gift nehmen, die Rechnung wird morgen bezahlt – und wenn ich der Redakteurin der ,Dame von Heute’ die Daumenschrauben
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