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Wir schaffen es gemeinsam

Wir schaffen es gemeinsam

Titel: Wir schaffen es gemeinsam
Autoren: Berte Bratt
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Weingeistthermometers. Seine Worte ließen mich jetzt ganz klein werden. Ich stand auf.
    „Gut. Ich möchte Ihnen, solange Sie noch Mensch sind, nur sagen, daß ich morgen anfange zu arbeiten – und jetzt mache ich, daß ich wegkomme, ehe Sie wieder nur Arzt sind und es mir untersagen. Auf Wiedersehen!“
    In der Tür drehte ich mich ganz kurz um. Er lächelte von einem Ohr zum andern.
    In unserem Treppenhaus duftete es nach Kaffee. Nach wunderbarem, verlockendem Kaffee. Sollte es möglich sein… hatte Yvonne…
    Tatsächlich. Yvonne hatte… Der Wasserkessel summte, der Trichter stand auf der Kanne, und auf dem Tisch prangte eine große Platte mit Butterbroten. Mit Käse und Wurst und Sardinen belegt. Und eine Zehnerpackung Zigaretten lag da, und die Lampe neben der Couch glänzte und strahlte. Yvonne lächelte über das ganze Gesicht.
    „Der Elektrizitätsmann ist eben fort. Ich habe die Rechnung heute morgen bezahlt. Komm und iß.“
    Man brauchte mich nicht zu nötigen.
    „Jetzt erzähl mal!“
    „Es kommt von der ,Dame von Heute’. Zweihundert Kronen für die Titelseite. Eine ausgezeichnete Zeitschrift, nicht wahr? Die Redakteurin ist sympathisch. Ich habe mich lange mit ihr unterhalten. Hinterher ging ich noch in die Reklameabteilung hinüber. Vielleicht kriege ich Annoncen zum Illustrieren. Es kommt mal vor, daß die Kunden Vorschläge für die Bebilderung haben wollen. Und dann habe ich ihr die Kinderseite hingelegt – der Redakteurin. Sie wollte sie sich erst mal genauer ansehen, ich soll in ein paar Tagen Antwort kriegen.“
    Die Kinderserie war eine Zeichenserie, die unendlich lange herumgelegen hatte. Ich fand sie lustig. Sie eignete sich glänzend für kleine Kinder, die noch nicht lesen können, denn die Bilder waren so anschaulich, daß sich der Text erübrigte. Yvonne hatte sie angeboten wie saures Bier, aber überall zur Antwort bekommen, die Agenturen lieferten einem leider für solche Dinge fertige Matern, und das sei viel billiger.
    „Aber Yvonne, das ist ja glänzend! Freust du dich nicht?“
    „Doch, natürlich. Aber ich habe im Laufe der Zeit gelernt, daß man keine Freude auf Vorschuß nehmen darf. Man darf nichts glauben, ehe man nicht den unterschriebenen Vertrag in Händen hat oder den Scheck, am besten das Bargeld.“ Yvonne lächelte. „Schau her. Ich habe die letzte Nummer der Zeitschrift mitgebracht. Die, die morgen im Handel zu haben ist. Willst du sie dir ansehen, während ich aufwasche?“
    „Ich kann dir abtrocknen helfen.“
    „Nein, guck dir die Zeitschrift an. Ehrenwort – ich möchte am liebsten allein aufwaschen.“
    Nun wohl, ich schaute mir die Zeitschrift an. „Die Dame von Heute“ ist ja unsere allervornehmste Frauenzeitschrift. Das Papier ist dick und glatt wie Wachstuch, die Klischees sehen aus wie Spezialaufnahmen von einem Hoffotografen, der Inhalt ist so vornehm, daß einem die Puste ausgeht. Da sind Fotos und Interviews mit den Gemahlinnen von Generalkonsulen, Generaldirektoren und Gutsbesitzern, von irgendeiner unerhört berühmten Schauspielerin und selbstverständlich von Ministergattinnen und dergleichen mehr. Und dann bringt sie Strickvorlagen und ganz vernünftige Sachen, aber alles so unglaublich gediegen aufgemacht, daß man das Gefühl hat, plötzlich selber furchtbar vornehm zu sein, wenn man die Zeitschrift nur in der Hand hat.
    Na ja – ich überflog diagonal ein Interview mit einer Frau Minister Sowieso, erfuhr, daß ihr Liebling ein preisgekrönter Griffon sei – das Tier war abgebildet, ich vermute, es war ein Hund – daß es rohe Eidotter und Schabefleisch zu fressen bekam und daß es zu ihrem Kostüm aus bernsteinfarbenem Wollgeorgctte mit einem Besatz „Fliegender Hund“ paßte. Mir wurde ferner mitgeteilt, daß die Dame für den Skisport schwärme, daß sie leidenschaftlich gern Golf und Tennis spielte, daß ihr Boudoir mit handgestickten Louis-Seize-Möbeln eingerichtet sei und daß sie Chopin liebe. Dann war meine Kraft zu Ende, ich blätterte weiter bis zum „Praktischen Skipulli“ und arbeitete mich über „Einen bezaubernden Pfingsttisch“ und „Die Berufsfrau als Hausfrau -Aussprüche von einer Reihe bekannter, beruflich tätiger Hausfrauen“ – zum vierten Artikel der Serie „Jugendlicher Unternehmungsgeist“ durch.
    Ach ja, von dieser Serie hatte ich schon früher einige Artikel gelesen. Sie handelte von jungen Frauen in originellen Berufen. Ich schaute mir die Bilder an und bekam einen Schrecken. Gab es
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