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Wir kommen von der Presse

Wir kommen von der Presse

Titel: Wir kommen von der Presse
Autoren: Walter Gronemann
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tragbaren Kassettenrecorder besäße. »Könnten wir den brauchen?«
    »Und ob wir den Recorder brauchen können! Das macht die Sache nur noch echter!« Klaus war begeistert.
    »Wir müßten berühmte Leute interviewen. Filmstars oder so«, schlug Ute vor. »Solche Berichte liest bestimmt jeder gern.«
    Doch nach einigem Überlegen fielen ihnen nur zwei Berühmtheiten aus ihrer Stadt ein. Ute wußte von einer gefeierten Opernsängerin. Und Klaus war mal etwas von dem tüchtigen Mann zu Ohren gekommen, der die weithin bekannte Bärenbrauerei gegründet hatte. Doch leider waren beide schon vor ein paar Jahren gestorben. »Wenn wir schon keine berühmten Leute auftreiben können«, sagte Ute, »müssen wir eben einfach tüchtige nehmen. Die gibt’s bei uns bestimmt.«
    Klaus dachte nach. »Also, mein Vater zum Beispiel, der ist echt tüchtig. Der hat’s bis zum Werkmeister gebracht. Aber ich wüßte nicht, was man den so als Reporter fragen könnte.«
    Sie grübelten weiter. Doch erst kurz vor Utes Haustür kam ihnen der richtige Einfall. Sie wollten einfach mal ganz verschiedene Leute befragen: was sie für einen Beruf hatten, ob ihnen ihre Arbeit Spaß machte, wie sie ihre Freizeit verbrachten — so ähnlich, wie man es von manchen Quizsendungen im Fernsehen her kennt.
    Ja, so würden sie es machen. Und als sie sich vor Utes Haustür mit Handschlag verabschiedeten, waren sie beide rundherum zufrieden.
     

Glückbringer
     
    Am nächsten Nachmittag trafen sie sich an der Bushaltestelle Teichstraße, wie sie es am Morgen in der Schule verabredet hatten: Klaus mit seiner Kamera vor der Brust, Ute mit ihrem Recorder an einem ledernen Schulterriemen.
    »Mensch, bin ich aufgeregt!« gestand Ute. »Du nicht?«
    »Doch, ein bißchen schon«, gab Klaus zu. »Trotzdem — was wir uns vorgenommen haben, führen wir auch durch. Das wär’ ja Quatsch, wenn wir gleich am Anfang kneifen wollten.«
    Sie hatten nämlich verabredet, einfach den erstbesten Menschen anzusprechen, der sich an der Haltestelle blicken ließ. Denn wer hier auf den Bus warten mußte, hatte meistens Zeit. Und jemand, der Zeit hatte, würde ihre Fragen eher beantworten als jemand, der in großer Eile war.
    Der erste Mensch, der langsam auf die Haltestelle zuging, war eine etwas dickliche Dame mit Sonnenbrille. Klaus holte tief Luft, gab Ute einen sanften Rippenstoß und flüsterte: »Also los!«
    In diesem Augenblick nahm die Dame ihre Sonnenbrille ab, und Ute blieb wie angewurzelt stehen. »Das ist Frau Krüger aus unserer Straße!« raunte sie Klaus zu. »Nein, die nicht!«
    Der machte ein Gesicht, als ob er unmittelbar vor einem fürchterlichen Wutausbruch stünde. Er besann sich aber schnell und knurrte nur: »Okay, wenn du meinst.« Worauf Ute ärgerlich erwiderte: »Hatten wir nicht beschlossen, unsere Interviews erst einmal geheimzuhalten? Wenn Frau Krüger davon erfährt, weiß es morgen die ganze Nachbarschaft. Vor allem aber meine Eltern.« Inzwischen kam der Bus. Frau Krüger stieg als einziger Fahrgast ein. Verärgert schaute Klaus dem abfahrenden Bus nach.
    Da meinte Ute: »Nimm’s leicht! Frau Krüger hätte uns sowieso nicht viel erzählen können. Meine Mutter sagt immer, die kann bloß übers Essen quatschen und Tips geben, wie dicke Leute am besten abnehmen.«
    Kurz darauf näherte sich ein Schornsteinfeger auf einem Fahrrad. An der Haltestelle blieb er stehen, schob sein Rad an das Wartehäuschen und begann, das Hinterrad aufzupumpen.
    Ute warf Klaus einen aufmunternden Blick zu. »Den hauen wir an«, flüsterte sie.
    »Ausgerechnet einen Schornsteinfeger?« meinte Klaus etwas erstaunt.
    »Warum denn nicht? Also: frag du zuerst. Na, mach schon!« Klaus stemmte die Fäuste in die Hüften, damit er selbstbewußt wirkte, und ging auf den Mann zu. »Guten Tag«, sagte er. »Wir kommen von der Presse und möchten mal was fragen.«
    Der Schornsteinfeger hörte auf zu pumpen. »Von der Presse?« fragte er staunend. »So, so. Was wollt ihr denn wissen? Etwa, warum mein Hinterreifen platt ist?«
    »Nö, das wird unsere Leser wohl kaum interessieren«, meinte Klaus. »Aber vielleicht können Sie uns erzählen, was ein Schornsteinfeger so denkt, wenn er oben auf den Dächern arbeitet.«
    »Tja, was denkt man da?« Der schwarze Mann überlegte und lachte ein wenig verlegen, wahrscheinlich weil Ute ihm das Mikrofon ihres Recorders dicht vor den Mund hielt. »Hm, man denkt wohl, daß man heute noch ungefähr hundert Schornsteine fegen muß und die
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