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Wir kommen von der Presse

Wir kommen von der Presse

Titel: Wir kommen von der Presse
Autoren: Walter Gronemann
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an sich und ihre Arbeit denken, sind auch nur ganz gewöhnliche Menschen.«
     

Vor der Fabrik
     
    Zum Glück wurde Ute auch am nächsten Tag nicht mit dem Wagen von der Schule abgeholt. So konnte sie Klaus auf dem Heimweg in aller Ruhe erzählen, was ihr vorhin in der Zeichenstunde eingefallen war.
    »Wir hätten die beiden Türken gestern fragen sollen, wo sie arbeiten«, meinte sie. »Dann hätten wir sie mal besuchen und eine Direktreportage aus einer Fabrikhalle machen können. Ich glaub’ nicht, daß man da so ohne weiteres reinkommt, aber wenn man jemanden kennt, geht das vielleicht. Mich würde mal interessieren, wie es in einer solchen Halle aussieht. Ich kann mir darunter überhaupt nichts vorstellen!«
    »Ich schon«, sagte Klaus. »Mein Vater nimmt mich manchmal mit in die Autoreparaturwerkstatt, wo er Werkmeister ist. Das ist auch so eine riesige Halle.« Und dann fiel ihm noch ein, daß er kürzlich mit seinem Vater an einer Fabrik vorbeigekommen war, gerade zur Feierabendzeit. »Da kamen viele Arbeiter aus dem Fabriktor. Und manche von ihnen sahen wie Türken aus.«
    »Du, vielleicht arbeiten da zufällig auch die beiden von gestern!« rief Ute. »Auf die könnten wir uns ja ausreden, wenn wir nicht reingelassen werden. Wie findest du meine Idee? Nun sag schon!«
    »Einsame Spitze!« gab Klaus neidlos zu. »Du bist ein klasse Kumpel, Ute!«
     
    Die Fabrik lag in einem anderen Stadtteil, viel weiter entfernt, als Klaus es in Erinnerung hatte. Als sie schon eine Zeitlang gegangen waren, blieb Ute plötzlich beim Überqueren einer Straße mitten auf dem Zebrastreifen wie angewurzelt stehen.
    »Bist du verrückt?« fuhr Klaus sie an. »Du kannst dich doch nicht ausgerechnet hier ausruhen!« Er packte sie am Arm und zog sie auf den Gehsteig.
    »Mir war ja nur etwas Wichtiges eingefallen«, lenkte Ute ein. »Ich weiß jetzt nämlich, was wir unter die Bilder schreiben könnten, die du gestern geknipst hast. Unter das erste zum Beispiel: ,Hier sieht man einen Schornsteinfeger, der seinen Beruf verfehlt hat, weil er überhaupt nichts vom Glückbringen versteht’. Wie gefällt dir das?«
    »Klingt gut, finde ich«, sagte Klaus. »Und weiter?«
    »Unter das zweite Bild würde ich schreiben: ,Hier dagegen sieht man einen von zwei echten Glückbringern zusammen mit Leuten, die kurz zuvor noch ziemlich mutlos und verdrießlich waren’.«
    »Super! Klasse!« lobte Klaus. »So was war’ mir nie eingefallen. Also, ich glaube, als Reporter passen wir zwei wirklich prima zusammen. Allerdings sollten dir die guten Einfälle nicht immer mitten auf der Straße durch den Kopf schießen.«
    Ute schaltete ihren Recorder ein, sprach die beiden Bildtexte ins Mikrofon, damit sie sie nicht vergaß, und ging danach recht befriedigt neben Klaus weiter.
    Wenige Minuten später standen sie vor einer breiten Einfahrt. Darüber war ein großes Schild angebracht: »Maschinenfabrik Phönix — Haupteingang«.
    »Genau die Fabrik meine ich«, erklärte Klaus. »Komm, wir versuchen uns erst mal vorbeizuschleichen. Vielleicht klappt’s.«
    Gleich hinter der Einfahrt stand ein rotes Haus mit einem verglasten Vorbau. Hinter den blanken Scheiben saß ein Mann mit blauer Schirmmütze und blauer Uniformjacke: der Pförtner.
    Als Klaus und Ute an dem Glasbau wie selbstverständlich Vorbeigehen wollten, öffnete der Mann ein kleines, rundes Fenster. »He, ihr habt sie wohl nicht alle!« rief er. »Ihr könnt hier doch nicht einfach durchlatschen! Das wär’ ja noch schöner! Kommt gefälligst zu mir herein und sagt, was ihr wollt. Schließlich ist das ja nicht der Eingang zu einem Kinderspielplatz!«
    Ute und Klaus zuckten zusammen. Die Sache lief leider genauso, wie sie von Anfang an befürchtet hatten. Na schön, mußten sie’s eben mit ihrer Türkenstory versuchen. Sie gingen also zögernd in den Glasbau hinein, und Klaus erzählte dem Pförtner kurz, was sie hier angeblich wollten.
    Der Mann in der Uniform begann schallend zu lachen, als ob er in seinem ganzen Leben noch nichts Witzigeres gehört hätte. »Einfach mal jemanden besuchen? Und das hier im Betrieb während der Arbeitszeit? Obendrein auch noch unbekannte Türken? Also, da hab’ ich ja zwei höchst sonderbare Typen erwischt!«
    Klaus blickte den Pförtner unschuldig an. »Ich weiß gar nicht, warum Sie so lachen. Daß man jemanden besuchen will, ist doch ganz normal. Ich versteh’ echt nicht, was daran lächerlich sein soll.«
    »Bürschchen!« sagte der Pförtner
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