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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel
Autoren: Heinz Hendrix
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was ich nicht
verstand. Sie plapperte munter weiter. Ich wollte meine Ruhe haben und sagte
ihr, »no, Alemán«. Sie gab endlich Ruhe und ging. Wir beide zogen uns aus und
Helga sagte: »Heinz, schau einmal zu den beiden Alten, sie beobachten uns schon
die ganze Zeit beim Ausziehen.« Mich störte das nicht, sollten sie doch lauern.
Jeder Pilger schlief in der Nacht in seiner Unterwäsche und da gab es im
Dunkeln bestimmt nichts zu sehen. »Heinz, nun schau doch mal, du lachst dich
tot.« Ich drehte mich kurz um und bekam fast einen Lachanfall. Die Jüngere
hatte sich auf ihrem Bett aufgestützt und beobachtete uns. Die Ältere konnte
bestimmt nicht mehr gut sehen, sie hatte sich bis kurz vor meinem Bett
angeschlichen und beobachtete uns ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen.
»Komm Helga, lass diese Verrückten, ich möchte schlafen.« Ich zog mir meinen
Schlafsack über den Kopf und hatte meine Ruhe. Kurze Zeit später Helga erneut:
»Heinz schau mal die beiden Alten, was die eine tolle Nachtwäsche haben.« Ich
lauerte einmal kurz und bin ausgeplatzt. Sie hatten Nachthemden bis zum
Fußboden an. Bis heute hatten wir noch keinen Pilger mit Nachtwäsche erlebt. Es
war schon nach dreiundzwanzig Uhr, als wir endlich Ruhe bekamen. Es dauerte
keine fünf Minuten und Helga lag im tiefen Schlaf, ich benötigte da schon etwas
länger. Um 1:30 Uhr in der Nacht eine furchtbare Knallerei, die Verrückten
welche gestern geheiratet hatten, feierten noch immer. Danach war kaum noch an
Schlaf zu denken. Die Krönung bekamen wir um 4:15 Uhr. Nur meine Mitpilgerin
hatte sich in ihrer Nachtruhe nicht stören lassen. Wenn ich eine Kanone gehabt
hätte, dann hätte ich zurückgeschossen. Endlich gegen Morgen schlief ich ein.
Die Fortsetzung unserer Omas kam heute Morgen. Wir hatten bis um halb neun Uhr
geschlafen. Als erstes zog ich alle Vorhänge auf, das Wetter war sehr schön und
die Sonne schien. Alle Pilger hatten die Albergue schon verlassen, nur wir
beiden und unsere Omas waren noch da. Als ich die Vorhänge zurückzog, waren
beide sehr erschrocken. Die Schau des Aus- und Anziehens ging nun in
umgekehrter Reihenfolge weiter. Sie hatten ihre Bettwäsche über das obere Bett
als Sichtschutz gehangen, damit wir nichts sehen konnten. Es war fast wie Sex
im Altenheim! Wir gingen zur Küche und deckten unseren Frühstückstisch, heute
gab es für jeden ein Stück Thunfischkuchen und Kaffee. Leider hatten wir den
Kuchen gestern im Supermarkt gekauft, vom Bäcker wäre er schmackhafter gewesen.
Auch unsere Omas kamen, sie tranken nur eine Tasse Kaffee und schluckten dabei
viele Tabletten. Helga sprach sie an und wollte wissen, wie alt sie wären. Nach
vielem Fragen und Zuhilfenahme ihrer Hände erfuhr sie, das die Ältere 82 und
die Jüngere 79 Jahre alt wäre. Wir waren beide der Meinung, dass sie geistig
nicht mehr ganz auf der Höhe waren und das ist noch vornehm ausgedrückt. Auch
konnten sie nicht den Pilgerweg gegangen sein. Sie hatten beide ihr Gepäck in
einem Trolley und damit kann man den schlechten Pilgerweg nicht gehen. Wir
fuhren mit dem Bus in die Innenstadt, leider kamen wir zu spät für die
Pilgermesse um 12:00 Uhr. Die Kathedrale war bis auf den letzten Platz besetzt,
es gab noch nicht mal einen Stehplatz für uns. Wir setzten uns auf den Fußrand
eines Beichtstuhls und lauschten dem Einsingen der Nonne. »Komm Helga, lass uns
rausgehen, das hält mein Rücken hier die ganze Zeit nicht aus, morgen kommen
wir eine Stunde eher.« Wir konnten kaum noch die Kirche verlassen, so viele
Menschen drängten sich in ihr. Hunderte Pilger saßen auf dem Fußboden oder
standen dicht gedrängt. Wir setzten uns am Rand des Kathedralsplatzes und
schauten noch sehr lange dem Treiben zu. Der halbe Platz war noch immer mit
Zelten der protestierenden Studenten vollgestellt. Wer weiß, wie lange diese
noch gegen die Regierung protestieren. Ein direktes Programm für heute hatten
wir nicht, wir hatten heute viel Zeit für unsere letzten Einkäufe für die
Daheimgebliebenen. Ulli und Willi meldeten sich per SMS. Helgas Mutter rief an.
Sie wird uns mit Helgas Tochter Julia am Flughafen abholen. Wie oft hatten sie
in den zweieinhalb Monaten angerufen, oft jeden Tag. Da konnte man schon
neidisch werden! Meine Füße und mein Magen verlangten nach einer Abkühlung und
das Beste dafür war ein großes kühles Bier. Nun saßen wir hier in der
Fußgängerzone im Schatten, hatten unsere Getränke und saßen wie beim ZDF in der
ersten Reihe und
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