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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel
Autoren: Heinz Hendrix
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den Ort und waren etwas enttäuscht, es gab keine
Bar zum Einkehren. Zum Glück hatten wir genügend Verpflegung mit. Es war zehn
Uhr und wir hatten zehneinhalb Kilometer geschafft. Wenn es weiter so gut lief,
würden wir um 14:30 Uhr in Santiago sein. Nach zwanzig Minuten Pause gingen wir
weiter. Helga wollte bis zur nächsten Pause alleine gehen, der Weg war hier gut
ausgeschildert und sie konnte sich nicht verlaufen. Ich startete durch, der Weg
ging nun neben der Landstraße bergauf. Die Auszeichnung des Weges war nun in
grünen Pfeilen, diese hatten wir in den letzten Tagen schon öfters gesehen.
Leider stand darüber nichts im Pilgerführer und es war für uns oft verwirrend.
Man konnte merken, dass es nicht mehr weit bis Santiago war. Nach einer halben
Stunde kam ich durch den Weiler Ventosa. Hier war die Welt noch in Ordnung, es
roch so herrlich nach Landwirtschaft. Auf der Berghöhe Alto do Vento gab es ein
Restaurant, aber es war geschlossen. Noch zwei Berge lagen vor uns, dann hatten
wir unser Ziel erreicht. Ein Pilgerpärchen kam mir entgegen, wir begrüßten uns
freundlich. Bergab kam ich nach einer halben Stunde nach Quintas. Es folgten
einige kleine Weiler auf meinem Weg. Nach fünfeinhalb Stunden erreichte ich auf
der letzten Höhe Sarela do Baixo. Hier musste ich auf meine Pilgerpartnerin
warten. Es war ein Uhr und von hier aus hatten wir einen sehr schönen Blick auf
die Kathedrale, der richtige Platz für unsere Mittagspause. Kurze Zeit später
kam Helga und erfreute sich auch an dieser schönen Aussicht. Bei unserem Weg nach
Muxia hatten wir keine Zeit verschwendet, um einmal zurück zu blicken, so war
uns dieser Anblick hier entgangen. Wir fielen wieder in unsere Träume und
malten uns die beiden letzten Tage in Santiago aufs Schönste aus. Unser
Mittagessen war nicht berauschend. Es gab trockenes Stangenbrot mit fettiger
Salami und eingelegten Muscheln aus der Dose. »Helga, was soll ich heute
kochen, wenn wir in der Stadt einen Kilometer weiter gehen, kommen wir an
unseren Supermarkt vorbei, direkt davor ist die Bushaltestelle, es gibt nur
diese Möglichkeit zum Einkaufen.« »Am besten du kochst noch einmal Spaghetti
Bolognese, da werden wir noch einmal richtig satt.« Wir beendeten unsere
Mittagspause im Grünen und unser Weg führte bergan an einigen verfallenen
Häusern vorbei, weiter durch eine Parkanlage. Wir erreichten den Stadtrand von
Santiago. Nach einer halben Stunde standen wir wieder vor der Kathedrale. Es
war doch später geworden als wir gedacht hatten und wir gingen weiter durch die
Stadt Richtung Supermarkt. Alles kam uns so vertraut vor, als wären wir schon
oft hier gewesen. Erst um fünfzehn Uhr kamen wir an unseren Día-Supermarkt an
und kauften zwei große Plastiktüten voll ein. Wir standen noch nicht ganz an
der Haltestelle, als unser Bus kam und uns zu unserer Albergue San Lazaro fuhr.
Wie waren wir überrascht, eine uns unbekannte Frau an der Rezeption
anzutreffen. Sie kannte uns nicht und sie sprach auch kein Englisch. Wir hatten
trotzdem Glück und bekamen zwei Betten für drei Nächte. Nach vielem Reden hatte
sie verstanden, dass wir ein Teil unseres Gepäcks hier zurückgelassen hatten.
Wir gingen mit ihr zu dem Aufbewahrungsraum, zeigten ihr unseren Sack und
durften ihn mitnehmen. Ihre Kollegin hatte den Sack weggeschlossen und wir
hatten nichts Schriftliches von ihr bekommen. Wir hatten nun Zeit für unsere
Körperpflege, danach wuschen wir alle schmutzige Wäsche. Bis morgen Früh sollte
sie trocken sein und wir konnten ohne Pilgergeruch zur Kathedrale fahren. Zwei
Flaschen Wein hatten wir gekauft, eine fürs Abendessen und eine wollte ich beim
Schreiben genießen. Für beide zusammen hatten wir 1,98 Euro bezahlt. Ich
überlegte, wer bei diesem Preis noch etwas daran verdienen würde. Wir waren
froh wieder hier zu sein, alles war sehr großzügig. Eine sehr große Küche,
daneben ein großer Aufenthaltsbereich mit Fernseher und Musikanlage. Vier große
Schlafräume. In unserem waren nur unsere beiden Betten belegt. Ich schrieb
meinen Bericht und nun ging es ans Kochen. Leider wurden wir von einer Pilgerin
aus dem Schwabenland aufgehalten, sie hatte uns schon eine ganze Zeit
beobachtet. Sie sprach uns freundlich an und setzte sich zu uns. Sie war eine
so... vornehme Erscheinung. In León war sie gestartet und war heute hier
angekommen. Sie erzählte ohne Unterlass. Eine große Schüssel Salat hatte sie
sich hergerichtet. Sie war so vornehm, dass sie mit vollen
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