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Winterzauber

Winterzauber

Titel: Winterzauber
Autoren: Mathilda Grace
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Zwillinge sein, Jano.“
    Janosch fluchte und setzte sich ebenfalls auf. „Sein Name ist Wynn und er ist vierzig Jahre alt. Er sieht nur auf den ersten Blick aus wie Gabriel und das wüsstest du, wenn du nicht vor ihm weggerannt wärst. Er ist viel ernster als Gabe jemals war, aber vor allem ist er älter. Kein dreißigjähriger Trotzkopf, der tagelang kein Wort mit dir geredet hat, nur weil du dein Buch fertigmachen wolltest, statt auf dieses Konzert zu gehen.“
    Mir blieb vor Überraschung der Mund offenstehen.
    Janosch schaltete eine Nachttischlampe ein und sah mich finster an. „Du bist mein Bruder und ich liebe dich über alles, aber hör' bitte endlich auf, Gabe mit diesen Scheuklappen zu sehen, Logan. Er war nicht perfekt, okay? Ihr habt verdammt gut zusammengepasst, ja, und er hat dich genauso geliebt wie du ihn, aber du stellst ihn seit seinem Tod auf einen Sockel, den er nicht verdient hat, und an dem kein anderer Mann auch nur die geringste Chance hat vorbeizukommen. Willst du etwa als Eremit enden? Ist das dein Lebensziel? Gabe nachweinen, bis du alt und grau bist?“
    „Wie kannst du es wagen...?“
    „Ich hätte es schon längst wagen sollen“, fuhr Janosch mir über den Mund und stand auf, um dann stinkwütend auf mich hinunterzusehen. „Gabe war ein dickköpfiger Kerl, der sich die letzten Monate vor seinem Tod immer zuerst gesehen hat. Wie oft habt ihr gestritten, wegen deiner Schreiberei? Wie oft hast du zuletzt deine Abende alleine mit einem Buch oder vor dem Computer verbracht, während er in irgendwelchen Clubs war? Wäre dieser Unfall nicht gewesen, es gäbe euch schon längst nicht mehr, weil eure Beziehung am Ende war, Logan.“
    Das stimmte nicht. Ja, gut, Gabriel und ich hatten zuletzt Probleme gehabt, aber die gab es in jeder Beziehung, na und? „Das ist nicht wahr!“
    Janosch lächelte traurig. „Doch, Logan, das ist es. Und du weißt das auch. Du willst es nur nicht wahrhaben. Wolltest du damals schon nicht, was ich gut verstehen kann. Ihr wart über zehn Jahre zusammen. So eine lange Beziehung aufzugeben, ist nicht einfach.“
    Ich schüttelte den Kopf. „Hör' auf, so zu reden.“
    „Ich habe die Annonce gesehen“, sagte Janosch auf einmal leise, kam um mein Bett herum und hockte sich vor mich hin, während ich ihn fassungslos anstarrte.
    Ich wusste, was er meinte, aber das konnte gar nicht sein. Er konnte nichts davon wissen. Niemand hatte diese Annonce je zu Gesicht bekommen und ich hatte auch keinem davon erzählt. Es war nur eine dumme Idee gewesen und...
    „Bei den Papieren, um die Bax und ich uns nach Gabes Tod gekümmert haben, war ein Entwurf für einen Hausverkauf. Du wolltest ausziehen, oder?“
    Nein, nein, nein. Ich hatte den Zettel verbrannt, da war ich mir sicher. Er war sowieso nur aus reiner Wut entstanden, weil Gabriel wegen diesem blöden Konzert so wütend gewesen war und ich an dem Tag aus purem Trotz angefangen hatte, nach Häusern zu suchen. Ich hätte das nicht durchgezogen. Nie.
    „Du hättest es nie getan, wäre er nicht gestorben, Logan. Du hast ihn so sehr geliebt, dass du fast alles getan hast, um es ihm recht zu machen. Nur gegen deine Bücher ist er niemals angekommen. Und das hat Gabe dir übelgenommen.“
    Oh mein Gott. Janosch wusste es? Scheiße.
    „Ja“, gab ich leise zu und wich seinem Blick aus, um auf die Bettdecke zu sehen. „Er wollte eine Entscheidung. Er und das Konzert oder die Bücher.“ Meine Finger verkrampften sich um die Bettdecke. „Ich habe mich für meine Bücher entschieden.“
     
     

 
     
    3     
     
     
    Janosch setzte sich zu mir aufs Bett und nachdem er mich eine Weile nachdenklich angesehen hatte, seufzte er und legte sich wieder neben mich. Irgendwann nahm er meine Hand, schob meinen Pullover ein Stück nach oben und strich mit der Fingerspitze über die Narbe, die mir von meinem missglückten Selbstmordversuch geblieben war.
    „Ich wusste, dass ihr Probleme hattet, aber ich hätte nicht erwartet, dass er so weit gehen würde.“
    Ich auch nicht. Ich war sprichwörtlich aus allen Wolken gefallen, als Gabriel mir das Ultimatum gestellt hatte und ja, Janosch hatte Recht. Als Gabriel gestorben war, hatte ich die Erinnerung an unseren Streit weit von mir weggeschoben. Ich wollte es einfach nicht wahrhaben. Ich war ein Meister in der Verdrängung geworden, weil ich die schlichte Wahrheit, dass Gabriel mich nicht mehr genug geliebt hatte, um mich so zu nehmen, wie ich war, nicht akzeptieren
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