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Winterzauber

Winterzauber

Titel: Winterzauber
Autoren: Mathilda Grace
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und wäre ich vor einer Woche nicht so perplex gewesen, hätte ich dir vermutlich auch eine verpasst.“
    „Weiß ich.“ Wynn lachte leise. „Aber das Risiko war es mir in dem Moment wert. Mir fiel einfach nichts Besseres ein und bei Simon hat es funktioniert.“
    „Wie?“, fragte ich, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass Wynns Freund das so locker weggesteckt hatte.
    „Simon kam zwei Tage später zu mir. Wir haben sehr lange miteinander geredet und ich habe mich entschuldigt, dass ich ihn dermaßen überrumpelt habe. Im Gegenzug hat er sich für den Faustschlag entschuldigt.“
    „Das erklärt immer noch nicht, was...“
    Wynn schüttelte den Kopf und ich verstummte. „Simon ist im folgenden Sommer das erste Mal seit Jahren mit einem T-Shirt aus dem Haus gegangen.“
    Jetzt verstand ich, was er mit seinem Kuss bezweckt hatte. Darauf wäre ich von selbst allerdings nie gekommen. „Du hast gehofft, es würde mir helfen.“
    „Ja“, gab Wynn zu. „Ich dachte, wenn es bei Simon geklappt hat, dann vielleicht auch bei dir. Ich weiß, ich hätte das nicht tun dürfen, immerhin kennen wir uns gar nicht und...“
    „Wynn, ich schäme mich nicht für diese beiden Narben“, unterbrach ich ihn, weil ich nicht wollte, dass er sich weiter lang und breit erklärte oder entschuldigte. Ja, dieser Kuss war sehr merkwürdig gewesen, doch ich war deshalb nicht wütend auf ihn. Zumindest nicht mehr.
    „Aber für die anderen, die niemand sehen darf“, konterte er und ich zuckte zusammen.
    Verdammt, an die hatte ich überhaupt nicht mehr gedacht. Doch das Schlimmste daran war, in diesem Fall hatte Wynn leider Recht und das gefiel mir nicht. Aber lügen kam für mich nicht in Frage. Nicht hier, nicht jetzt. Nicht vor ihm. Es war schlimm genug, dass ich Janosch und Baxter deshalb anlog.
    „Ja.“
    Wynn nickte nur und legte eine Hand auf meinen Arm, in Höhe der Narbe. Ich war mir nicht sicher, ob er damit etwas bezweckte, weil sein Blick in die Ferne ging, aber ich hatte auf einmal das Bedürfnis, ihm etwas zu erklären.
    „Ich schneide mich nicht mehr.“
    Wynn sah wieder zu mir. Abwartend. Schweigend.
    „Seit einem Jahr nicht. Manchmal, wenn ich einen miesen Tag hatte oder mich allgemein schlecht fühle, ist der Wunsch noch da, aber ich habe bisher widerstanden.“
    Ich sagte bewusst 'bisher', weil ich nie sicher sein würde, ob ich den inneren Kampf mit mir selbst nicht eines Tages doch wieder verlieren würde. Und Wynn wusste das, sein Blick war eindeutig. Ich musste es ihm nicht erklären und um ehrlich zu sein, war ich froh darüber.
    „Ich weiß, es geht mich eigentlich nichts an, aber wirst du Janosch und Baxter davon erzählen?“, fragte Wynn nach eine Weile, die wir einfach beieinander gestanden und geschwiegen hatten.
    „Keine Ahnung. Vielleicht“, blieb ich ehrlich, denn er hatte nicht weniger verdient und ich wusste es wirklich nicht. Eines Tages vielleicht, mal sehen. Aber garantiert nicht heute. „Was machen wir jetzt?“, fragte ich, weil mir das langsam etwas zu viel wurde. Es war Zeit für einen Themenwechsel. „Ich meine, mit uns.“
    Wynn lächelte. „Nun, normalerweise verabredet man sich für ein Treffen, wenn man sich sympathisch ist.“
    „Ein Date?“, hakte ich nach und Wynn nickte. Oh, ein Date also? „Äh, und danach?“
    „Macht man ein zweites Date klar, das mit einem höflichen Abschiedskuss vor der Haustür endet.“
    Abschiedskuss? Ich musste mir ein Lachen verkneifen und hatte einige Mühe damit. „Und danach?“
    Wynn fing an zu grinsen. „Gibt es ein drittes, viertes und fünftes Treffen und ehe du dich versiehst, stehen wir beide vor unseren Kleiderschränken und überlegen, in welches Fach der andere seine Sachen räumen kann.“
    Ich lachte los.
     
     
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