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Winterzauber

Winterzauber

Titel: Winterzauber
Autoren: Mathilda Grace
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konnte.
    „Wieso hast du denn nichts gesagt?“
    „Hätte das etwas geändert?“
    Janosch murmelte etwas Unverständliches in seinen nicht vorhandenen Bart, was Antwort genug war. „Es tut mir leid“, erklärte er danach, worauf ich ihn verdutzt ansah.
    „Was?“
    Er grinste schief. „Na ja, dass es bei dir und Gabriel nicht funktioniert hat. Ich meine, du musst Bax und mich jeden Tag ertragen, wenn wir uns küssen und...“
    „Wow, wow, wow“, unterbrach ich ihn abwehrend und legte ihm eine Hand auf den Mund. „Es stört mich nicht, okay? Ja, natürlich stelle ich mir manchmal vor, wie es wäre, wenn...“ Ich  sah auf die Narbe, auf der immer noch sein Finger lag. „Ich bin noch nicht soweit. Vielleicht werde ich es nie mehr sein, keine Ahnung.“
    „Lass Gabe endlich los, Logan, und hör' auf, dich zu fragen, was passiert wäre, hättest du dich an dem Abend für ihn und gegen deine Bücher entschieden. Es ändert nichts. Er ist tot.“
    Wenn es doch nur so leicht wäre, wie Janoschs Worte mir vorgaukelten, aber das war es nicht. „Ich weiß nicht wie, Jano. Ich weiß einfach nicht, wie ich aufhören soll, an ihn zu denken und mich für seinen Tod schuldig zu fühlen.“
    Dazu fiel ihm keine passende Erwiderung ein und Janosch ärgerte sich darüber. Seine zusammengepressten Lippen und der finstere Blick Richtung Zimmerdecke sprachen Bände. Ich schwieg und ließ ihn grübeln. Das hatten wir früher ziemlich oft getan. Miteinander geschwiegen. Eigentlich erstaunlich, da zwischen Janosch und mir ein Altersunterschied von acht Jahren lag. Anfangs hatte mich das mächtig gestört, trotzdem war ich immer Janoschs Held und der große Bruder gewesen, der auf ihn aufpasste. Seit Gabriels Tod war es andersherum und vielleicht war es an der Zeit, dass ich wieder damit anfing, der Ältere von uns zu sein und mich auch so zu benehmen.
    „Ich wollte dich schlagen“, sagte Janosch plötzlich und riss mich aus meinen Gedanken. „Ich wollte dir links und rechts in die Fresse hauen und zwar solange, bist du kapiert hättest, was du uns damit angetan hast. Was es für ein Gefühl war, dich mit aufgeschnittenen Pulsadern in der Küche zu finden, in deiner Blutlache auszurutschen und die Minuten zu zählen, bis der Notarzt endlich da war.“
    Oh Gott. „Jano...“
    „Halt die Klappe, ich bin noch nicht fertig“, unterbrach er mich ruppig und tippte dabei auf meine Narbe. „Bax hat mich davon abgehalten, dir eine reinzuhauen, obwohl ich ab und zu immer noch denke, dass du es verdient hättest. Wir haben nie darüber gesprochen, Logan, aber ich hoffe, die beiden Schnitte an deinen Armen haben verdammt wehgetan.“
    Ja, das hatten sie, und ich würde Janosch niemals erzählen, dass ich in den paar Minuten, die ich dafür brauchte, mir die Arme aufzuschneiden, das erste Mal seit Gabriels Tod wieder etwas gefühlt hatte. Dass ich noch Monate später, nach meiner Therapie und unserem Umzug, zu Messern und Rasierklingen gegriffen hatte, um überhaupt etwas zu fühlen. Allerdings war ich nach meinem Selbstmordversuch klug genug gewesen, nie mehr so offensichtlich und so tief zu schneiden.
    „Es tut mir leid“, sagte ich leise und beschämt.
    Damals hatte ich überhaupt nicht darüber nachgedacht, in welche Lage ich Janosch und Baxter bringen würde. Es war mir schlichtweg egal gewesen, wer mich fand oder wie. Ich konnte mein Leben zu dem Zeitpunkt einfach nicht mehr ertragen. Es war wie eine Art Befreiung gewesen, dem Ganzen ein Ende zu machen, auch wenn mein Therapeut im Krankenhaus gemeint hatte, der Selbstmordversuch wäre ein Hilferuf gewesen.
    Nein, das war er nicht. Wäre er es gewesen, hätte ich vorher nicht im Internet nachgelesen, wie man es richtig machte. Ich hatte nur meinen kleinen Bruder unterschätzt, denn Janosch und Baxter waren nach Gabriels Beerdigung zu mir gefahren, statt nach Hause, wie sie es geplant gehabt hatten. Ich war der Meinung gewesen, einen Abend und eine Nacht Zeit zu haben, mich umzubringen. Tja, falsch gedacht.
    „Das weiß ich und ich glaube dir auch. Es ändert allerdings nichts daran, dass ich dieses Bild nie mehr aus meinem Kopf bekommen werde, Logan.“
    Was sollte ich darauf bloß antworten? Ich wusste es nicht, deshalb hielt ich den Mund.
    „Ich wünschte, Mum wäre noch da. Sie konnte uns immer trösten“, murmelte Janosch schließlich und seufzte tief, um im nächsten Moment leise zu lachen. „Weißt du noch... Dads und dein dämlicher Versuch, Flugzeug zu spielen, bei
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