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Winterreise

Winterreise

Titel: Winterreise
Autoren: Gerhard Roth
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mittelgroße, gedrungene Burschen, die ein wenig schneller gingen, als er begonnen hatte, ihnen nachzulaufen. Plötzlich blieben sie stehen und warteten mit ernsten Gesichtern auf ihn. Einer rief dem anderen etwas zu und sofort fielen beide über ihn her. Er spürte keinen Schmerz, sondern nur die Schläge, die ihn trafen. Es waren nicht viele, vielleicht vier oder fünf, einer im Gesicht und die anderen im Bauch und auf den Rippen. Sein Kopf schmerzte, und alles lag in einem seltsam grauen Licht da. Die Matrosen liefen davon, er sah, wie ihre Kragen auf dem Rücken flatterten, wie kleine Fahnen, dann kam Anna, Tränen in den Augen. Von der gegenüberliegenden Straßenseite liefen Männer zu ihm herüber und fragten ihn, aber Nagl verstand sie nicht. Sie führten ihn in eine Gasse, wo man ihm eine Schüssel mit kaltem Wasser und ein Tuch brachte. Die Nase hatte zu bluten aufgehört, aber sie war geschwollen. Sein Körper begann zu schmerzen, aber dieser Schmerz kam ihm wie ein Schutz vor. Es machte ihm nichts aus, daß seine Nase geschwollen war. Sie war jetzt eine Drohung. Er spürte, wie die Menschen vor ihm zurückwichen, als er sich schweigend das Gesicht wusch. Aber er spürte auch ihr Mitleid. Man führte ihn vor ein Geschäft, dessen Rolläden geschlossen waren, und bot ihm einen Stuhl an. Als er sich setzte, bemerkte er, daß vor dem nächsten Haus eine Schneiderpuppe aus Holz stand. Er war benommen, aber er fühlte sich stark. Anna lehnte sich an ihn. Sie redete mit ihm, aber Nagl hörte nicht zu. Er dachte an den Gendarm mit der blutenden Hand. Der Schmerz konnte tatsächlich eine Befreiung sein. Natürlich war das nur für kurze Zeit, für den ersten Moment, aber er entfernte ihn von den Menschen. Er machte stark. Jetzt spürte er, was der Gendarm gewollt hatte. Es war eine Form von Erlösung gewesen, eine Methode, sich ins Recht zu setzen. Er hatte das Gefühl, daß er nichts zu verlieren hatte. Die Angst war immer nur die Angst vor etwas Unbekanntem, vor dem ersten Schmerz. Die Vorstellung vom ersten Schmerz, der zu einer ungeahnten Größe wird, machte das Herz klein und feige. Er wollte keine Angst vor dem ersten Schmerz mehr haben, sondern bereit sein, ihn hinzunehmen. Das war das ganze Geheimnis der Stärke. Er dachte an das Pferd. Es hatte sich an die Stockhiebe gewöhnt, weil es sich hatte gewöhnen müssen. Weil es normal ist, daß ein Pferd nicht zurückbeißt.
     
    Er saß da, dachte und sah den Menschen zu: Ein Gemüsehändler ging vorbei mit einer Waagschale an einer Kette, die er an der Hintertasche seiner Hose befestigt hatte, vor dem geöffneten Fenster einer Zeitungshütte stand ein kleiner Mann mit Brille, Hut und Mantel und spielte mit dem Verkäufer Karten, ein Mann entlauste einen jungen Hund, der vor ihm auf dem Rücken lag. Anna drückte einem Kind einen 100-Lire-Schein in die Hand, aber ein Windstoß ließ ihn davon flattern, und das Kind lief ihm nach.
11
    Ziellos gingen sie auf den Lärm der Stadt zu, fanden eine Trattoria mit weißen Tischtüchern und aufgestellten Servietten und ließen sich von einem glatzköpfigen Kellner Fische, Krebse und Wein servieren. Im Hotel saß der Portier mit der Brille, an der ein Bügel fehlte, hinter seinem Pult und löste Kreuzworträtsel. Nagls Nase schmerzte, und er war betäubt vom Wein. Sie küßten sich im Hotelzimmer. Nagl schob ihre Strumpfhose hinunter und legte sie über die Bettkante. Er hockte sich vor Anna hin und begann sie zu lecken. Während er sie leckte, hatte er ihren Kitzler vor den Augen. Er war groß und hell, und Nagl nahm ihn in den Mund. Er leckte, bis sie aufstöhnte und ihre gespreizten Beine in die Luft streckte. Unter seinem Mund war der schmutzige, blaue Bettüberwurf, es ekelte ihn jedoch nicht mehr davor, er dachte an die Weltkugel und daß er kein Mensch mehr war. Anna hatte sich zur Seite gedreht, ihm die Hose ausgezogen und flüsterte, daß sie ihn liebe. Nagl sagte nichts. Er setzte sich auf sie und steckte seinen Schwanz zwischen ihre kleinen Brüste. Es sah gewalttätig aus, wie er in den Mund fuhr, er steckte ihn ganz hinein, daß sie den Mund weit aufreißen mußte und es sie würgte und sie Luft durch die Nase schnaufte. Ihre Hände drückten ihre Brüste zusammen und Nagl spürte, daß es ihm kam. Sie sahen zu, wie er auf ihre Zunge spritzte, bis Nagl sich zur Seite fallen ließ und erschöpft einschlief. Zum ersten Mal seit langem träumte er. Es war ein wirrer Traum, der sich aus den Bildern
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