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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond
Autoren: Dean R. Koontz
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sterben«, sagte Harlan kalt. Er hatte seine natürliche Überschwenglichkeit verloren. Er war nicht mehr Richard Dreyfuss, der begeistert eine unheimliche Begegnung der dritten Art herbeisehnte. Die bedrohlichsten Phantasien über böse Außerirdische, die die billigen Revolverblättchen und Science-Fiction-Filme anzubieten hatten, erwiesen sich angesichts dieses grotesken Geschöpfs, das im Gebäude des Hausmeisters stand, nicht nur als töricht, sondern auch als naiv, denn ihre Darstellungen außerirdischer Bosheit waren ein schäbiger Geisterbahn-Spuk im Vergleich zu den endlos einfallsreichen Abscheulichkeiten und Foltern, die ein dunkles, kaltes Universum in petto hatte. »Es muß sofort sterben.«
    Toby trat von Tommy Fernandez' Leiche zurück in die Schatten. Heather richtete den Strahl ihrer Taschenlampe auf ihn.
    »Schatz?«
    »Keine Zeit«, sagte er.
    »Wohin gehst du?«
    Sie folgten ihm in den hinteren Teil des lichtlosen Hauses, durch die Küche in das, was früher vielleicht mal ein kleines Bügelzimmer gewesen, nun aber nur noch ein Gewölbe aus Staub und Spinnweben war. In einer Ecke lag der vertrocknete Kadaver einer Ratte, den dünnen Schwanz zu einem Fragezeichen gekräuselt. Toby zeigte auf eine fleckige gelbe Tür, die zweifellos einmal weiß gewesen war. An den Keller«, sagte er. »Es ist im Keller.«
    Bevor sie zu dem hinabstiegen, was auch immer sie dort unten erwarten mochte, brachten sie Falstaff in die Küche und zogen die Tür zum Bügelzimmer zu, damit er ihnen nicht folgen konnte. Dem Hund gefiel das nicht. Als Jack die gelbe Tür öffnete und in eine undurchdringliche Dunkelheit sah, erfüllte das hektische Scharren der Krallen des Hundes das Zimmer hinter ihnen. Toby folgte seinem Dad die durchgebogene Kellertreppe hinab und konzentrierte sich intensiv auf dieses kleine grüne Boot in seinem Verstand, das wirklich gut gebaut war, überhaupt keine Lecks, unsinkbar. Auf seinem Deck stapelten sich hoch die Säcke mit dem silbernen Beruhigungsstaub; es war genug davon da, um die Oberfläche des wütenden Meeres tausend Jahre lang glatt und ruhig zu halten, ganz gleich, was das Meer wollte, ganz gleich, wie sehr es in seinen tiefsten Schluchten zürnte und tobte. Er segelte auf dem wellenlosen Ozean immer weiter und verstreute sein Zauberpulver, und über ihm Ling die Sonne im Himmel, und alles war so, wie er es haben wollte, warm und sicher. Das uralte Meer zeigte ihm auf der glänzendschwarzen Oberfläche Bilder von ihm selbst, Bilder, die ihn erschrecken sollten, damit er vergaß, den Staub zu verstreuen - seine Mutter wurde bei lebendigem Leib von Ratten gefressen, der Kopf seines Vaters war in der Mitte gespalten, und es wimmelte darin vor Küchenschaben, sein eigener Körper wurde von den Tentakeln eines Gebers durchbohrt, der auf seinem Rücken ritt, aber Toby wandte den Blick schnell von diesen Zerrbildern ab, sah statt dessen zum blauen Himmel hoch und ließ nicht zu, daß die Furcht einen Feigling aus ihm machte.
    Der Keller bestand aus einem großen Raum, in dem sich ein kaputter Heizkessel, ein verrosteter Wassererhitzer - und der echte Geber befanden, von dem die anderen, kleineren Geber sich abgesondert hatten. Er füllte die Hälfte des Raumes aus, bis zur Decke, war größer als zwei Elefanten. Er machte Toby angst. Das war schon in Ordnung. Aber lauf nicht davon. Nicht davonlaufen. Er sah fast genauso aus wie die kleineren Versionen, überall Tentakel, aber er hatte hundert oder mehr spitze Mäuler, keine Lippen, nur Schlitze, und alle bewegten sich, obwohl der Geber zur Zeit ruhiggestellt war. Toby wußte, was er ihm mit diesen Mäulern sagen wollte. Der Geber wollte ihn. Er wollte ihn aufreißen, seine Eingeweide herausholen und sich in ihn zwängen. Toby fing an zu zittern; er versuchte, es zu unterdrücken, konnte es aber nicht. Ein kleines grünes Boot. Jede Menge Beruhigungsstaub. Dümple dahin und streue ihn aus, dümple dahin und streue ihn aus. Als die Strahlen der Taschenlampen über ihn hinwegglitten, sah er Schlünde von der Farbe rohen Fleisches hinter diesen Mäulern. Büschel roter Drüsen sonderten eine klare, sirupartige Flüssigkeit ab. Hier und da hatte das Ding Stacheln, die so scharf waren wie die auf einem Kaktus. Es gab bei ihm kein oben oder unten, kein vorn oder hinten, es hatte auch keinen Kopf; nur alles auf einmal, alles überall, alles durcheinander. Und überall auf dem Ding wollten die Mäuler ihm sagen, wie gern es Tentakel in Tobys Ohren
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