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Winter in Maine

Winter in Maine

Titel: Winter in Maine
Autoren: Gerard Donovan
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hervor und ging auf ihn zu, die Enfield gesenkt und den Finger vom Abzug genommen, denn dieser Mann würde so schnell nicht mehr schießen.
    Er sah mich kommen und schüttelte immer wieder den Kopf, als verneinte er eine Frage, die ich ihm gar nicht gestellt hatte. Ich ließ den Blick durch den Wald schweifen, zog eine Zeichnung hervor, die ich von Hobbes angefertigt hatte, und beugte mich zu ihm hinunter.
    Hast du diesen Hund erschossen?, fragte ich. Er schüttelte weiter den Kopf.
    Hast du diesen Hund erschossen?
    Und dann sagte ich Wörter, die ich zuletzt vor dreißig Jahren ausgesprochen hatte, als ich sie neben meinem Vater lernte. Du bist blutdurehsiebt, sagte ich. Du bist bestoben.
    Ich sah, dass er tatsächlich groß und schwergewichtig war, ein Muskelpaket von hundertzehn Kilo, mit riesigen Pranken. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich ihn zu der zweihundert Meter entfernten Mulde im Wald geschleift hatte, wo ich ihn hinab stieß und mit dem Stiefel vor mir herwälzte, bis er ganz unten angelangt war. Dann legte ich das Gewehr auf die Leiche, kehrte zum Pick-up zurück und fuhr ihn zwischen den Bäumen hindurch. Der Wagen glitt mühelos durch die Schösslinge, und als ich ihn in das Gehölz lenkte, das ich ausgesucht hatte, sprang ich hinaus. Der Pick-up rollte ins dichte Unterholz und einen Abhang hinunter, und ich trabte hinterher, bis er gegen einen Baum stieß, schaltete die Zündung aus und deckte den Wagen so gut wie möglich mit Zweigen und Blättern ab. Als ich zu der Leiche zurückkehren wollte, fiel mir ein, dass auf dem Sitz eine Zeitschrift gelegen hatte, und ich kehrte noch einmal um: Es war ein Heft namens Jagd, auf dessen Titelbild ein riesiger Wapiti prangte.
    Dann ging ich zu dem Mann. Ich wollte, dass er weiter unten hinter dem Felsen lag, also zwängte ich ihn in den schmalen trockenen Wasserlauf, der gerade breit genug war, na ja, ein bisschen zu eng war es schon, aber mein Stiefel kümmerte sich darum.
    Du bist ganz schön schwer, sagte ich seufzend und wischte mir den Schweiß ab, der trotz der Kälte meine Stirn hinab rann. Dieses Gezerre und Geschiebe war ermüdend. Wenn er mich mit dieser Faust aus nächster Nähe getroffen hätte, hätte er wohl kurzen Prozess mit mir gemacht, mich einfach k. o. geschlagen. Ich konnte von Glück sagen, dass der Schuss ihn niedergestreckt hatte und er nicht mehr aufstehen konnte.
    Ich glaube, er hat kurz vor seinem Tod noch etwas gesagt. Was?, fragte er, glaube ich, stirnrunzelnd, vielleicht vor Schmerz oder wegen der Wörter, die ich benutzt hatte. Es gab nun mal kein elisabethanisches Land und kein Land für elisa bethanische Wörter. Ich nahm die Zeichnung wieder an mich, denn sein Kopf war zur Seite gesunken und liegen geblieben. Inzwischen war klar, dass ich in dieser Angelegenheit von ihm nichts erfahren würde.
    Tut mir leid, sagte ich zum Wasserlauf gewandt.
    Mit der Zeitschrift in der Innentasche des Mantels kehrte ich zur Hütte zurück. Die Sonne beschien meine andere Kör perseite, und als ich aus dem Flachmann einen Schluck Tee trinken wollte, konnte ich nur noch ein paar warme Tropfen in meinen Mund schütteln.
    In der Hütte blieb ich dort stehen, wo Hobbes immer ge schlafen und mich mit flammenden Augen betrachtet hatte. Seine Haare hafteten noch an dem Kissen. Mein Freund fehlte mir.
    11
    Alte Gewehre muss man reinigen, damit sie funktionieren, und am besten geht das, wenn das Pulver im Lauf noch frisch ist und bevor die Splitter des Geschossmantels im Patronen lager verkrusten. Ein verschmutzter Lauf kann die Kugel um mehrere Zentimeter ablenken, und wenn man besonders fahrlässig ist, kann der Schuss auch nach hinten losgehen.
    Man reinigt das Gewehr direkt nach der Benutzung.
    Ich legte es auf die Werkbank in der Scheune und schob den Stab mit der Bürste in den Lauf, um das Pulver aus den Rillen zu entfernen, die der Kugel im Flug den Drall geben, der für Treffgenauigkeit sorgt. Dann befestigte ich einen in Lösungsmittel getauchten Stofffetzen an dem Stab, mit dem ich den Pulverschleim im Lauf beseitigte, und danach schob ich ein trockenes Läppchen hindurch. Das ist alles, so einfach ist das.
    Nun musste ich nur noch mit Wasser verdünntes Kupfer lösungsmittel ins Patronenlager gießen und mit einem Tuch die Kugelsplitter herauswischen. Ich wischte, bis der Verschluss glänzte, nahm das Gewehr mit in die Hütte und hielt es verkehrt herum über den Ofen, damit die Feuchtigkeit verdampfte, dann hielt ich den Lauf ins Licht,
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