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Windbruch

Windbruch

Titel: Windbruch
Autoren: Elke Bergsma
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Verbrechers“ nicht schon viel früher erkannt
zu haben. Aus gewöhnlich gut informierten Kreisen erfuhr unsere Redaktion, dass
Hünemann am gestrigen Abend bei der Überführung und Verhaftung von Rhein
persönlich anwesend gewesen sein soll. Bevor er die Politik zu seinem
Haupttätigkeitsbereich machte, war er selber Polizist gewesen.
    Noch immer wird nach dem
Unglück auf der Plattform ein 52jähriger Mann, der hier als Installateur
gearbeitet hatte, vermisst. Es ist davon auszugehen, dass er sein Grab in der
offenen See gefunden hat. Während der Weihnachtsgottesdienste wird den Opfern
der Verbrechen in allen Kirchen Ostfrieslands mit einer Schweigeminute gedacht
werden.

82
    Trotz des Erfolgs, den sie tags
zuvor errungen hatten, war die Stimmung in Tomkes Wohnzimmer, das inzwischen
von allen Spuren des Brandes gereinigt war und einen neuen, massiven Esstisch
sein Eigen nannte, gedrückt. Wäre nicht das fröhliche Lachen der Kinder, die im
Garten den Bau eines Schneemannes in Angriff genommen hatten, durch die
Terrassentür hereingedrungen, hätte man außer dem Pfeifen des Windes keinen
Laut gehört. Tatsächlich aber saßen eine ganze Menge Leute bei Kerzenschein und
einer Tasse Tee um den großen Esstisch herum und ließen, ein jeder für sich,
die Ereignisse der letzten Monate noch einmal Revue passieren. Jetzt, da alles
vorbei war und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden konnten,
verspürten alle eine erdrückende Leere, und sie stellten sich die Frage nach
dem Warum. Es war nicht einfach zu begreifen, dass siebzehn Menschen, die sie
über mehrere Jahre oder auch länger durch ihr Leben begleitet hatten, nie
wieder zu ihnen zurückkehren würden. Am härtesten hatte es sicherlich die
Familien getroffen, in denen es kleine Kinder gab und die nun für immer auf
einen Elternteil würden verzichten müssen. Und wie sollte man gerade den
Kindern erklären, was dieses Für immer tatsächlich bedeutete, wenn es
doch schon für die Erwachsenen nur so schwer greifbar war?
    „Es wird nicht ganz leicht sein,
wieder  in den Alltag zurückzukehren“, durchbrach Tomke plötzlich die Stille.
    „Es geht, ihr werdet sehen“,
sagte Sonja leise und sah von einem zum anderen. „Es ist nicht einfach, aber es
geht. Ich bin jetzt vor allem erstmal dankbar, dass ich endlich weiß, warum und
durch wessen Hand Hauke sterben musste. Und dass er ein ehrlicher und
aufrechter Mensch war, der alles darangesetzt hat, die Verbrechen, die sich
rund um seine Windladys rankten, zu verhindern.“
    „Ja, hätte irgendjemand früher
auf ihn gehört, dann wären all die schrecklichen Dinge womöglich nie passiert“,
nickte Maarten und rieb sich seinen verletzten Arm, der dick einbandagiert in
einer Schlinge hing.
    „Auf jeden Fall können wir
dennoch dankbar sein, dass an Maarten offenbar ein Detektiv verloren gegangen
ist. Ein furchtbar penetranter Detektiv, wenn ich das so sagen darf. Ohne ihn
und seine Spürnase mit dem richtigen Riecher für Verbrechen wären wir
wahrscheinlich noch nicht viel weiter“, warf Franziska ein, und erstmals in
dieser Runde war wieder ein Lächeln zu sehen. „Ich kann nicht sagen, dass ich
von seiner scheinbar bekloppten Idee, New York zu verlassen und in Ostfriesland
auf Verbrecherjagd zu gehen, besonders begeistert war. Aber es schien mir eine
ganz nette Abwechslung zu sein, zuzusehen, wie mein Chef vermutlich erstmals in
seinem Leben mit einer Theorie so richtig auf die Schnauze fallen würde.“
    „Na, das war dann ja wohl wieder
nichts. Wie ihr seht, steht er heute sogar noch aufrechter als zuvor“, flachste
Swaantje, und mit diesem Satz verbesserte sich die Atmosphäre im Raum plötzlich
spürbar.
    „Na, zumindest wenn man von seinem
auf halb acht hängenden Arm mal absieht“, bemerkte Tomke mit einem spöttischen
Blick.
    „O. k., also nur ein Supermann
mit Abstrichen“, grinste Franziska.
    „Können wir jetzt bitte mal über
etwas anderes reden“, wandte Maarten verlegen ein, „ich war ja nun wirklich
nicht der einzige, der hier vermeintlich eine Heldenrolle eingenommen hat. Was
ist denn zum Beispiel mit Esther, die gestern einen so fulminanten Auftritt
hingelegt hat, dass ich zwischendurch Zweifel bekam, ob sie ihre Rolle
tatsächlich nur spielte. Aber“, fügte er mit einer beschwichtigenden Geste
hinzu, als er die empörten Blicke sah, „natürlich habe ich nie wirklich
geglaubt, dass sie sich im wahren Leben auch nur ansatzweise mit dem von ihr so
brillant
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